Rentenersparnisse als Selbstständiger?

  • Hallo zusammen,

    ich hoffe, ihr könnt mir helfen! Seit 2013 bin ich selbstständig und bin nun leider im zweiten Jahr in der Grundsicherung. Grund waren die Folgen von Corona, ich versuche weiter meine Selbstständigkeit wieder auf Vordermann zu bringen. Rentenpflichtig bin ich nicht, meine einzige Altersvorsorge sind Einzelaktien ein breiter ETF.

    Nun sind die Kurse gestiegen und ich frage mich, bis zu welchem Betrag es nicht mehr angerechnet wird. Ich habe folgendes gefunden:

    (3) Höchstens wird der Betrag nicht berücksichtigt, der dem jährlich in der gesetzlichen Rentenversicherung anfallenden Beitrag für einen Entgeltpunkt (= Beitrag auf Grundlage des Durchschnittsentgelts aller gesetzlich Versicherten, siehe Anlage 1 im SGB VI) entspricht. Aktuell ergibt sich daraus ein Betrag in Höhe von gerundet 8.000 EUR, der von dem als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichneten Vermögen abzusetzen ist.

    Bei 11 Jahren selbst wären es also 88.000 Euro. Ist die Weisung und der Betrag heute noch korrekt? Gelten dabei die angebrochenen Jahre (so ist es ja bei Versicherungen teilweise) - oder vollendete?

    (achtung, der Betrag klingt mehr, als er ist, schließlich hätte man nach 40 Jahren dann "nur" 320.000 Euro und es würde 10 Jahre nach "Renten"eintritt als Selbstst. den Hungertot bedeuten :D aber das ist eine andere Sache. Durchschnittsverdiener haben da oft höhere Beträge drin und bekommen ja jährlich unbegrenzt Geld) Zudem habe ich noch gefunden:

    Ab dem 1. Januar 2023 bleibt während der Karenzzeit von einem Jahr ab erstmaliger Antragstellung ein Vermögen in Höhe von 40.000 Euro für die erste und weitere 15.000 Euro für jede weitere Person einer Bedarfsgemeinschaft geschützt. Nach Ablauf der Karenzzeit gilt für jede Person ein Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro.

    Ich habe also 1 Jahr Grundsicherung, die dann in 1 Jahr Bürgergeld (BWA) überging.

    Bin ich somit jetzt noch in der Karenzzeit des BÜRGERGELDES? Werden somit auf o.g. 88.000 nochmal 40.000 aufgeschlagen?Sehe ich das richtig?

    Und: gibt es sonst noch Beträge, die dort noch draufkommen würden? zB liest man Was tun, wenn die Rente nicht reicht - Die Grundsicherung für Bedürftige noch "Nicht zum Vermögen zählen: Kleinere Barbeträge (Schonvermögen von 10.000 Euro bei Alleinstehenden;"

    Ich bin nun etwas unsicher, wo genau die Grenze jetzt in Summe bei mir liegen würde.

    Der Hintergrund meiner Frage ist, dass meine Aktien (aktuell) sehr sehr volatil sind, teilweise liegen sie also unter 80.000, manchmal kommen sie sogar auf über 100.000. aber können danach halt wieder fallen.

    Hoffe, ihr könnt mir helfen!

    Vielen Dank

    Heiky

  • Bin ich somit jetzt noch in der Karenzzeit des BÜRGERGELDES?

    Nein. Wenn du am 1.1.23 nach ALG2 gleich Bürgergeld bezogen hast, ist das Jahr mit dem hohen Freibetrag vorbei. Bürgergeld ist sowieso nur ein neuer Name für ALG2, nichts weiter.

    Werden somit auf o.g. 88.000 nochmal 40.000 aufgeschlagen?

    Siehe oben, also nein.


    Bei 11 Jahren selbst wären es also 88.000 Euro. Ist die Weisung und der Betrag heute noch korrekt?

    Das ist korrekt. Dazu käme der normale Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro.


    es würde 10 Jahre nach "Renten"eintritt als Selbstst. den Hungertot bedeuten

    Das ist Nonsens. Wenn im Alter dann deine Altersvorsorge aufgebraucht sein sollte, kannst du Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII beantragen. Niemand muss verhungern.


