Bewilligungsbescheid aufgehoben

  • Guten Morgen!

    Ich bin alleinerziehende Mutter mit 2 Kids im Alter von 7 und 10 Jahren und habe bisher einen Teilzeitjob zum Mindestlohn gehabt und habe aufgestockt. Ich habe ziemlich deftiges Rheuma und konnte meinen eigentlichen Beruf (Heilerziehungspflegerin) wegen den starken Gelenkschmerzen bei dem hohen beruflichen Pflegeaufwand nicht mehr ausüben. Statt umzuschulen habe ich ein Studium in dem Bereich aufgenommen um im beratenden Bereich statt pflegerischem Bereich tätig werden zu können. Durch das Studium habe ich eine andere Anstellung gefunden, die ich nur in Verbindung mit dem Studium durchführen darf und auch nur für 20 Std. die Woche, dafür verdiene ich im Monat aber 350€ mehr.

    Das Amt hat mir jetzt einen Aufhebungsbescheid deswegen zugeschickt, ich wäre jetzt nicht mehr hilfebedürftig weil ich die neue Stelle habe. Ihnen lag bisher nur mein Arbeitsvertrag vor, ich habe am 01.04. erst angefangen. Ich habe das ganze durchgerechnet, ich verdiene jetzt 1.333,00€ brutto, das werden laut unzähliger Steuerrechner etwa 1.042€ netto sein. Unser Gesamtbedarf laut Bescheid vom 02.02.17 liegt bei 1.865,34. Nach Einberechnung aller Einkünfte, Freibeträge und allem müssten wir vom Amt noch immer um die 300€ bekommen.

    Nach welchem Paragrafen dürfen die einfach "raten" dass ich jetzt genug selber verdiene? Oder anders gefragt - wie formuliere ich es in dem Widerspruch, dass die einfach mal hätten nachrechnen können wieviel ich etwa zukünftig netto verdiene um zu sehen dass wir dennoch immer noch - auch wenn nicht viel - hilfebedürftig sind?

    Und wie beschleunige ich das Verfahren dann? Eigentlich steht der Antrag im Raum vom Bildungspaket für die Klassenfahrt meiner ältesten Tochter, die ist jetzt im Mai, der Antrag fällt mit dem Aufhebungsbescheid doch auch ins Wasser? Das kam jetzt so kurzfristig und unerwartet dass ich nicht in der Lage bin, die Kosten selber irgendwie zu übernehmen und mein Kind wird nicht mitfahren können :(

    Danke für die Hilfe!
    Pladde

  • Mahlzeit.

    Den Bescheid müsste man lesen. Du kannst ihn über die Funktion Dateianhänge im Antwortfeld hochladen, aber unbedingt anonymisiert: keine Namen, Tel.nr. und dergleichen.

    Wenn das nicht drin steht: Einkünfte wie Kindergeld etc. bitte beziffern.

  • "Aufhebung des Bescheides vom 02.02.2017

    Sehr geehrte Frau XXX,

    die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II wird ab 01.05.207 ganz aufgehoben.

    Grund für die Aufhebung der Entscheidung:

    Wegfall der Hilfebedürftigkeit wegen Arbeitsaufnahme.

    Hilfebedürftig ist, wer seinen seinen Lebensunterhalt nicht (...)"

    Es folgen nur noch Paragrafenerläuterungen und die Rechtsbehelfsbelehrung zum Widerspruch. Das war's. Keine Berechnungen, keine weiteren Erläuterungen, keine Nachweise wie sie zu dem Schluss gekommen sind, dass ich nun genug verdiene.

  • Keine Berechnung? Das ist schräg. Aufgehoben wurde nach § 48 SGB X?

    Auf welchen § gründet der Bescheid?

    Gab es vorher eine Anhörung?


