Hallo, ersteinmal ein paar Grundfakten zu meiner Jobcenter Laufbahn.
Ich bin seit dem Abbruch einer Ausbildung 2014, Ausbildungssuchend/Arbeitslos.
Ich bin seit meiner Jugend psychisch erkrankt (diagnostiziert & medikamentöse Behandlung)und bin seitdem fast durchgängig sanktioniert.
In "guten Phasen" bin ich zuverlässig und habe eine Prognose für den ersten Arbeitsmarkt.
Das sind die einzigen Phasen, in denen mich Mitarbeiter beim Amt überhaupt zu Gesicht bekommen.
"Wie sie hier sitzen bekommen wir sie locker in Ausbildung"
In "schlechten Phasen" verpasse ich Termine, öffne keine Briefe und ziehe mich vollkommen zurück bis gar nichts mehr geht.
Letztes Jahr hatte ich einen "wachen" SB, der mir einen Termin beim Amtsarzt verschafft hat. Ich konnte eine 100% Sanktion abwenden, in einem Gespräch mit dem Teamleiter, er hat sie einfach zurückgenommen und ich durfte sogar am Auszahlautomaten schon Bargeld mitnehmen. "Hauptsache, Sie erscheinen und teilen uns die "wichtigen Gründe" mit, dann sei das kein Problem und die Sanktion wird zurückgenommen" hieß es dort vom Teamleiter.
(Das wird später relevant)
Dieser (Amtsarzt) hat mich grundsätzlich Leistungsfähig geschrieben, verwies aber auf Rücksicht bei der Eingliederung auf dem Arbeitsmarkt und einige Arbeitsumfeldsbedingungen (Keine engen Räume, konfliktreicher Personenverkehr so in der Art)
Dann kam eine schlechte Phase, in der ich zudem noch 25 wurde und nun mein Jobcenter-Gebäude und alle meine SB's wechseln musste.
Eigentlich gut, so fällt meine Miete wenigstens nicht mehr weg.
(Das war letztes Jahr und anstatt 230€ WG Miete, zahlt das Amt nun 370€ und ich wohne außerhalb der Stadt, weshalb ein job als Pendler nun auch nicht mehr in Frage kommt, da ich schon ewig allein zum Hauptbahnhof brauche.)
Ich war in dieser Zeit einmal beim Arzt und habe eine weitere Diagnose bekommen, gesicherte Diagnosen habe ich somit nun 2.
Eine Angststörung, für die ich nicht das Amt alleine verantwortlich machen kann, aber permanente Existenzangst trägt definitiv einen Teil dazu bei.
In dieser Phase hätte ich eine Maßnahme antreten müssen, habe ich nicht.
->> 100% Sanktion (da ich erneut eine Zeitlang überhaupt nicht reagiert habe)
Das ist meine Schuld, ich weiß das.
Ich möchte auch keinen Erlass aller Sanktionen, aber die 100% überlebe ich nicht 3 Monate.
Ich möchte etwas leisten, habe aber nun mal diese Erkrankungen, die ich lange nicht realisiert habe.
Und diese Krankheiten haben nunmal Symptome, die nicht rational nachzuvollziehen sind (nicht das Haus verlassen können, Panikattacken, Isolation)
Da ich letzten Monat von 125€ und diesen Monat auf 0€ komme, ist jetzt wieder die Zeit in der alle Mittel restlos ausgeschöpft und das Konto überzogen ist und der Leidensdruck groß genug ist um "alles zu regeln".
Das hat eigentlich immer funktioniert und mir ein gewisses Vertrauen in das Jobcenter gegeben.
Heute hatte ich nun einen "normalen" Termin bei meiner neuen Arbeitsvermittlerin.
"Ich bin übrigens nur heute ihre SB, die Systeme, Umstellung, Durcheinander..."
Das höre ich JEDES mal!
Ich merkte gleich, dass das zwischenmenschlich schwieriger sein würde, als ich es zuvor ver/gewöhnt war. Ich habe das aber wirklich nicht gezeigt, war super freundlich und respektvoll.
Wir besprachen mein ärztl. Gutachten und in welche Richtung es nun weiter geht.
Ich wurde ein wenig emotional, darauf hat sie aber wirklich lieb reagiert und mir Taschentücher angeboten.
