Finanzierung der Selbstständigkeit abgelehnt

  • Hallo,

    ich habe für meine Selbstständigkeit um eine Finanzierung gebeten. Nach einem 3/4 Jahr von lächerlichen Aufgaben und sinnfreien Fragen wurde nun die Finanzierung abgelehnt. Grund: §16c Abs. 3 SGB II

    Tragfähigkeit nach Ermessen. Kann mir jemand verraten, wie man sich dagegen wehren kann, da ich vollkommen realistische Finanzierungspläne und Ideen vorgebracht habe. Was kann ich nach einer Ablehnung unternehmen ?

    Bin für jegliche Hinweise und Tipps dankbar.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!

    Zunächst vorab, es gibt keinen Rechtsanspruch auf Einstiegsgeld

    für eine Existenzgründung. Ob die Voraussetzungen erfüllt sind,

    entscheidet der zuständige Sachbearbeiter des Jobcenter.

    Die Ablehnung lässt erahnen, dass eventuell im Zuge der Existenzgründung

    an einer Stelle die notwendigen Schritte nicht eingehalten wurden.

    Ihr Geschäftsmodell muss durchdacht und ausgearbeitet sein. Es muss belegen, dass Ihre Existenzgründung langfristig erfolgreich sein kann, also „tragfähig“ ist. Sie müssen die Tragfähigkeit Ihres Geschäftsmodells von einer fachkundigen Stelle prüfen und belegen lassen. Das können Kammern, Fachverbände oder Gründerinitiativen sein. Ihr Jobcenter nennt Ihnen die fachkundige Stelle, die für Sie zuständig ist.

    Was kann ich nach einer Ablehnung unternehmen ?

    Nichts! Außer erneut die notwendigen Schritte unternehmen,

    die notwendige Beratung in Anspruch nehmen, von

    fachkundiger Stelle die Tragfähigkeit des Konzepts prüfen

    lassen und bestätigen.


    Empfehlung der fachkundigen Stelle zur selbständigen Tätigkeit

    Die wichtigsten Schritte in die berufliche Selbstständigkeit

    Die Grundlage der Ablehnung auch abschließend betrachtet:

    (1) 1Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, können Darlehen und Zuschüsse für die Beschaffung von Sachgütern erhalten, die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit notwendig und angemessen sind. 2Zuschüsse dürfen einen Betrag von 5 000 Euro nicht übersteigen.

    (2) 1Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit ausüben, können durch geeignete Dritte durch Beratung oder Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten gefördert werden, wenn dies für die weitere Ausübung der selbständigen Tätigkeit erforderlich ist. 2Die Vermittlung von beruflichen Kenntnissen ist ausgeschlossen.

    (3) 1Leistungen zur Eingliederung von erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, die eine selbständige, hauptberufliche Tätigkeit aufnehmen oder ausüben, können nur gewährt werden, wenn zu erwarten ist, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit durch die selbständige Tätigkeit innerhalb eines angemessenen Zeitraums dauerhaft überwunden oder verringert wird. 2Zur Beurteilung der Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit soll die Agentur für Arbeit die Stellungnahme einer fachkundigen Stelle verlangen.

    Gruß

  • Kann mir jemand verraten, wie man sich dagegen wehren kann,

    Fast gar nicht, da bei Widerspruch und Klage nur geprüft würde, ob Ermessen korrekt ausgeübt wurde. Wenn nicht, würde die Ablehnung aufgehoben und der Antrag zur erneuten Entscheidung zurück gegeben werden. Was aber dann trotzdem wieder eine Ablehnung werden kann. Das kann sich über Jahre hinziehen.

  • Die Kurzfassung entsprich in solchen Fällen im Ergebnis der Langfassung:

    Du hast keinen Anspruch auf derartige Leistungen. So Du im Vorfeld keine Zusicherung einer Bewilligung erhalten haben solltest, bleibt allenfalls Überzeugungsarbeit beim Jobcenter.

    Es gibt im praktischen Ergebnis aktuell keine realistische Chance, die Bewilligung derartiger Leistungen gegen ein Jobcenter durchzusetzen, so das Jobcenter es nicht möchte. Eine Ermessensreduzierung auf Null ist bei Selbständigenförderungen kaum zu erreichen.

