SG Gotha verurteilt Jobcenter zur zuschussweisen Übernahme von Kosten für einen internetfähigen PC - Laptop
Alles anzeigenDas SG Gotha hat mit Urteil vom 17. Aug. 2018 - S 26 AS 3971/17das beklagte Jobcenter
zur zuschussweisen Übernahme eines internettauglichen PC/Laptop, nebenst notwendigen
Zubehörs und Serviceleistungen in Höhe von 600 EUR verurteilt. Das SG Gotha hat dazu
ausgeführt, dieser Kosten sein als Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 6 SGB II auf Zuschussbasis
zu übernehmen. Dieser wird benötigt damit die Kinder/Jugendlichen die schulischen Belange
wie Anfertigungen von Hausarbeiten und Referaten erfüllen können.
Das SG führt dazu aus: „jeder, der Kinder in einem schulfähigen Alter hat … müsste eigentlich
wissen, dass ohne internetfähigen PC/Laptop die Befolgung organisatorischer Vorgaben der
Schule zu großen Teilen nicht mehr möglich ist. Das fängt bei der Essenbestellung bei den
einschlägigen Anbietern an, geht weiter über oftmals täglich aktualisierte Vertretungspläne
der Schule und weiter über Referate bzw. Seminararbeiten, deren Fassung am Computer als
selbstverständlich vorausgesetzt wird. … Es ist offensichtlich und selbstverständlich, dass es
hier kleiner gesonderten Darlegung mehr bedarf.“ Und weiter: es handelt sich bei der
Anschaffung eines PC/Laptops zur Erfüllung schulischer Belange auch um einen laufenden
Bedarf i.S. von § 21 Abs. 6 SGB II. Denn der Computer/Laptop zwar nur einmal bezahlt, er
erfüllt jedoch einen laufenden Bedarf, nämlich den, sachgerecht in ordnungsgemäßer Weise
eine Schule besuchen zu können, ohne von vorneherein „abgehängt“ zu sein.“
Zusammengefasst, führt das SG Gotha aus, ein PC/Laptop gehört zur soziokulturellen und
schulischen Teilhabe von SchülerInnen und Schülern und ist somit als Teil der Ausformung
der Sicherstellung des menschenwürdigen Daseins auf Zuschussbasis zu erbringen.
Hier das Urteil zum Download: SG Gotha Urteil vom 17. Aug. 2018 - S 26 AS 3971/17
Dieses neue Urteil, steht in einer Reihe weiterer Urteile, in denen die Jobcenter zur Übernahme
von Bildungskosten nach § 21 Abs. 6 SGB II, dh. auf Zuschussbasis verurteilt wurden.
So Schulbücher (LSG Niedersachsen-Bremen, v. 11.12.2017 - L 11 AS 349/17,
internetfähigen PC (im Wert von 350 €) SG Cottbus v. 13.10.2016 – S 42 AS 1914/13)
und ein Tablet, welches schulischerseits benötigt wird (SG Hannover v. 06.02.2018 - S 68 AS 344/18 ER).
In den anderen Urteilen wird rausgearbeitet, dass die Höhe des Anspruchs für Lernmittel und Bildung
nicht bedarfsgerecht ausgestaltet ist und das es zu verfassungswidrigen Bedarfsunterdeckungen
kommt und das daher wegen planwidrigen und massiver Regelungslücken für diese Bedarfe eine
Anspruchsgrundlage geschaffen werden muss. Die Gerichte sehen hier als Grundlage, solange der
Gesetzgeber diese nicht selber schafft, den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 6 SGB II.
Es sollten daher in der nächsten Zeit für Kinder, Jugendliche und Jungerwachsene und Auszubildende
solche Lernmittel auf Basis des § 21 Abs. 6 SGB II beantragt werden und gerichtlich durchgefochten
werden!
Als Begründung dafür hat das SG Gotha, sehr plakativ und sehr klar geliefert: ohne solche wären die
Anspruchsberechtigten „abgehängt“. Dem gibt es nichts hinzuzufügen. Außer zu sagen, der Kampf
gegen das Abhängen von über 2 Mio. Kindern und Jugendlichen im SGB II (und SGB XII und AsylbLG)
sollte und muss offensiv geführt werden.