    Aufhebungsbescheide greifen in eine gewährte Rechtsposition ein und fordern daher grundsätzlich eine vorherige
    Anhörung des Betroffenen nach § 24 SGB X. Fehlt dieAnhörung, kann dieser Verfahrensmangel nach § 41 Abs. 2
    SGB X bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG setzt eine Nachholung der Anhörungein Verfahren voraus, welches gewährleistet, dass der Sozialleistungsträger dem Betroffenen die Möglichkeit gibt, sich zu der bereits vorliegenden Entscheidung zu äußern,um dann darüber zu befinden, ob es bei der Ausgangsentscheidung verbleibt (BSG vom 6.4.2006 – B 7 a AL 64/05
    R). Hierbei muss das Vorbringen im Widerspruchsverfahren zur Kenntnis genommen und in die Erwägungen vor Erlass des Widerspruchsbescheides einbezogen werden
    (LSG Schleswig-Holstein vom 13.11.2008
    – L 6 AS 16/07).

    ...

    http://www.info-also.nomos.de/fileadmin/info…oalso_09_04.pdf

    unter 3.


    Diese Mitteilung halte ich für nicht hinreichend bestimmt nach § 33 SGB X.


    Muss der Betroffenen aber erst aufwändige Re-chenschritte unternehmen, ist der Bescheid unwirksam (LSG München vom 14.8.2008 – L 7 AS 304/07).


    Gleiche Quelle, unter 7.
    Auch da:

    Eine Heilung der mangelnden Bestimmtheit kommt nach § 41 SGB X nicht in Betracht (LSG Berlin-Brandenburg
    vom 19.11.2007– L 18 B 1985/07 AS PKH). Der Behörde bleibt somit nur die Möglichkeit, noch innerhalb der Jahresfrist einen neuen Bescheid zu erlassen.

    Wenn da nicht die Entrechtungsvereinfachungen der Frau Nahles reingrätschen müsste das noch passen.

    Mal schauen was die Widerspruchsspezialisten zu sagen haben, aber ich denke du hast gute Chancen das abzubügeln.


    Der Antrag zu Bildung und Teilhabe müsste unter Berücksichtigung der Einkommensänderung entschieden werden, wie sich das auswirkt kann ich dir nicht sagen.

  • Keine Berechnung? Das ist schräg. Aufgehoben wurde nach § 48 SGB X?

    Auf welchen § gründet der Bescheid?

    Gab es vorher eine Anhörung?

    Nein, keine Berechnung, keine Anhörung, das kam aus heiterem Himmel.

    Da steht:
    "Die Entscheidung beruht auf §40 Absatz 1 und 2 SGBII und §330 Absatz 3 SGBIII in Verbindung mit §48 Absatz 1 Satz 2 SGBX und §§7 Absatz 1, 9 Absatz 1 SGBII" :?:

  • Hattest du einen vorläufigen oder endgültigen Bescheid?

    Bei einem endgültigen Bescheid wäre folgende Vorgehensweise korrekt:
    1. Aufhebung des endgültigen Bescheids
    2. Neuer vorläufiger Bescheid aufgrund unklaren Einkommens

  • Der Bundesrechnungshof hat unlängst festgestellt, dass über 50% der Aufhebungsbescheide falsch waren. Also versuchen die's jetzt ohne... 8)

  • Hattest du einen vorläufigen oder endgültigen Bescheid?

    Bei einem endgültigen Bescheid wäre folgende Vorgehensweise korrekt:
    1. Aufhebung des endgültigen Bescheids
    2. Neuer vorläufiger Bescheid aufgrund unklaren Einkommens

    Ich habe immer nur vorläufige Bescheide bekommen ?(

  • Hallo @Pladde,

    also ist Widerspruch gegen den Bescheid möglich ?

    Wäre immer besser, die kompletten Schreiben anonymisiert hier hochzuladen.

    Eine Leistungseinstellung nach § 331 SGB III ist kein Verwaltungsakt. Hätte ich nun gedacht,dass es eine solche Leistungseinstellung ist, da Du ja nur vorläufige Bescheide bekommen hast.