    Derartige Leistungen sind nicht nur freiwillig sondern liegen im praktischen Ergebnis auch unter Budget- und Haushaltsvorbehalt. Nun sind wir aber vor dem Jahresende, haben aktuell eine Haushaltssperre und für das kommende Jahr stehen erhebliche Kostensteigerungen bei drastischen Kürzungen im Sozialhaushalt an. Das ist ein Ambiente, bei dem das Jobcenter sogar schlicht mit "geänderte allgemeine Rahmenbedingungen" derartige Bewilligungen vom Tisch wischen kann (und möglicherweise sogar muss).

  • Danke für die vielen Anregungen und Tipps an alle!

    Ich bin seit 15 Jahren selbstständig und die Corona-Krise hat viele meiner Stammkunden gekostet. Nun erholt sich die Branche und die Aufträge werden langsam wieder besser, aber ich bekomme vom Jobcenter noch eine Aufstockung. Das komische: Mein Berater war die ganze Zeit auf meiner Seite und meinte, dass ich schon alles gut mache und er mir die Zeit gibt, bis ich wieder auf eigenen Beinen stehe. Nur jetzt brauche ich langsam ein neuen PC und Werbung wollte ich ebenfalls machen. Beides macht Sinn, darum kommt die Ablehnung sehr unerwartet.

    Fast gar nicht, da bei Widerspruch und Klage nur geprüft würde, ob Ermessen korrekt ausgeübt wurde. Wenn nicht, würde die Ablehnung aufgehoben und der Antrag zur erneuten Entscheidung zurück gegeben werden. Was aber dann trotzdem wieder eine Ablehnung werden kann. Das kann sich über Jahre hinziehen.

    Das wäre jetzt meine Frage, ob es sich überhaupt lohnt Widerspruch einzulegen, oder ob ich eher einen neuen Antrag auf Förderung stellen sollte, wo ich etwas weniger Güter / Förderung wähle ? Ob 50€, 500€ oder 5000€ bessere Chancen haben, wie es berechnet wird oder ob es nur auf die Tragfähigkeit ankommt ?

    Was alles ganz konkret wurde dem Jobcenter denn vorgelegt, um die Tragfähigkeit der Selbständigkeit glaubhaft zu machen?

    Gar nichts, es wurden nur etliche Fragen gestellt, die aber nicht konkret auf die Tragfähigkeit hinweisen. Ich musste schriftl. Absagen von Kreditinstituten vorlegen, Absagen von Leasing Firmen und so was in der Richtung. Das hat sich über ein 3/4 Jahr hingezogen und war gar nicht so leicht zu beschaffen, da die Banken und Leasingfirmen überhaupt kein Interesse an mir hatten und dementsprechend auch nicht die Mühe machen wollten überhaupt eine Absage zu schreiben.

  • Gar nichts

    Hier liegt der Fehler. Man muss es schon sachlich mit konkreten Zahlen darlegen. Einige Bemühungen reichen nicht, mögen sie noch so ernsthaft gewesen sein. Der §16c Abs. 3 SGB II spricht von einer Stellungnahme von fachkundiger Stelle. Damit ist in der Regel ein Steuerberater gemeint, der eine betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) erstellen wird. Darin sind dann fundierte Zahlen enthalten, die eine realistische Prognose zulassen. Das Jobcenter hatte im Prinzip überhaupt nichts auf dem Tisch, mit dem man die Zukunftsaussichten des Unternehmens hätte abschätzen können.

  • Das wäre jetzt meine Frage, ob es sich überhaupt lohnt Widerspruch einzulegen, oder ob ich eher einen neuen Antrag auf Förderung stellen sollte, wo ich etwas weniger Güter / Förderung wähle ? Ob 50€, 500€ oder 5000€ bessere Chancen haben, wie es berechnet wird oder ob es nur auf die Tragfähigkeit ankommt ?

    Ich finde es generell schwierig, sowas zu beantworten, wenn man quasi nichts über die ausgeübte Selbstständigkeit weiß, nicht bekannt ist, was beantragt wurde, was an Sachgütern vorhanden ist, welcher Umsatz und Gewinn aktuell erwirtschaftet wird, wie hoch das JC momentan Aufstockung zahlen muss, wie die Entwicklung in den letzten x Jahren aussieht usw.

    Werbung ist nach meinem Dafürhalten kein Sachgut. Angemessene Kosten für Werbung kannst du im Normalfall problemlos als Betriebsausgabe in der EKS geltend machen. PC eigentlich auch und je nachdem, wofür er überhaupt gebraucht wird, ist das auch vom Umfang her kein Hexenwerk. Dass sämtliche Banken einen Kredit für einen seit 15 Jahren Selbständigen ablehnen, spricht eigentlich nicht für dich.

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