Bürgergeld Zuschlag für dezentrale Warmwasseraufbereitung
Wird Warmwasser in Bürgergeld Haushalten dezentral aufbereitet, also mittels eines Durchlauferhitzers oder Warmwasserboilers etc., sind diese Kosten hierfür nicht im Regelsatz für Haushaltsstrom enthalten. Stattdessen erhalten Haushalte zur Deckung der Kosten für die dezentrale Warmwassererzeugung auf Antrag einen pauschalen Mehrbedarf, der zusätzlich zur Regelleistung gezahlt wird.
Inhaltsverzeichnis
Höhe des Mehrbedarfs
Die Höhe der Pauschale orientiert sich an der Regelbedarfsstufe sowie den dazugehörigen Prozentsätzen aus § 21 Abs. 7 SGB II (siehe nachfolgende Tabelle). Abhängig sind diese Pauschalen vom Alter des Hilfebedürftigen sowie davon, ob es sich um eine Bedarfsgemeinschaft mit einem Partner handelt. Demnach kann für die Warmwasserkosten eine Mehrbedarf Pauschale in folgender Höhe beantragt werden (ausgehend vom Regelsatz in 2024 beim Bürgergeld – 563 Euro):
für Wen? | Regelbedarf | Prozentsatz | Pauschale |
---|---|---|---|
Volljährige/ Alleinstehende | 563 € | 2,3 % | 12,95 € |
volljährige Partner der Bedarfsgemeinschaft | 506 € | 2,3 % | 11,64 € |
Volljährige unter 25 Jahren | 451 € | 2,3 % | 10,37 € |
Kinder 15 – 18 Jahre | 471 € | 1,4 % | 6,59 € |
Kinder 7 – 14 Jahre | 390 € | 1,2 % | 4,68 € |
Kinder 0 – 6 Jahre | 357 € | 0,8 % | 2,86 € |
Beispiel: Eltern und 2 Kinder (11 und 15 Jahre alt)
Vater: 506 Euro x 2,30% = 11,64 €
Mutter: 506 Euro x 2,30% = 11,64 €
Kind 1: 471 Euro x 1,40% = 6,59 €
Kind 2: 390 Euro x 1,20% = 4,68 €
Insgesamt hat die Familie Anspruch auf einen monatlichen Mehrbedarf für Warmwasser in Höhe von 34,55 Euro pauschal.
Unterdeckung trotz Zuschlag
Die Mehrbedarfszuschläge sind allerdings geringer als die realen Kosten, die für Energie zur Warmwasseraufbereitung aufgewendet werden müssen.
Beispiel: Nehmen wir an, eine Familie verfügt über einen sparsamen Durchlauferhitzer mit 18 kW, der täglich im Schnitt 20 Minuten genutzt wird (5 Minuten je Person). Bei 20 Minuten Volllast und einer Wassertemperatur von 60 Grad oder mehr würde sich der Verbrauch auf 6,0 kWh täglich belaufen. Da der Durchlauferhitzer eben nicht unter Volllast läuft und die Wassertemperatur auf 40 Grad eingestellt wurde, rechnen wir mit einem täglichen Verbrauch von 4,0 kWh, was bei einem Kilowattpreis von ca. 32 Cent in 2024 mit 1,28 Euro täglich zu Buche schlägt. Auf das Jahr hochgerechnet sind es insgesamt 1.460 kWh und ein Gesamtbetrag von 467,20 Euro (monatlich 38,93 Euro).
Bei einem Strompreis von 32 Cent und einem angemessenem Verbrauch für vier Personen von 1.460 kWh steht den durchschnittlichen monatlichen Kosten von 38,93 Euro eine Mehrbedarfs Pauschale von 34,55 Euro gegenüber, was monatlich ein Defizit von 4,38 Euro bzw. 52,56 Euro jährlich bedeutet. Durch die geringe Mehrbedarfs-Pauschale im Verhältnis zu den tatsächlichen Kosten entsteht eine Unterdeckung.
Hintergrund des Warmwasserzuschlags
Strom für die eigene Wohnung müssen Bürgergeld Bedürftige aus dem Regelsatz selbst bezahlen. Warmwasser gehört jedoch zu den Heizkosten, die üblicherweise im Rahmen der Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) vom Jobcenter übernommen werden.
