Merkblatt
Hausrat - Erstausstattung
Zitat von Quelle: Tacheles-Sozialhilfe.de Leitfaden ALG II/Sozialhilfe von A-ZAlles anzeigenDer laufende Bedarf für die Ersatzbeschaffung von Möbeln, Einrichtungsgegenständen
und Hausrat soll für Bezieher von ALG II und Hzl/GSi der Sozialhilfe über den-> Regelsatz <- abgedeckt sein, nur die Erstausstattung nicht (->Einmalige Beihilfen).
Im Eckregelsatz sollen mit mtl. (verändert sich mit jeder Regelsatzanpassung, Anmerkung)
11,28 Euro für Möbel und Einrichtungsgegenstände sowie 4,14 Euro für
Kühlschränke, Waschmaschinen und andere Haushaltsgeräte vorgesehen sein –
Reparatur inklusive.Insgesamt also 135,36 Euro für Möbel und 49,68 Euro für Haushaltsgeräte
im Jahr.Unterstellen wir großzügig eine ab Antragsstellung gegebene weitere durchschnittliche
Haltbarkeit (Abschreibungsdauer)Der Gesamteinrichtungsgegenstände von 10 Jahren,
würde der erlaubte Wert der gesamten Wohnungseinrichtung1850,40 Euro betragen.Entsprechend ärmlich dürfte die Wohnung ausgestattet sein.Für Erstausstattungen und Erstanschaffungen ist im Regelsatz auf jeden Fall nichtsdrin. Deshalb müssen sie als
Beihilfe gezahlt werden.1.1 Was gehört zur Erstausstattung?
„Nicht vom Regelbedarf … umfasst sind Bedarfe für 1. Erstausstattungen für die
Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten …“
(§ 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II, sinngemäß § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII)
Nach der Gesetzesbegründung kommen Erstausstattungen vor allem in Frage- nach einem Wohnungsbrand (BSG 19.08.2010 – B 14 AS 36/09)
- einer Haftentlassung (BSG 11.04.2011 – B 14 AS 53/10R) oder
- oder aufgrund „außergewöhnlicher Umstände“ (BT-Drs. 15/1514, 60).Die Hartz IV Parteien wollen, dass möglichst der gesamte Einrichtungsbedarf
normaler Arbeitslosenhaushalte aus dem Regelsatz gedeckt wird, es sei denn die
Wohnung brennt ab.Erstausstattungen sind aber auch erforderlich
- nach einer Trennung/Scheidung (BSG 19.09.2008 - B 14 AS 64/07 R) bzw. nach einem
Aufenthalt im->Frauenhaus (LSG Berlin-Brandenburg 26.10.2006 - L 19 B 516/06 ER),
- bei erstmaliger Anschaffung von Hausrat (SG Gelsenkirchen 18.07.2006 – S 11 75/05 ER),
- bei Neugründung eines Haushalts nach dem Auszug bei den Eltern (SG Lüneburg 24.03.2005
– S 29 SO 78/05 ER
- bei Heirat,
- wenn bei einem notwendigen Umzug Hausrat zerstört wird (BSG 01.07.2009 – B 4 AS 77/08 R),
- wenn infolge eines notwendigen Umzugs alte Möbel, z.B. aufgrund ihrer Größe, nicht mehr verwertbar sind ((LSG NRW 23.02.2010 – AS 77/08 R; die Beweislast liegt beim Antragsteller),
- wenn aufgrund des Umzugs andere Geräte notwendig sind, Z.B. Elektro- statt Gasherd
(SG Braunschweig 07.03.2005 S - 18 AS 65/05 ER),
- bei einem Umzug in eine größere angemessene Wohnung, wenn notwendige Möbelstücke
nicht vorhanden sind,
- bei einem Umzug aus einer Wohnung mit Einbauküche bzw. Teil- Vollmöblierung in eine
Wohnung ohne Einrichtung(SG Aurich 06.12.2005 – S 25 AS 254/05 ER),
- bei Anmietung einer Wohnung durch Wohnungslose (BSG 23.03.2010 – B 14 AS 81/08 R) oder
- wenn die Geburt eines Kindes die Erstausstattung eines Kinderzimmers erforderlich macht
(-> Schwangerschaft) oder
- wenn bei Kindern/Jugendlichen ein Erstausstattungsbedarf nicht vom Regelsatz umfasst ist
(BSG 23.05.2013 – B 4 AS 79/12 R, Jugendbett statt Kindergitterbett, -> Kinder).