    Und: gibt es sonst noch Beträge, die dort noch draufkommen würden? zB liest man Was tun, wenn die Rente nicht reicht - Die Grundsicherung für Bedürftige noch "Nicht zum Vermögen zählen: Kleinere Barbeträge (Schonvermögen von 10.000 Euro bei Alleinstehenden;"

    Das ist das Schonvermögen für Rentner, also für das SGB XII. Das hat nichts mit Bürgergeld zu tun.

    Ein angemessenes Auto bis 15.000 Euro wäre noch geschützt sowie ein angemessenes und selbstbewohntes Wohneigentum.

  • Danke Tamar für deine Rückmeldung!

    Zitat von Tamar

    Das ist korrekt. Dazu käme der normale Vermögensfreibetrag von 15.000 Euro.

    ok, das heißt 88.000+15.000= 103.000 ?wären auch außerhalb der Karrenzzeit safe?

    Vermutlich wird es aber diskussionen geben, weil die Aktien ja kein explizites Rentenversicherungsprodukt ist, fürchte ich? (auch wenn es ja gesetzlich gemäß 3 Säulen Modell eigentlich zur Altersvorsorge zählt) - oder? Gäbe es da etwas, worauf ich mich argumentativ vorbereiten sollte?

  • Das muss nicht unbedingt als Altersvorsorge deklariert sein. Vorbereitet solltest du nur dahingehend sein, dass diese Zusatzregelung für Selbständige bei vielen SBs im Jobcenter nicht bekannt ist. Außerdem musst du auch tatsächlich von der Rentenversicherungspflicht befreit sein. Das trifft ja nicht auf alle Selbständigen zu.

  • Okay :)

    Und wenn ich drüber kommen sollte aber nicht verkaufe... ist es ja kein Einkommen sondern nur ein vermögen über der Höchstgrenze. Bin ich dann irgendwie verpflichtet zum Verkauf? Oder bleibt sofern ich nichts verkaufe in diesem Bezugszeitraum alles wie es ist und bezieht sich dann nur auf eine mögliche Weiterbewilligung? (die ich nicht beantragen möchte)?


    (Meine Selbstständigkeit schreibt meist rote Zahlen aufgrund von notwendiger Investitionen für meinen Betrieb... daher würde sich selbst ein Teilverkauf bei mir intern sowieso nur mit notwendigen Ausgaben und kein Gewinn rauskommen, sondern maximal eine schwarze Null.)

  • Wenn du Vermögen über dem Freibetrag hast, hast du schlicht keinen Anspruch auf Bürgergeld. Solange, bis der Freibetrag wieder unterschritten wird. Eine Verrechnung mit irgendwelchen Schulden findet nicht statt. Wenn du seit 2 Jahren nur rote Zahlen schreibst, musst du sowieso befürchten, dass man dich über kurz oder lang fragt, wie du das finanzieren kannst. Stichwort "Zweifel an der Hilfebedürftigkeit".

  • mmh... das scheint mir aber schwer nachzuvollziehen.

    zB Monat 1.-3 ist das Depot bei 80.000

    Monat 4 dann bei 105.000 (also 2k drüber).

    Monat 5 und 6 wieder drunter.

    Hatte man dann nur im Monat 4 keinen Anspruch? Oder in allen? Und... es kann ja theoretisch (und auch praktisch) so sein, dass das Depot in einer Stunde von 80k auf 110k steigt und wieder auf 80k zurück fällt... da kann man ja schlecht einen "Stichttag" ausmachen? (und teilweise weiß man ja nicht mal davon)

    Da scheint mir die Gesetzgebung (?) ziemlich diffus und schwer greifbar.

    Zitat von Tamar

    Eine Verrechnung mit irgendwelchen Schulden findet nicht statt.

    Auch nicht, wenn ich zB offene Verbindlichkeiten habe, zB bei meinem Steuerberater der mich seit einem Jahr an 3000 Euro Rechnung erinnert? Wäre ja schon gut, das irgendwie hinzubekommen - schließlich kann das ja wirklich eine schlechte Abwärtsspirale sein, siehe Gerichtsvollzieher

  • Auch nicht, wenn ich zB offene Verbindlichkeiten habe,

    Ja, auch dann nicht. Wenn diese verrechnet werden würden, wäre es im Endeffekt so, dass die Allgemeinheit die Schulden bezahlt. Und es leuchtet doch ein, dass das nicht Sinn der Sozialgesetze sein kann.

