Hallo,
ich hoffe, dass mir hier in einer sehr frustrierenden Sache geholfen werden kann, bei der es sich meiner Ansicht nach um einen typischen bürokratischen Akt handelt, der völlig unnötig ist und zudem eine völlig überzogene Bußgeld-Forderung an mich zur Folge hat, der ich nicht nachkommen möchte, weil ich das Vorgehen nicht nachvollziehen kann.
Ende Mai habe ich als Bürgergeld-Empfänger vom Jobcenter von Frau E. postalisch eine Anhörung zu Überzahlungen bekommen, weil ich mit der Betriebs- und Heizkostenabrechnung eine Rückzahlung in Höhe von mehr als 300 Euro bekam, die mindernd auf die Bedarfe für Unterkunft und Heizung angerechnet wird.
In dem Schreiben steht: "Vor der Entscheidung über die Aufhebung der nachfolgend genannten Bescheide sowie der Erstattung der überbezahlten Leistungen, erhalten Sie hiermit Gelegenheit, sich bis zum 09.06.2023 bei Ihrem Jobcenter zum Sachverhalt zu äußern (§ 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X).
Es wird außerdem geprüft, ob der Erstattungsanspruch gegen den Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts aufgerechnet werden kann. Äußern Sie sich bitte auch zur vorgesehenen Aufrechnung.
Sollten Sie von der Anhörung Gebrauch machen, erläutern Sie bitte ausführlich den Sachverhalt aus Ihrer Sicht. Verwenden Sie für Ihre Stellungnahme den beigefügten Antwortvordruck. Sie sind nicht verpflichtet, sich zum Sachverhalt und zur beabsichtigten Aufrechnung zu äußern. Sollten Sie jedoch die Gelegenheit nicht wahrnehmen, können Umstände, die sich für Sie positiv auf die Entscheidung auswirken könnten, nicht berücksichtigt werden. In diesem Fall müssen Sie damit rechnen, dass nach Ablauf der Anhörungsfrist eine Entscheidung getroffen wird. Diese wird Ihnen mit Bescheid mitgeteilt."
Soweit so in Ordnung. Mein Fehler in dieser Sache war mein Versäumnis, dem Jobcenter Änderungen in den Verhältnissen (hier: Rückzahlung für Unterkunft und Heizung) zu spät bzw. nicht fristgerecht mitgeteilt zu haben. Demzufolge ist es natürlich für mich auch logisch nachvollziehbar, dass die überzahlten Leistungen von mir zu erstatten sind und ich auch deswegen auch den o. g. Antwortvordruck am gleichen oder nächsten Tag eingereicht habe ohne irgendeine Begründung, weil mir klar ist, dass ich die zu viel gezahlte Summe zurückzahlen muss.
Mitte Juni erhielt ich von o. g. Frau einen Bescheid zur Aufhebung, Erstattung und Aufrechnung sowie einen Bescheid zur Erstattung, in dem mir mitgeteilt wurde, dass die von mir erbetene Ratenzahlung meiner o. g. Rückzahlung ab dem nächstmöglichen Zeitpunkt entsprochen wurde und ich durch meine Erklärung vom 30.05. d. J. zugestimmt habe, dass der Erstattungsbetrag von xxx,xx Euro monatlich mit meinen Leistungen abgerechnet werden kann.
Einen Tag später erhielt ich von meinem Sachbearbeiter das Schreiben Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, in dem zu erkennen ist, dass von Juli bis September 2023 monatlich die o. g. Summe einbehalten wird. Auch hier soweit so in Ordnung.
Nun erhielt ich aber zeitgleich in der gleichen Angelegenheit ein Schreiben von einer Frau T. mit dem Subjekt Anhörung als Betroffener wegen einer Ordnungswidrigkeit, in dem der zur Debatte stehende Sachverhalt abermals erläutert wurde: "Nach den bisherigen Feststellungen haben Sie während des Leistungsbezuges ein Guthaben aus der Betriebskostenabrechnung von 2022 erhalten. Diesen Sachverhalt haben Sie nicht rechtzeitig mitgeteilt..."
Und weiter: "Da Sie Ihrer Anzeigepflicht nicht rechtzeitig nachgekommen sind, besteht der Verdacht einer Ordnungswidrigkeit, die unabhängig von der Erstattung der Überzahlung zu verfolgen ist. Daher habe ich gegen Sie ein Bußgeldverfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) eingeleitet (§ 47 Abs. 1 Satz OWiG).