Außergewöhnliche Umstände, die eine Erstausstattung erfordern, sind z.B.:
- ein Rauswurf von Jugendlichen aus der elterlichen Wohnung,
- der Ausbruch einer Krankheit, die spezielle Ausstattungsgegenstände,etwa eine
Bandscheibenmatratze erfordern (SG Münster 02.04.2007 – S 5 AS 55/07 ER),- der Zuzug aus dem Ausland (BSG 27.09.2011 – B 4 AS 202/10 R),
- der Zuzug eines Kindes z.B. aus dem Heim oder von einer Pflegefamilie oder
- ein erfolgloser Suizidversuch, vor dem der Hausrat bereits entsorgt wurde
(SG Düsseldorf 06.11.2009 S 35 AS 206/07).Grundsätzlich ist aber der Begriff Erstausstattung für die Wohnung,
„nicht zeitlich, sondern bedarfsbezogen zu verstehen.“
(LSG Rheinland Pfalz 12.07.2005 – L 3 ER 45/05 AS).Voraussetzung ist also nicht, dass etwas zum ersten Mal im Leben
angeschafft wird, sondern dass ein entsprechender Anlass besteht.
Der Begriff Erstausstattung umfasst „Wohnraum bezogene Gegenstände …,
die eine geordnete Haushaltsführung und an den herrschenden
Lebensgewohnheiten orientiertes Wohnen ermöglichen“
(BSG 16.12.2008 – B 4 AS 49/07 R; Eicher, SGB II, § 24, Rz. 97).
Der Fernseher gehört allerdings nach Ansicht des BSG nicht mehr dazu (24.02.2011
– B 14 AS 64/07 R). Eine -> Renovierung auch nicht.Eine Waschmaschine dagegen „für eine geordnete Haushaltsführung“ erforderlich
(BSG19.092008 – B 14 AS 64/07 R; auch bei Alleinstehenden, BVerwG 01.10.1998 – 5 C 19/97).Im Gesetzestext ist auch von Erstausstattung für die Wohnung die Rede, nicht von
Erstausstattung der Wohnung.Erstausstattung der Wohnung bedeutet die komplette
Erstausstattung nach dem Gesamtverlustder Ausstattung, Erstausstattung für die Wohnung
schließt aber ein, dass einzelne notwendige Möbel und Haushaltsgeräte nicht vorhandenen
sind und erstmalig angeschafft werden müssen:"Besitzt ein Hilfebedürftiger ... zum Beispiel noch keine Waschmaschine,besteht insoweit ein
bislang noch nicht gedeckter Bedarf, der erstmals zu befriedigen ist." (Eicher, SGB II, §24, Rz. 91)Das gilt auch, wenn aus freier Entscheidung eine Wohnung bislang weitgehend unmöbliert war
(BSG 20.08.2009 – B 14 AS 45/08 R; auch LSG Bayern 28.08.2006 – L 7 B 481/06 AS ER, für den
Fall, dass Haushaltsgeräte oder Möbel beim Umzug in eine neue Wohnung nicht vorhanden sind.)Der Anspruch besteht also, wenn zum ersten Mal Kühlschrank, eine Waschmaschine
(SG Gelsenkirchen 18.07.2005 – S 11 AS 75/05ER), ein Herd oder Küchenschränke
angeschafft werden müssen. Dazu gehört auch, … „die Ausstattung mit erforderlichen
Fußböden, Beleuchtungseinrichtungen, Rollos oder Vorhängen oder Teppichen oder
Teppichböden, … sowie der gesamte Hausrat und die wohnungsbezogenen Gebrauchsgüter
… die … in Bevölkerungskreisen mit geringem Einkommen Allgemein üblich sind“
(SG Oldenburg 12.01.2006 s.o.).Der Fernseher gehört allerdings nach Ansicht des BSG nicht mehr dazu (24.02.2011
– B 14 AS 64/07 R).Eine -> Renovierung auch nicht.Eine Waschmaschine dagegen „für eine geordnete Haushaltsführung“ erforderlich
(BSG 19.092008 – B 14 AS 64/07 R; auch bei Alleinstehenden,
BVerwG 01.10.1998 – 5 C 19/97).1.2 Bedarf selbst verschuldet?
