Selbstständiges Einkommen im Minus - ALG II Einkommen Anrechnung

  • Hallo!

    Ich bin Soloselbstständig und von den Coronaauswirkungen weiterhin stark betroffen.

    Daher bin ich in der Grundsicherung (mit vereinfachtem Zugang aufgrund von Corona). Bewilligt bis März 2023.

    Ich versuche aktuell (nach Absprache mit JC und aufgrund längerem Festhängen in Hartz-4) ein neues Gewerbe auf die Beine zu stellen, damit ich wieder einkommen generieren kann.

    Dafür habe ich Kredite Euro aufnehmen und Geld investieren müssen.

    Ohne die Investitionen hätte ich 0 Einnahmen, nun habe ich immerhin 2000 Euro Einnahmen. Diesen stehen aber viel höhere, notwendige Ausgaben entgegen (dies ist in der Startphase auch ok) - ich mache also monatlich Schulden.

    Nun wird’s spannend:

    Ich bekam erstaunlicherweise wieder eine Anfrage in meinem alten Gewerbe erhalten. Diese wäre einmalig und würde mir 4000 bringen.

    Dieses Projekt möchte ich unbedingt annehmen, ABER: besteht eventuell die Gefahr, dass das Jobcenter mir die Leistung um diese 4000 Euro kürzt?

    Das wäre ein ziemliches Problem. Denn die 4000 stehen mir ja nicht zum Lebensunterhalt zur verfügung, sondern sie reduzieren nur meine Schulden.

    Sehe ich es richtig, dass mir das Jobcenter nur die Beträge anrechnen kann, die am Ende des Bezugszeitraumes als positiver (!) Betrag übrig bleiben?


    Würde mich freuen, wenn mir jemand weiterhelfen kann, der sich mit dem Thema „für Selbstständige“ etwas auskennt.

    Viele Grüße

    Jo

  • Hallo Tamar, danke für den Link, sehr interessant! Aber dadurch ergeben sich für mich ein paar Fragen.

    Das mit der horizontalen Verrechnung verstehe ich grundsätzlich.

    Ich gehe davon aus, dass im Urteil genannte Gewerbe schon vor der Grundsicherung bestanden. Die erzielten Verluste sind leider nicht angegeben.


    Aber eine „horizontale Verrechnung“ trifft es ja bei mir eigentlich nicht wirklich?

    Zahlungsverkehr beider Unternehmungen läuft auch über das selbe Konto.

    Übertreibung zur Verdeutlichung: selbst wenn ich mit dem Freiberuf nun unverhofft 10.000 Euro verdienen WÜRDE, im Gewerbe jedoch 15.000 Euro Verlust habe (gezahlt von Krediten), so bleibt mir letztenendes von den 10.000 Euro doch trotzdem nichts übrig, mit dem ich meinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

    Unterm Strich fehlen noch immer 5000 Euro zum Mietezahlen.

    Außerdem ist es ja so bei mir so, dass ich das eine Gewerbe (das andere ist strenggenommen kein Gewerbe sondern Freiberuf) erst während des H4 Bezuges gestartet wurde als Versuch, bald wieder aus der Grundsicherung rauszukommen (weil im alten Job während Corona keinerlei positive Aussicht bestand).

    Ist meine Situation aus den beiden Punkten nicht eine etwas andere als im Urteill?

    (Zumal es im Urteil um eine Weiterbewilligung geht, die evtl. einer Neubeantragung gleichkommen könnte. Bei mir geht es ja nur um die Anrechnung innerhalb des Zeitraumes.

  • Hallo!

    Vielleicht helfen Informationen zur Gesetzgebung, um besser zu verstehen.

    Leitfaden Selbständigkeit und Arbeitslosengeld II

    Lexikon für Selbständige - Arbeitshilfe für das »EKS«-Formular

    Hinweise der Bundesagentur für Arbeit zur vorläufigen und abschließenden Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit

    Die Anlage EKS dürfte Ihnen bekannt sein. Einfach Informationen

    gründlich lesen.

    Ich gehe davon aus, dass im Urteil genannte Gewerbe schon vor der Grundsicherung bestanden.

    Das von Tamar verlinkte BSG Urteil ist von 2016. Da gab es die Gesetzgebung

    schon lange.

    Gruß

  • Hallo Grace, vielen Dank.

    Im ersten Link steht bei Punkt 6.2 ja nochmal "Ausschlaggebend für die Berechnung des Einkommens aus selbständiger Tätigkeit ist der

    durchschnittliche monatliche Gewinn im Bewilligungszeitraum (i. d. R. 6 Monate).

    (...)

    Ist Ihr Gewinn höher als prognostiziert, stand Ihnen weniger Alg II zu, und Sie müssen zuviel

    erhaltene Leistungen zurückzahlen."

    Wenn ich all meine Einnahmen und Ausgaben in das EKS eintrage (Freiberuf und Gewerbe), so komme ich definitiv auf einen negativen Wert im Tausenderbereich (trotz der höheren, neuen Einnahmen im Freiberuf und keiner Ausgaben im Freiberuf).

    Das ist genau mein Punkt: Aus meiner Sicht könnte das Jobcenter dann nichts zurückfordern. Das EKS ist im Minus.

    Laut Tamar (und dem Urteil) ist das aber wohl anders, weil "horizontale Verrechnung" nicht geht. Aber "horizontal" hin oder her: beides ins EKS und die Summe ist negativ.