Zu dem erhobenen Vorwurf können Sie sich innerhalb von zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens schriftlich unter Verwendung des beigefügten Anhörungsbogens oder - nach vorheriger Terminabsprache - zur Niederschrift bei dem im Briefkopf genannten Jobcenter äußern. ..."
Ich habe diese Frist verstreichen lassen, da ich annahm, dass es sich in Anbetracht des Betreffs im Brief um ein Missverständnis handelte, auch wenn ich jetzt erst zur Kenntnis genommen habe, dass es sich hierbei um ein Vorgehen handelt, dass - wie zuvor zitiert - "unabhängig von der Erstattung der Überzahlung zu verfolgen ist".
Vor einigen Tagen erhielt ich nun von Frau T. einen Bußgeldbescheid in Höhe von mehr als 100 Euro, der sich aus einer Geldbuße von 75 Euro sowie Kosten des Verfahrens, Gebühr und Auslagen zusammensetzt. Danach folgte dann die wie zuvor schon bekannte obligatorische Begründung des Vorgehens. U. a. auch, dass mir mit Schreiben vom 21.06.2023 die Eröffnung des Ermittlungsverfahrens mitgeteilt wurde und mir zugleich die Möglichkeit gegeben wurde, mich zu dem erhobenen Vorwurf zu äußern.
Anschließend ist zu lesen, dass ich mich daraufhin nicht meldete und ich meiner Anzeigepflicht nicht rechtzeitig nachgekommen bin.
Das ist korrekt, da ich ja bereits im Vorfeld einen Antwortvordruck einreichte, auf dem ich entsprechend ein Kreuz machte, dass der gegen mich erhobene Vorwurf (Überzahlung) den Tatsachen entspricht.
Im Brief ging es dann so weiter: "Durch Ihr pflichtwidriges Verhalten haben Si eeine Ordnungswidrigkeit gemäß § 63 Abs. 1 Nr. 7 SGB II in Verbindung mit § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB I begangen. Sie handelten dabei fahrlässig, weil Sie die im Rechtsverkehr erforderliche Sorgfalt, zu der Sie nach den Umständen und Ihren persönlichen Fähigkeiten verpflichtet und in der Lage waren, außer Acht gelassen haben. ..."
Ich habe vorhin wegen diesem Bußgeldbescheid bei Frau T. angerufen, die mir deutlich zu verstehen gab, dass es sich bei diesem Schreiben ganz unabhängig von der Überzahlung um ein Bußgeldverfahren handelt, wobei sich mir die Frage stellt, inwieweit die von mir zu zahlende Summe als Strafe angemessen ist und ich lt. Frau T. sogar 40% "Rabatt" auf den im Bußgeldkatalog vermerkten Betrag erhalten habe.
Ich habe nun zwei Wochen Zeit, gegen den Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen, was lt. Frau T. auch formlos per Mail geschehen kann, obwohl im Brief zu lesen ist, dass der Einspruch mittels einfacher E-Mail unzulässig ist...
Unter "Wichtige Hinweise für den Fall des Einspruchs" ist zu lesen, dass nach einem Einspruch eine für mich nachteiligere Entscheidung (z. B. eine höhere Geldbuße, Ausdehnung des Verfahrens, Abschöpfung des rechtswidrig erlangten wirtschaftlichen Vorteils) getroffen werden kann.
In Anbetracht dieser unverhohlenen Drohung frage ich mich natürlich, ob es Sinn macht, in dieser Sache gegen das Jobcenter vorzugehen, wobei mich allein die Formulierung "rechtswidrig erlangter wirtschaftlicher Vorteil" stört... nur, weil ich verspätet Angaben bzgl. meiner Nebenkosten machte.
Theoretisch könnte das Bußgeld lt. Bußgeldkatalog ja auch noch vielfach höher ausfallen, es handelt sich hierbei offenbar um einen willkürlich festgelegten Betrag, der in meinen Augen aber nicht gerechtfertigt ist, auch wenn mir klar ist, dass er als "Erziehungsgrundlage" gilt. Soll ich nun zahlen oder nicht? Besteht im Fall eines Einspruchs auch nur die kleinste Chance für mich?
Sehr "nett" ist übrigens auch der Hinweis auf Erzwingungshaft am Ende des Briefes:
"Zahlen Sie die Geldbuße nicht fristgerecht [innerhalb von vier Wochen] und legen Sie auch Ihre Zahlungsunfähigkeit nicht dar, so kann das Amtsgericht Erzwingungshaft anordnen (§ 96 OWiG)."
Freundliche Grüße,
Mario