Gar nicht so schlimm, wie gedacht.
Im Anschluss wollte ich dann meine Sanktion mit einem Teamleiter besprechen.
Also Anstellen, Brief zeigen, blauer Warteraum, Sie werden aufgerufen.
Ich hab explizit nach einer Person mit Entscheidungsgewalt gefragt (Teamleiter o. Leiter des Jobcenters)
Ich warte wirklich erstaunlich kurz und werde schon mit "Ich kann mir nicht vorstellen, was Sie hier wollen?" begrüßt.
"Ich möchte meine Sanktion prüfen lassen und meine wichtigen Gründe vorlegen, die evtl. zu einer Rücknahme der Sanktion führen."
"Und was soll ich da machen?"
"...? Ähm ich wurde hier hin geschickt und dachte Sie wären nun auch Zuständig?"
"Nö."
Ich sollte nun erneut zu meiner Sachbearbeiterin.
Ich setze mich also in den Wartebereich und warte eine gute Stunde.
Ich höre auf dem Flur ein Streitgespräch aus dem Zimmer, plötzlich fliegt die Tür auf ein aufgebrachter junger Mann verlässt fluchend den Raum.
Meine SB guckt mich verdutzt an "Was vergessen?"
Ich erläutere ihr, warum ich nun nochmal da bin.
Und da fährt sie mich regelrecht an, was das denn solle und mit was für einer Erwartungshaltung ich überhaupt erscheine.
Ich habe Sie ausdrücklich auf einen respektvollen Umgang gebeten, das Gespräch beruhigte sich - wurde wieder gespannter und von vorn...
Sie war definitv geladen und machte mich nun für mein "Unvermögen" verantwortlich, wer schickt mich denn von Büro zu Büro? Ich kann nur ausdrücklich nach "Entscheidern" fragen, wohin man mich schickt kann ich nicht wissen.
Ab einem Punkt wurde ich so wütend, dass ich aufgestanden bin mit den Worten" Alles klar, ich seh schon, ab zum Anwalt".
Abrupt befahl Sie mir mich sofort wieder hinzusetzen, plötzlich könne man ja doch mal den Kontakt zu einer Kollegin aufnehmen, Lebensmittelgutscheine anbieten.
Man schickte mich nach draußen um was zu "klären". Das kannte ich schon, hatte ich letztes Jahr doch eine Rücknahme einer Sanktion erwirkt. Magisches Wort "Anwalt", danach wurde mir zwar gesagt, dass mit dem Anwalt drohen nichts bringt, aber bitte, hätte ich das nicht getan, wäre ich an dem Tag ohne einen cent nach Hause gegangen. 100%ig!
Hat niemanden erreicht und so wurde ich mittellos nach Hause geschickt. (In 3 Tagen Termin für Lebensmittelgutscheine). Ich esse schon seit Wochen nicht mehr regelmäßig,Ich habe nicht einmal mehr genug Medikamente für diese Woche. Das ist nicht übertrieben, das sind 7 Wochen mit 125€ in der Tasche.
Ich bin durch, ich kann nicht mehr stark gegenüber dem Jobcenter sein. Ich fange sofort an zu heulen, nicht aus Trauer sondern weil ich so unfassbar machtlos bin und die SBs so tun als würde ich deren persönliches Geld geschenkt haben wollen.
Warum konnte ich nicht mit einem Teamleiter sprechen?
Warum werde ich stundenlang zwischen Leuten (ohne jegliche Befugnisse) hin und her geschickt?
Ich möchte kein Mitleid, ich brauche einen Plan wie ich für meine Existenz kämpfen soll.
Widerspruchsverfahren dauern bis zu 3 Monate.
Ist es sinnvoll einen Anwalt einzuschalten oder macht dann das Jobcenter komplett dicht, soll ich nochmal versuchen Vorgesetzte zu erreichen?
Beschwerde über die Mitarbeiterin werde ich einreichen, ich erhoffe mir nichts aber ich möchte das solche Leute wenigstens mal Feedback bekommen von uns "Kunden".
Ich habe noch nie auf der Straße geweint, aber so wurde ich noch nie behandelt.
Oh oh, ich habe mich etwas in Rage geschrieben, ich hoffe es ist noch übersichtlich genug.
LG