  • Kobold

    Nein, die Allgemeinheit zahlt ja keine Schulden, sondern maximal den Bürgergeldbetrag.

    Im selbstständigen Bereich kann man ja oft nur wieder Projekte gewinnen, wenn man investitionen tätigt und Maßgebliche Dinge ändert (nur zum verständnis, ich war nie vor dem aktuellen Bezugszeitraum in Grundsicherung o.ä. Sozialleistung - es geht mir also nicht darum, mal ne normale Flaute auszugleichen ;) )

    Und, was ist mit meinem zuvor in #7 aufgeführter anderer Thematik?

    Viele Grüße!

  • Also ich habe auch diverse Depots und habe da nun wirklich nicht täglich Einsicht über den Wert. Nur bei einem Immobiliendepot kann ich es mit dem Onlinebanking einsehen und solche Schwankungen, wie von dir beschrieben, halte ich für an den Haaren herbei gezogen.

    Fakt ist: sobald dein Vermögen den Freibetrag überschreitet, hast du das dem Jobcenter mitzuteilen. Unterschreitet es den FB wieder, dann kannst du einen neuen Antrag stellen. Das ist klar und eindeutig der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu entnehmen:

    Zitat

    Eine wesentliche Änderung von Vermögen im Laufe eines Kalendermonats ist zu berücksichtigen.

    Und das Vermögen ist zum Lebensunterhalt zu verwenden und nicht zur Schuldentilgung, auch das ist höchstrichterlich geklärt:

    Zitat

    Dass der Verbrauch des Vermögens im Verlauf des September 2013 leistungsrechtlich erheblich ist, ändert nichts daran, dass der Kläger grundsätzlich gehalten war, die ihm zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel in der Bedarfszeit nicht zur Schuldendeckung zu verwenden, sondern, soweit nötig, zur Sicherung seines Lebensunterhalts (BSG vom 19.9.2008 - B 14/7b AS 10/07 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 18 RdNr 25 sowie BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 33/12 R - BSGE 112, 229 = SozR 4-4200 § 11 Nr 57, RdNr 14 zum vorzeitigen Verbrauch einer einmaligen Einnahme; vgl zu den im Antragsmonat bestehenden Obliegenheiten BSG vom 24.4.2015 - B 4 AS 22/14 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 71 RdNr 23).

    Das heißt: machst du dich durch Schuldentilgung vorsätzlich hilfebedürftig, drohen Sanktion und eine Kostenersatzforderung, das heißt, dass du das Bürgergeld, das du wegen der Schuldentilgung erlangt hast, zurück zahlen musst.

  • nur zum verständnis, ich war nie vor dem aktuellen Bezugszeitraum in Grundsicherung o.ä.

    Ach ja:


    bin nun leider im zweiten Jahr in der Grundsicherung.

    2 Jahre sind mehr als nur der aktuelle Bezugszeitraum. Denn der beträgt bei Selbstständigkeit nur 6 Monate und keine 2 Jahre.

    Im Übrigen gilt für Selbständige im SGB II, dass ihr Ausgabeverhalten sich nicht nach steuerrechtlichen Vorschriften bestimmt, womit eben gerade nicht alle Investitionen als Betriebsausgaben berücksichtigt werden müssen.

    Ansonsten solltest du meinen Hinweis auf den Zweifel an der Hilfebedürftigkeit beachten, wenn du schon 2 Jahre lang rote Zahlen ausgleichen kannst.

  • Korrekt, mein Bezugszeitraum ist immre nur 6 Monate, ich habe also 3x WBA eingereicht.

    Zitat von Tamar

    Fakt ist: sobald dein Vermögen den Freibetrag überschreitet, hast du das dem Jobcenter mitzuteilen. Unterschreitet es den FB wieder, dann kannst du einen neuen Antrag stellen

    Deshalb auch Meine Frage: Wenn ich den Wert im Monat Nr. 4 überschreite, habe ich dann nur ab dem 4. Monat keinen Anspruch mehr, oder wird mir dann alles gestrichen bis zur letzten BWA? Oder die kompletten 2 Jahre? Finde ich super schwer zu verstehen


    Und ja, wie du sags: man schaut nicht regelmäßig ins Depot, deshalb bemerkt man änderungen auch nicht immer. das macht es nicht einfacher.