    S. dazu auch -Bayerisches LSG · Beschluss vom 7. März 2013 · Az. L 7 AS 77/13 B PKH
    https://openjur.de/u/613953.html


    Also umgehend und nachweislich Widerspruch gegen den Bescheid beim JC einlegen und danach sofort die Beantragung einer Einstweiligen Anordnung(EA) beim zuständigen Sozialgericht(SG).
    Vorschlag für Widerspruch und EA ist im Anhang, bitte genau durchlesen und ergänzen Anschrift,etc. und (xxx).

    Einreichen beim Sozialgericht 2x EA, 1x Eistellungsbescheid und 1x Widerspruch.

    Du kannst die Schreiben persönlich beim SG einreichen oder per Post schicken. Alle Belege(Porto,Einschreibegebühr,Fahrscheine zum SG,etc.) aufheben

    Hier kannst Du mal schauen, welches Sozialgericht zuständig ist.
    http://www.justiz.de/OrtsGerichtsverzeichnis/index.php

    3 Mal editiert, zuletzt von Ghansafan (24. April 2017 um 18:50)

  • Widersprüche sind nicht korrekt.

    Wie @Corinna schon mehrfach schrieb, bedarf es bei einem vorläufigen Bescheid keiner Anhörung.

  • Hallo,

    nicht korrekt.

    Auch bei vorläufig bewilligten Leistungen hat bei Leistungseinstellung eine vorherige Anhörung zu erfolgen.

    Ist auch der Rechtsprechung des BSG, Urteil vom 29. 4. 2015 – B 14 AS 31/14 R zu entnehmen.

    http://lexetius.com/2015,2436
    Zitat
    Zutreffend hat das LSG entschieden, dass sich die angegriffenen Verfügungen nicht deshalb als formell rechtswidrig erweisen, weil die Kläger zu ihren Voraussetzungen nicht gemäß § 24 Abs 1 SGB X ordnungsgemäß angehört worden sind. Ohne Bedeutung hierfür ist, ob der Beklagte insoweit von zutreffenden rechtlichen Vorstellungen ausgegangen ist. Denn bezüglich der Frage, ob ein Anhörungsfehler vorliegt, ist von der materiell-rechtlichen Rechtsansicht der handelnden Verwaltungsbehörde auszugehen, mag sie auch falsch sein...
    Zitatende

    Auch wenn der Bescheid durch fehlende Anhörung formell nicht rechtswidrig wird, hat destotrotz im Vorfeld eine Anhörung zu erfolgen.

    Einmal editiert, zuletzt von Ghansafan (24. April 2017 um 22:18)

  • Es handelt sich hier um eine endgültige Festsetzung, sprich eine endgültige Bewilligung für diesen Zeitraum. Bei einer endgültigen Festsetzung bedarf es keiner Anhörung, dies ist auch ganz klar in den fachlichen Hinweisen der Bundesagentur für Arbeit geregelt. Wäre dein Gerichtsurteil von Bedeutung, wären diese längst geändert worden. Aber zu den Gerichtsurteilen gab es schon einen Thread, scheinbar hast du diesen nicht gelesen.

  • Hallo,

    Auch wenn der Bescheid durch fehlende Anhörung formell nicht rechtswidrig wird, hat destotrotz im Vorfeld eine Anhörung zu erfolgen.

    sorry, aber das ist schlich falsch - und Du selbst bestätigst das auch mit dem von Dir zitieren Urteil des BSG. Warum Du also weiterhin darauf bestehst, verstehe ich nicht.

    Bei einem vorläufigen Bescheid bedarf es keiner Anhörung. Das macht das Wesen eines vorläufigen Bescheides ja auch aus (gegen den an sich natürlich Rechtsmittel zulässig sind, die im konkretren Fall aber offensichtlich nicht eingelegt wurden). Im übrigen hat man auch bei Einstellung die normalen Rechtsmittel.