Auch wenn Sie den Verlust von vorhandenem Hausrat durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges
Verhalten ohne wichtigen Grund verursacht haben, besteht ein Anspruch auf Übernahme einer
Erstausstattung. Ausschlaggebend ist, das … „der im SGB II zu deckende Bedarf grundsätzlich
Aktuell bestehen muss …“, dann ist er auch aktuell zu decken.
(BSG 27.09.2011 – B 4 AS 202/10 R).
Das gilt z.B., wenn Sie bei Verlust/Räumung Ihrer Wohnung den Hausrat ohne wichtigen Grund
aufgegeben haben. Muss Ihre Wohnungseinrichtung infolge von Handlungen ersetzt werden, die
auf Ihre gesundheitliche oder psychische Situation zurückzuführen sind, liegt kein Verschulden
vor (SG Bremen 02.03.2010 – S 23 AS 257/10 ER, bei Verwahrlosung der Wohnung;
SG Düsseldorf ebenda erfolgloser Suizidversuch).1.3 Notwendiger Bedarf
Zur notwendigen Erstausstattung einer Wohnung zählen in Frankfurt/Main abhängig von Personenzahl
und Wohnungsgröße (in Klammern die Beiträge in €) z.B.:
Jeweils ein Rollrost u. Matratze:
Einzelbett (132),
Doppelbett (262)
Etagenbett (231)
Kinderbett (144)
Bettdecke u. Kissen je Person (Erwachsene/Kinder: 46)
2 Garnituren Bettwäsche m. Bettlaken je Person (Erwachsene: 39; Kinder: 42);
Kleiderschrank (2-türig: 53; 3-türig: 97),
Küchen-Unterschrank (65),
- Hängeschrank (74)
Spüle m. Unterschrank, Armatur, Siphon (269),
Herd (234)
Kühlschrank oder Kühl-Gefrier-Kombi (193)
Küchenstuhl (14)
Küchen- oder Esstisch (37)
Töpfe, Geschirr, Besteck, Küchenutensilien (1. Person: 114; 2.Pers.: 20; 3. Pers.: 15),
Lampen (Stück 13),
Rollos oder Gardinen (insgesamt 213).Als zusätzlicher Bedarf gilt in Frankfurt – abhängig vom Einzelfall:
Wohnzimmerkleiderschrank oder Wohnzimmerschrank (99),
Couchgarnitur (167),
Kippcouch (114),
Couchtisch (44),
Kinderschreibtisch m. Stuhl (ab3 Kinder: 70),
Kinderhochstuhl (40),
Wickelauflage (18),
Kleiderständer (29),
Bügelbrett (17),
Waschmaschine (gebraucht: 214; neu: 306)
Wäscheständer (9)
Spiegel (9)
Badezimmerablage (14)
Badezimmerschrank (14)
Nachschrank (10)
Bettlampe (6)
Schuhschrank (41)(FRL SGB II §24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 u. 2 24.08.2011, 4 f.)
Ein PC samt Zubehör gehört nicht zur Erstausstattung (LSG NRW 23.04.2010
– L 6 AS 297/10 B).Für Transportkosten werden bis zu 5 Teilen 35 €, 6 bis 9 teilen 65 €, ab 10 Teilen 90 € bewilligt.