    Das verstehe ich nicht :(

    Vielleicht kannst du etwas Licht ins Dunkel bringen?

    Grüße!

  • beides ins EKS und die Summe ist negativ.

    Die Summe wird aber nicht negativ. Darf sie nicht, da unterschiedliche Einkunftsarten nicht aufgerechnet werden (dürfen). Das Jobcenter wird beide Einkunftsarten getrennt anschauen. Im Ergebnis bekommst du dann weniger Leistungen. Deine Befürchtung ist also richtig.

  • Kobold aber es gibt doch nur ein EKS, in dem alle Einnahmen und Ausgaben drinstehen?

    Es geht ja auch alles von einem einzigen Konto ab. Es entbehrt doch jeder Logik, dass ein NICHT-Negativer Betrag rauskommen soll, wenn die Gesamteinnahmen geringer sind, als die Ausgaben?

    +5000 -10000 war schon immer -5000 Euro. Alles andere ist doch faktisch falsch.

  • aber es gibt doch nur ein EKS, in dem alle Einnahmen und Ausgaben drinstehen?

    Darin besteht der Denkfehler. Der EKS ist nur eine Zusammenstellung deiner Einkünfte. Allein aus diesem ergeht aber der ALG2 Bescheid nicht. Sondern das Jobcenter will auch Belege dazu sehen. Und aus diesen wird es dann hervor gehen, dass es zwei verschiedene Einkunftsarten sind.

  • Klar wird hervorgehen, dass es verschiedene Einkunfstarten sind - darf es ja auch.

    Aber dennoch bleibt doch am Ende des Monats kein Geld zum überleben übrig. Wie gesagt, es geht alles von MEINEM "privaten" Konto ab. Wenn das am Ende negativ ist (aufgrund genannter Rechnung), was soll dann bleiben?

  • Vielleicht kannst du etwas Licht ins Dunkel bringen?

    Gern, da die Lösung so einfach wie genial ist:

    2 Gewerbe = 2 EKS.

    Einmal mit Gewinn = Einkommen im SGB II

    Einmal mit Verlust = persönliches Pech, da kein Verlustausgleich.

    Natürlich trifft die Entscheidung des BSG voll und ganz auf deine Situation zu. Sonst hätte ich es nicht gepostet.

  • Kobold, dass das für die Ermittlung der EKS egal ist, ist mir bewusst :) Habe es geschrieben als Zeichen dafür, dass es letztenendes egal ist, wie viele Gewerbe es sind: denn das Geld steht mir nunmal nicht zur Verfügung.

    Tamar Naja, aber wie wie gesagt ist doch letztendlich garkein Gewinn übrig? Wie gedenkt man, dass ich von Verlusten leben können soll?

  • Wie gedenkt man, dass ich von Verlusten leben können soll?

    Das ist der falsche Betrachtungswinkel. Der Steuerzahler würde bei Aufrechnung im Endeffekt die Verluste eines selbständigen Betriebs zahlen, und dir sollte selbst klar sein, dass das nicht Sinn und Zweck eines Sozialstaates ist. In diesem Sinne musst du dir selber überlegen, wie du nun weiter vorgehst. Betrachten wir das Thema daher als erledigt.

  • Hallo,

    wie kann man denn ein vorzeitiges Abmelden sinnvoll umsetzen? Das wollte ich vor Ablauf des Zeitraumes eigentlich sowieso machen. Laut Internet ist das auch einfach möglich, ohne angaben von Gründen.

    Laut ALG II Selbstständig - Kontoauszüge verlangt nach freiwilligem Verzicht jedoch müssen dennoch die Einnahmen nach diesem Zeitraum (bis zum Ablauf des URSPRÜNGLICH bewilligten Zeitraumes) mit einberechnet werden. Dabei ist mein Bedarf sobald ich Einkommen habe ja beendet, kann das Geld aber nicht rückwirkend sondern nur für künftige Leben nutzen.

  • Hallo!

    Die Antwort liegt in den Zitaten des Themas und wurde von Ihnen wohl

    übersehen:

    Ja, es ist gesetzlich so vorgesehen.


    § 3 der Alg-II-V - Verordnung zur Berechnung von Einkommen sieht vor,

    dass als Einkommen aus selbständiger Tätigkeit das Durchschnittseinkommen

    des Bewilligungszeitraums angesetzt wird.


    Ein Verzicht verkürzt die Bewilligung nicht und somit auch nicht den Bewilligungszeitraum.

    Das ändert also nichts am Sachverhalt. Dazu in dem Thema auch Tamar :

    Ja, bis 31.3.21. Denn da war auch bei Selbständigen kein endgültige Festsetzung von Amts wegen zu machen, was bedeutet: wurde mehr Gewinn erzielt, als prognostiziert, hat der Selbständige profitiert. Seit 1.4.21 gelten dahingehend wieder die alten Regeln.


    Die Regelungen zu Einkommen aus Selbstständigkeit sollen verhindern, dass sich Selbstständige während ertragsreicher Monate einfach abmelden und zu ertragsschwachen Zeiten wieder anmelden und so das Sozialsystem über Gebühr belasten.

    Es bleibt also dabei, was Tamar hier geschrieben hat:

    Selbstständiges Einkommen im Minus - ALG II Einkommen Anrechnung

    Das Thema ist ausreichend beantwortet und damit abgeschlossen.

    Gruß

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