    Gruß!

  • Hallo,

    will mich nicht streiten, aber ich bleibe bei meiner dargelegten Meinung betreffs Anhörung.


    @Pladde,

    die EA muss unbedingt noch bis Ende April zum Sozialgericht, also diese Woche noch.

    Wie geschrieben, erst den Widerspruch nachweislich beim JC einreichen und danach sofort die EA nebst Anlagen beim Sozialgericht einreichen.

  • @Pladde
    Um das ganze zu beschleunigen solltest du mit dem Sachbearbeiter und wenn der dies nicht versteht mit den 1. Sachbearbeitern oder Teamleitern sprechen. Deine o.g. Begründung zwischen aktuellen Bescheid und Verdienst ist in Ordnung und spätestens die Vorgesetzten des Sachbearbeiters sollten den Fehler bemerken. Nehme hierzu aktuellen Bescheid, sowie den Arbeitsvertrag mit, damit du deine "Theorie" nachweisen kannst.

    Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid solltest du trotzdem einlegen.


    Eigentlich geht das mit dem SG schon zu weit, denn der TE wurde nicht einmal geraten mit dem Sachbearbeiter zu sprechen. Klar kann ich alles per Widerspruch oder SG regeln, nur wird dies oftmals die Fronten mit dem JC verhärten. Somit meinen oben genannten Rat annehmen und falls dies nicht fruchtet Widerspruch einlegen und SG einschalten.

  • Hallo,

    nein, denke ich nicht, wie @Pladde schrieb, geht es um über 300€, das ist eine Menge Geld und 2 kleine Kinder sind auch noch im Spiel.

    Einen Schmusekurs mit dem JC in dieser Angelegenheit zu fahren, halte ich für absolut unangebracht.

    Umgehend Widerspruch einlegen beim JC und danach sofort die EA beim SG einreichen ist hier der Weg, den man auch konsequent beschreiten sollte.

    Wie ich schrieb, muss der Einstweilige Rechtsschutz(EA) auch noch diese Woche beim SG beantragt werden.

    Leider meldet sich @Pladde aber anscheinend nicht mehr hier.

  • Man sollte einfach erwarten dürfen, dass rechtmäßig gearbeitet wird und der Verfassungsauftrag so umgesetzt wie er gemeint ist, nämlich existenzsichernd. Natürlich sollte man immer erst reden, aber es ist ein wenig blauäugig zu hoffen, dass dies auch hilft.

    Das mit den verhärteten Froten kann ich schon nachvollziehen, andererseits hat Ghansafan völlig recht: wenn da auch noch Kinder betroffen sind hat es solche Fronten gar nicht erst zu geben, da MUSS korrekt gearbeitet werden. Wenn der Rechtsweg dazu führt, dass sich beim JC irgendwas verhärtet haben die einfach noch nicht kapiert was ihr Job ist, nämlich Existenzsicherung dieser Familie, keine doofen Spielchen, keine Verzögerungen, keine Beratungsmängel. Einfach nur korrekt arbeiten. Wenn sie dazu die Hilfe eines Richters brauchen ist das leider so, aber dafür gibt es den Rechtsstaat.


  • Man kann Widerspruch einlegen, die Anträge stellen und trotzdem mit dem Jobcenter reden.

    Bei einigen Sozialgerichten beträgt die Wartezeit mehrere Monate, weshalb es wichtig ist mit dem Jobcenter zu reden.

  • Ein EA dauert niemals Monate, so weit sind wir noch nicht, aber an einigen Gerichten durchaus ein paar Wochen. An anderen geht das ziemlich schnell, besonders wenn Kinder betroffen sind.

    Ein EA bedeutet ja noch nicht das Ende der Kommunikation, es zeigt aber, dass der "Kunde" sich auskennt und sich nicht dingsen lässt. Es steht dem JC immer noch frei die Argumente des "Kunden" zu würdigen und rechtskonform zu agieren.

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