Mit dem „Lappen“ ist auch ein großes Stück Freiheit gewonnen. Für viele ist Mobilität ein wichtiger Schritt in Richtung Unabhängigkeit, doch nicht nur im privaten Rahmen ist der Führerschein von Vorteil – in vielen Berufen gilt er als Einstellungsvoraussetzung. Für Bürgergeld Bedürftige ist es kaum bis gar nicht möglich, die Kosten für einen Führerschein aus eigener Tasche zu stemmen. Muss das Jobcenter dafür aufkommen?
Kosten für die Fahrerlaubnis
Die Kosten für einen Führerschein der Klasse B (nach § 6 Abs. 1 S. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung für Kraftfahrzeuge – z.B. Pkw – mit einer zulässigen Gesamtmasse bis 3,5 Tonnen und höchstens 8 Sitzplätzen außer dem Fahrersitz) belaufen sich in 2024 auf etwa. 2.700 bis 4.200 Euro – je nach Bundesland, Anzahl der Fahrstunden etc.
Hier muss auch berücksichtigt werden, dass zu den reinen Führerscheinkosten in der Fahrschule auch noch der Sehtest gemacht werden muss, der 6,43 Euro kostet. Ebenso der Erste-Hilfe-Kurs, der mit bis zu zu 40 Euro zu Buche. Passbilder kosten etwa 10 Euro und ein Führerscheinantrag bei der Straßenverkehrsbehörde kann auch nochmal bis zu 70 Euro kosten.
Beim Staplerschein belaufen sich die Kosten auf etwa 200 bis 350 Euro, je nach Anbieter. Beim Lkw Führerschein liegen die Kosten etwa gleich auf mit denen der Klasse B, können aber auch aufgrund der hohen Kraftstoffkosten nach oben abweichen.
Für Bürgergeld Bedürftige sind diese Preise kaum selbst zu bezahlen. Aus diesem Grund ist eine Kostenübernahme durch das Jobcenter denkbar – einen grundsätzlichen Rechtsanspruch darauf haben Leistungsberechtigte jedoch nicht – es handelt sich um eine Kannleistung des Leistungsträgers.
Führerschein vom Jobcenter: Voraussetzung
Grundsätzlich übernimmt das Jobcenter die Kosten für einen Führerschein der Klasse B nur in den seltensten Fällen. Eine Kostenübernahme für diesen Sonderbedarf ist nur dann möglich, wenn der Führerschein konkret der Beendigung der Arbeitslosigkeit dient. Bei der Beantragung der Kostenübernahme für die Fahrerlaubnis müssen dem zuständigen Sachbearbeiter also sehr triftige Gründe in Zusammenhang mit der Arbeitssuche genannt werden. Die Finanzierung eines Führerscheins liegt dann im Regelfall im Ermessen des Jobcenters. Dass man beispielsweise ländlich wohnt und deswegen einen Führerschein benötigt wird im Regelfall nicht ausreichen.
Wichtig: Besteht die konkrete Aussicht auf einen Job, für den ein Führerschein zwingend notwendig ist, kann die Übernahme der Kosten für den Erwerb einer Fahrerlaubnis der Klasse B als Zuschuss sogar gerichtlich verfügt werden (LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss v. 13.10.2011, Az.: L 15 AS 317/11 B ER). Gemäß § 16 Abs. 1 S. 2 SGB II i. V. m. § 45 SGB III muss die Agentur für Arbeit die erforderlichen „Leistungen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung“ aus dem Vermittlungsbudget erbringen. Hierfür muss dem Jobcenter eine verbindliche Einstellungszusage des potentiellen Arbeitgebers vorgelegt werden. Im genannten Gerichtsverfahren hatte der Kläger eine Einstellungszusage für die Tätigkeit als Bürokaufmann im Außendienst in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis vorgelegt.
LKW und Gabelstapler
Die Chancen für die Kostenübernahme eines LKW-Führerscheins oder Gabelstapler-Führerscheins (sog. Staplerschein) durch das Jobcenter oder Agentur für Arbeit stehen häufig noch besser als bei der Fahrerlaubnis Klasse B. Grund ist einerseits, dass ein solcher Führerschein in den seltensten Fällen eine private Sphäre hat, die sich außerhalb des Berufslebens abspielt. Darüber hinaus können Bürgergeld-Bedürftige sich mit den zusätzlichen Kenntnissen und Fähigkeiten attraktiver für potentieller Arbeitgeber machen und auf diese Weise die Grundvoraussetzungen für konkrete Berufe erfüllen (Kurierfahrer, Berufskraftfahrer etc.).
Angesichts des aktuellen Fachkräftemangels, der sich in den nächsten Jahren noch verschlimmern wird, könnten diese Qualifikationen durchaus von Vorteil für Hilfebedürftige sein.
Auch hierbei gilt: Liegt bereits ein konkretes Jobangebot bzw. verbindliche Einstellungszusage vor, für welche ein LKW- oder Gabelstapler-Führerschein notwendig sind, zahlt das Jobcenter in aller Regel auch den Führerschein, da dadurch die Wahrscheinlichkeit sehr hoch ist, aus dem Bürgergeld Bezug heraus auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.
Antrag auf Führerschein
Ein vom Gesetzgeber offiziell vorgeschriebenes Verfahren gibt es für die Beantragung eines Führerscheins nicht. Wer die Kostenübernahme für den Führerschein beim Jobcenter beantragen möchte, muss zunächst einen Termin mit dem zuständigen Sachbearbeiter vereinbaren. Mit dem Mitarbeiter kann dann ein entsprechender Antrag hinterlegt werden.
Im Gespräch mit dem Jobcenter-Integrationsfachkraft müssen die Gründe, die für eine Bewilligung des Zuschusses zu den Führerscheinkosten sprechen, klar dargelegt werden. Konkret muss hier der Zweck der Erlangung des Führerscheins gemäß den Leistungen der Eingliederung aus dem Vermittlungsbudget (s. § 16 SGB II, siehe oben) und der damit verbundenen besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt genannt werden. Liegt bereits ein konkretes Jobangebot vor, muss dieses unbedingt hier vorgebracht werden, da sonst die Chancen auf eine Kostenübernahme – zumindest für den Führerschein Klasse B – gegen Null laufen.
Antrag auf Führerschein: Welche Unterlagen?
Zu dem Gespräch müssen im Regelfall die folgenden Nachweise mitgebracht werden:
- Auflistung der anfallenden Kosten für den Führerschein (Angebote mehrerer Fahrschulen)
- Nachweis darüber, dass die Kosten nicht aus eigenen Mitteln aufgebracht werden können
- Ggfls. Einstellungszusage für einen Job vom potentiellen Arbeitgeber
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