    Solche Schwankungne können übrigens tatsächlich sein. siehe "Skandalaktien" wie Gamestop oder auch wirecard. Sein kann ja alles.


    Die roten Zahlen gleiche ich nicht seit 2 Jahren durch aktien aus, keine Sorge :) Die werden auch nicht roter, sondern bleiben eher konstant.

  • Wenn ich den Wert im Monat Nr. 4 überschreite, habe ich dann nur ab dem 4. Monat keinen Anspruch mehr, oder wird mir dann alles gestrichen bis zur letzten BWA?

    Das habe ich bereits beantwortet:


    Wenn du Vermögen über dem Freibetrag hast, hast du schlicht keinen Anspruch auf Bürgergeld. Solange, bis der Freibetrag wieder unterschritten wird.

    Also nur für die Zukunft, nicht für die Vergangenheit.

    Die roten Zahlen gleiche ich nicht seit 2 Jahren durch aktien aus, keine Sorge

    Sorge? Das wäre ja noch verständlich, wenn ein Rückgriff auf Vermögen erfolgt. Wenn du den Verlustausgleich ohne Rückgriff auf Vermögen schaffst, ist das wesentlich verdächtiger im Hinblick auf die tatsächliche Hilfebedürftigkeit.

    Und das bedeutet dann folgendes:

    Zitat

    Aufgrund dieser Umstände bestehen erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit, wie das SG bereits zutreffend ausgeführt hat. Es ist auch für den Senat in keiner Weise plausibel, wie die Kläger die durch die Ausgaben für die Miete und die im Rahmen der selbständigen Tätigkeit fortlaufend erwirtschafteten Verluste entstandene Deckungslücke geschlossen haben. Unter Berücksichtigung der Angaben der langjährig im SGB II-Leistungsbezug stehenden Kläger hat die Klägerin zu 2) allein im Zeitraum vom 01.09.2014 bis zum 28.02.2015 monatliche Verluste aus der selbständigen Tätigkeit von durchschnittlich 37,18 €, vom 01.03.2015 bis zum 31.08.2015 von monatlich durchschnittlich 193,39 € sowie vom 01.09.2015 bis zum 29.02.2016 von monatlich durchschnittlich 231,72 € erzielt.

    Daher nochmals: dauerhafte rote Zahlen sind irgendwann nicht mehr plausibel. Irgendwann wird das problematisch werden.

  • Ich verstehe.

    Danke.

    Du sagtest ja selbst: Aufs Depot schaut man nur selten drauf.

    Was ist denn, wenn man ein Überschreiten des Vermögens im Monat 4 bemerkt, dieses aber vielleicht schon in Monat 2 aufgetreten ist, ohne dass man es bemerkt hat? Einen Historischen Verlauf zeigt das Depot ja meist nicht, sondern nur den aktuellen Wert?

    Habe ich mich dann wg. eines Versäumnises Strafbar gemacht? oder passiert da dann idR etwas rückwirkend?

    Tut mir wirklich Leid, so viele Nachfragen zu haben... aber es ist ein Wald mit lauter Bäumen...

  • So genau wird da niemand hinschauen. Im Normalfall wird der Vermögenswert zum Zeitpunkt der Antragstellung (Erstantrag und WBA) geprüft. Es dürfte auch stark davon abhängig sein, wie eine mögliche Kenntniss vom Vermögen überhaupt aussieht. Wenn man, wie ich zu meinen Aktienfonds nur einmal im Jahr einen Kontoauszug erhält, kann man nicht wissen, welche Werte im Laufe des Jahres erreicht wurden. Wenn man es aber quasi wie einen Onlinekontoauszug täglich kontrollieren kann, ist das wieder was ganz anderes.

  • Naja, bei mir ist es normal im Konto hinterlegt, ich habs halt einfach "zugeklappt", da es ja als "Rentenersatz" mich nicht täglich/wöchentlich beschäftigen oder beeinflussen soll.

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