Jobcenter müssen die Kosten der Schülerbeförderung für in Hartz IV Bedarfsgemeinschaft lebende Schüler übernehmen. Eine Verweigerung ist auch dann nicht möglich, wenn die besuchte Schule weiter vom Wohnort entfernt ist als andere Bildungseinrichtungen, die mit einem ähnlichen Abschluss enden. Eine entsprechende Entscheidung hat das Sozialgericht Kassel gefällt (Az.: S 10 AS 958/11).
Im vorliegenden Fall handelte es sich um einen heute 21-jährigen Schüler, der mit seinen Eltern und Geschwistern in Bedarfsgemeinschaft lebte. Anstatt das allgemeines Gymnasium in unmittelbarer Nähe seines Elternhauses aufzusuchen, entschied er sich für eine weiter entfernte gymnasiale Oberstufe eines Wirtschaftsgymnasiums.
In diesem Zusammenhang beantragte er beim zuständigen Jobcenter die Übernahme der Fahrtkosten für öffentliche Verkehrsmittel – diese summieren sich aus den jeweiligen Monatstickets für den Zeitraum März 2011 bis Mai 2012 auf insgesamt 446,50 Euro.
Das Jobcenter lehnte die Kostenübernahme mit Verweis auf das näher gelegene allgemeine Gymnasium ab. Dem Verfahren lag also die Frage zugrunde, ob der Leistungsträger die Kostenübernahme verweigern kann, weil sich der betroffene Schüler gegen ein allgemeines Gymnasium und stattdessen für das Fachgymnasium Wirtschaft entschieden hat.
Schüler können Bildungsweg frei wählen
Das Problem: Hätte sich der Schüler für das Gymnasium in unmittelbarer Nähe zum Wohnort entschieden, wäre der Weg 600 m lang gewesen. So musste er täglich acht Kilometer Schulweg zum Wirtschaftsgymnasium in Kauf nehmen.
Das Gericht hielt die Ablehnungsgründe für unwirksam. Die 10. Kammer des SG Kassel hob hervor, dass der Schüler sich für seinen Bildungsweg frei entscheiden könne. Und bei einem beruflichen Gymnasium handele es sich um einen selbständigen Bildungsweg, auch wenn als Abschluss das Abitur winke. In der Urteilsbegründung verwies das Gericht unter anderem auf die Tatsache, dass in § 28 Abs. 4 SGB II (Bedarfe für Bildung und Teilhabe) der Gesetzgeber eindeutig auf den Bildungsgang für die Übernahme der Schülerbeförderung abzielt.
Die Kostenübernahme mit dem Hinweis auf den Abschluss zu begründen, hält das Gericht nicht für gerechtfertigt. Vielmehr müssen hier die landesschulrechtliche Vorgaben berücksichtigt werden, was für die vorliegenden Einrichtung eindeutig unterschiedliche Bildungsgänge anerkennt.
Das Jobcenter wurde verurteilt, die Fahrtkosten für den genannten Zeitraum in Höhe von 446,50 Euro an den Schüler zu zahlen und ihm zudem 83 Prozent der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.