Notwendige Anschlussarbeiten werden mit 35-40 €/STD. vergütet,notwendige Aufbau von Möbeln
pauschal: Tische, Kippcouch: je Stück 13 €; Schränke, Betten: je Stück 51 € (ebenda).
Tipp: Bei den o.g. Beträgen handelt es sich im bundesweiten Vergleich um „gehobenes“ Preisniveau.
Werden in Ihrer Kommune geringere Beträge gezahlt, können Sie diese vorGericht überprüfen lassen.
Hierzu müssen Sie zunächst -> Widerspruch einlegen.Die Erstausstattung kann als
1.4 Sachleitung oder Geldleistung
gezahlt werden (§ 24 Abs. 3 Satz 5 SGB II). Das gilt auch für Bezieher von HzL/GSi der
Sozialhilfe(§ 10 Abs. 3 SGB XII). Jedenfalls hat die Geldleistung Vorrang (Eicher SGB II, § 24, Rz. 60), denn Sachleistungsgewährung ist tendenziell diskriminierend (LPK SGB II, § 4, Rz.9).
Auch bei der Sozialhilfe gilt: "Geldleistungen haben Vorrang vor Gutscheinen und Sachleistungen"
(§ 10 Abs. 3 SGB XII).Erstausstattung kann auch mit
1.5 Pauschalbeträgen
abgegolten werden (§ 24 Abs. 3 Satz 5 SGB II; ebenso § 31 Abs. 3 SGB XII).Hamburg zahlt z.B. für die Erstausstattung eines 1-Personen-Haushalts
809 €, Kassel 959 €. In Wuppertal werden 1.170 € und in Erfurt 1.700 €
gezahlt. Bei einer Geburt werden für "Baby-Hausrat und -mobiliar" (inkl.
Kinderwagen) z.B. 307 € in Kassel und 266 bis 296 € in Wuppertal
gezahlt.„Bei der Bemessung der Pauschalbeträge sind geeignete Angaben über
die erforderlichen Aufwendungen und nachvollziehbare Erfahrungswerte zu
berücksichtigen.“(§ 24 Abs. 3,Satz 6 SGB II; § 31 Abs. 3 Satz 2 SGB XII)
Die geeigneten Angaben müssten öffentlich sein, damit Sie nachvollziehen können,
was zu gestanden wird.Die Pauschalbeträge müssen tatsächlich ausreichen, um
die notwendige Erstausstattung zu kaufen.1.6 Gebrauchter Hausrat
ist grundsätzlich zulässig (u.a. LSG Mecklenburg-Vorpommern 12.02.2007 - L 8 B 150/06;
-> Einmalige Beihilfen 3.3).V.a. Bei Möbeln können Preise für gebrauchte Ware berücksichtigt
werden (LSG Sachsen-Anhalt 24.11.2011 - L 2 AS 81/08).
Bei Elektrogeräten halten wir gebrauchte Geräte allerdings für nichtzumutbar. Da ihre Haltbarkeit
geringer ist, tritt schneller einErsatzbedarf auf, der jetzt aus dem Regelsatz bestritten werden muss.,
aber kaum bestritten werden kann. Der überdurchschnittlichhohe Energie- und Wasserverbrauch
gebrauchter Elektrogeräte führt ebenfalls zu einer indirekten Regelsatzsenkung.2. Erstausstattung oder Ersatzbedarf?
Erstausstattungen sind immer als Zuschuss/Beihilfe zu gewähren. Der Ersatzbedarf aber soll im
Regelsatz enthalten sein. Wenn er trotzdem ungedeckt ist (s.o.), ist er unter bestimmten
Voraussetzungen als Darlehen zu übernehmen. Ausführlich dazu -> Einmalige Beihilfen 3.(Hier erfolgte eine Aktualisierung nach aktueller Rechtslage. Juni 2017)
(Quelle: Tacheles-Sozialhilfe.de Leitfaden ALG II/Sozialhilfe von A-Z)