Der Gesetzgeber sieht mit dem monatlichen Regelbedarf Glücksspiele nicht als abgedeckt. Trotzdem dürfen Bürgergeld Bedürftige Glücksspiel im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten betreiben. Es besteht somit kein Bürgergeld Lotto Spielverbot. Im Falle eines Gewinnes, muss darüber jedoch unverzüglich eine Meldung beim Jobcenter getätigt werden.
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Können Bürgergeld Empfänger vom Glücksspiel ausgeschlossen werden?
Nein, nur im Einzelfall nach vorheriger Anhörung. Ein Wettanbieter verlangte vor ein paar Jahren von Konkurrenten, dass sie nur Wetten von Spielern annehmen, dessen finanziellen Situationen zuvor überprüft wurden. Der Fall landete vor Gericht, doch das OLG Köln entschied, dass ein derartiges Prüfverfahren nicht zumutbar sei (vgl. OLG Köln, 05.08.2011, 6 U 80/11). Zwar steht im deutschen Glücksspielstaatsvertrag, dass arme oder verschuldete Menschen vor dem Glücksspiel geschützt werden müssen, jedoch ist eine allgemeine Sperre aller Bürgergeld Empfänger dadurch nicht zu rechtfertigen.
Gilt Geldgewinn als Einnahme oder Vermögen?
Geldgewinne aus Lotto, Casino, Sportwetten, Poker und Co. zählen als nicht zu versteuernde einmalige Einnahme (BSG, 15.06.2016, B4 AS 41/15 R). Es gelten hier die Bestimmungen des „zu berücksichtigen Einkommens“ (SGB II § 11) und nicht die des „zu berücksichtigen Vermögens“ (SGB II § 12).
Wird Gewinn auf Bürgergeld angerechnet?
Ja, abhängig der Gewinnhöhe muss der Betroffene aufgrund der Anrechnung mit Kürzung der Bürgergeld Leistungen rechnen. Dabei wird das Bürgergeld über einen angemessenen Zeitraum um die Höhe des Gewinns gekürzt – im Regelfall sechs Monate.
Kürzung von zukünftigen Leistungen
Übersteigt der Gewinn die Höhe des Bedarfs mehrerer Monate, so wird die Leistungszahlung vorerst ganz ausgesetzt. Es werden jedoch nie bereits ausgezahlte Leistungen zurückgefordert, sondern ausschließlich die Kürzung von zukünftigen Leistungen durchgeführt. Der betroffene Bürgergeld Empfänger muss in der darauffolgenden Zeit ausschließlich von seinem Gewinn leben.
Warum? Bürgergeld wird zur Sicherung des Lebensunterhalts gezahlt. Wenn ein Leistungsempfänger seinen Lebensunterhalt wieder aus eigenen Mitteln bestreiten kann, sei es durch einen Lottogewinn, besteht rein rechtlich keine Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II mehr.
Grundsätzlich gilt: Alle Einnahmen mit Geldwert, werden auf die Leistungen vom Jobcenter angerechnet. Ausnahmen sind unter anderem Schmerzensgelder (vgl. SG Aachen, 03.02.2009, S 23 AS 2/08), Zuwendungen der Wohlfahrtspflege oder auch Auslandszuschlag bei Soldaten.
Dauer der Anrechnung
Die Kürzung von Leistungen aufgrund einmaliger Einnahmen ist auf einen zusammenhängenden Zeitraum von maximal 6 Monate beschränkt. So heißt es im SGB II § 11 Absatz 3:
„Entfiele der Leistungsanspruch durch die Berücksichtigung in einem Monat, ist die einmalige Einnahme auf einen Zeitraum von sechs Monaten gleichmäßig aufzuteilen und monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen.“
Nach 6 Monaten wird das übrig gebliebene Einkommen zu Vermögen. Wird der Vermögensfreibetrag nach § 12 SGB II nicht überschritten, bleibt der restliche Gewinn verschont und kann nicht mehr angerechnet werden.
Werden Sachgewinne auch auf Bürgergeld angerechnet?
Ja, unabhängig davon ob der Sachgewinn veräußert wird oder nicht.
Vor einigen Jahren hat ein Hartz IV (heute Bürgergeld) Empfänger ein Auto gewonnen, dessen Marktwert auf die Leistungen vom Jobcenter angerechnet wurden (vgl. SG Dortmund, 19.03.2007, S 27 AS 59/07 ER). Der Marktwert muss vom Jobcenter kurz nach Mitteilung des Gewinns berechnet werden. Wird der Gewinn jedoch zum Zeitpunkt der Anmeldung vom Jobcenter nicht berücksichtigt, so darf dieser in voller Höhe und ohne Kürzung behalten werden (vgl. SG Mainz, 06.05.2014, S 15 AS 132/11).
Können Freibeträge bei Geldgewinn abgesetzt werden?
Nein, Freibeträge können ausschließlich von erwerbstätigen Leistungsberechtigen auf Einnahmen aus Erwerbstätigkeit angewendet werden (SGB II § 11 b, Absatz 3). Lediglich eine Berücksichtigung von Verischerungspauschalen und Abszug für die Riester-Rente wären möglich.
Urteile – Anrechnung von Gewinnen bei Hartz IV Empfängern
Anrechnung 500 Euro Gewinn in zwei Monatsbeträgen
LSG Nordrhein-Westfalen, 13.02.2010, L 19 AS 77/09
Ein ALG II Empfänger gewinnt in der Lotterie „Aktion Mensch“ 500 Euro. Der Gewinn wird ihm in 2 Monatsbeträgen a 250 Euro angerechnet. Widerspruch und Klage beim Sozialgericht Detmold blieben erfolglos, ebenso die Berufung. Ihm wurden nur die Kosten des Loses in Höhe von 15 Euro zugesprochen.
Grundsätzliche Anrechnung von Glücksspielgewinnen als einmalige Einnahmen
(BSG, 15.06.2016, B4 AS 41/15 R)
Selbst das Bundessozialgericht (BSG) hat offiziell festgelegt, dass nur der Einsatz für das gewinnbringende Spiel ungekürzt behalten werden kann.
„Glückspielgewinne sind als einmalige Einnahmen auf die Leistung zur Sicherung des Lebensunterhalts anzurechnen, ohne dass hiervon vergebliche Spieleinsätze abzuziehen sind.“
heißt es in dem dazugehörigen Leitsatz.
Anrechnung 300 Euro Sonderpreis für Künstler
SG Mainz, 09.06.2017, S 15 AS 148/16
Ein Künstler erhält 300 Euro Preisgeld, welches laut Gericht nicht vergleichbar mit nicht anzurechnenden Zuwendungen aufgrund besonderer Anlässe oder Verdienste wie Ehrengaben oder dem Künstlerehrensold ist.
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