Häufig leben aber Bürgergeld Bedürftige aufgrund der extrem niedrigen Angemessenheitsgrenzen in älteren und nicht modernisierten Bauten, die noch nicht über eine Zentralheizung für die Warmwasserversorgung verfügen, sondern nur über einen Durchlauferhitzer oder Boiler etc. in der Wohnung selbst ausgestattet sind.
Für Gasthermen gibt es übrigens keinen zusätzlichen Mehrbedarf, da die Kosten für die Gasversorgung den Kosten der Unterkunft und Heizung, insbesondere den Heizkosten zuzuordnen sind, die als separater Bedarf gezahlt werden.
Die Stromkosten für den Betrieb der Anlagen zur dezentrale Warmwasseraufbereitung – die den Heizkosten zugeordnet werden – müssen Bürgergeld Bedürftige selbst bezahlen. Um hier einen Ausgleich zu den Kosten der Unterkunft und Heizung zu schaffen, wird auf Antrag ein Mehrbedarf für Warmwasseraufbereitung eingeführt. Wobei hier im Regelfall kein separater Antrag gestellt werden muss sondern die dezentrale Warmwasserversorgung bereits beim Hauptantrag mitgeteilt wird
Wie allerdings bereits oben beschrieben, handelt es sich um pauschalierte Werte, die sich am maßgeblichen Regelsatz orientieren mit der Folge, dass diese Pauschalen die Kosten für den Betrieb von Durchlauferhitzer und Co. nicht zwingend decken.
Voraussetzungen für den Mehrbedarf
Den Mehrbedarf für dezentrale Warmwasseraufbereitung können nur Bürgergeld Leistungsempfänger erhalten, bei denen die Warmwasserkosten nicht bereits mit den Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) abgedeckt sind.
Wichtig: Der Leistungsbezieher muss die Warmwasseraufbereitung selbst mit dem Versorger abrechnen (z.B. Stromanbieter) und nicht über die Nebenkosten an den Vermieter.
Beantragung
Es bedarf eines schriftlichen Antrags, dem auch eine Bescheinigung des Vermieters beigelegt werden muss, die belegt, dass die Warmwasseraufbereitung in der Wohnung dezentral und nicht über die Zentralheizung erfolgt.
Rückwirkende Beantragung möglich
Eine rückwirkende Beantragung ist möglich, allerdings nur für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr (nach § 44 SGB X und § 40 SGB II). Per Überprüfungsantrag kann eine Nachzahlung vom Jobcenter erwirkt werden.
Abweichender Bedarf zum Mehrbedarfsanspruch
Dass die Kosten niedriger als der Mehrbedarfszuschlag sind ist zwar möglich aber auch aufgrund der gestiegenen Energiepreise recht unwahrscheinlich. In der Regel werden die tatsächlichen Kosten der dezentralen Warmwasseraufbereitung höher als die Pauschalen sein, wie auch das obige Berechnungsbeispiel zeigt.
Einzelfallabhängig kann gemäß zweier Urteile des Bundessozialgerichts vom 07.12.2017 (B 14 AS 6/17 R) und vom 12.09.2018 (B 14 AS 45/17 R) der tatsächliche Verbrauch zugrunde gelegt und vom Jobcenter erstattet werden.
Laut Bundesagentur für Arbeit erfordert die Anerkennung eines abweichenden Warmwassermehrbedarfs dabei keine separate Verbrauchserfassung durch technische Einrichtungen – wie z.B. einen Verbrauchszähler. Sie erfordert stattdessen grundsätzlich Ermittlungen und hierauf gestützte Feststellungen.
Grundsicherung im Alter und Hilfe zum Lebensunterhalt
In Fall von Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung wird der Mehrbedarf für dezentrale Warmwassererzeugung nicht nach dem SGB II gewährt. Die Regelungen für Bezieher dieser Leistungen bzw. Hilfe zum Lebensunterhalt finden sich im § 30 Abs. 7 SGB XII. Die Höhe sowie die sonstigen Voraussetzungen sind denen bei Bürgergeld Bezug identisch.
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