Eine Woche nach dem Urteil des Bundesverfassungsgericht urteilt der Europäische Gerichtshof (EuGH)
zu der Möglichkeit von Sanktionen bei existenzsichernden Leistungen (Rs C-233/18).
Alles anzeigenExistenzminimum nach Luxemburger Art – Der EuGH zu der Möglichkeit von Sanktionen bei existenzsichernden Leistungen im Flüchtlingssozialrecht
Leistungen zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Lebensstandards sind unantastbar. Das hat die große Kammer des EuGH in der Rs Haqbin (C-233/18) am 12. November 2019 für das Flüchtlingssozialrecht entschieden. § 1a AsylbLG wird den Anforderungen des EuGH nicht gerecht, und das BVerfG könnte am Ende den Kürzeren ziehen, wenn es die Rechtsprechung des EuGH nicht berücksichtigt und die Sozialgerichtsbarkeit in Sachen Sanktionssystem stattdessen Rat in Luxemburg sucht.Diese Entscheidung des EUGH kam nur eine Woche nachdem das BVerfG mit langen, aber kaum überzeugenden Ausführungen (dazu z.B. hier) versucht hat, zu plausibilisieren, warum ein Entzug existenzsichernder Leistungen (ein Minimum unter Minimum) möglich ist – ja sogar Leistungskürzungen bis zu 100 Prozent nicht auszuschließen seien. Der EuGH stellt mit dem Urteil klar, dass das menschenwürdige Existenzminimum nicht verhandelbar ist und unter keinen Umständen sanktioniert und mithin eingeschränkt oder entzogen werden darf und die BVerfG-Entscheidung zu Sanktionen eben nicht EU-konform seien.
Die Mitgliedstaaten müssen dauerhaft und ohne, auch nur zeitweilige, Unterbrechung einen menschenwürdigen Lebensstandard gewährleisten.Hier das EuGH Urteil im Wortlaut.
Und der dahingehende Aufsatz in Verfassungsblog:Existenzminimum nach Luxemburger Art
Das Urteil dürfte auch einige Relevanz in den Diskussionen in der SPD um das neue Sozialstaatskonzept entfalten.