Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird als Teil der staatlichen Sozialhilfe nach SGB XII geleistet. Die Grundsicherung ist das Pendant zum Bürgergeld (Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II), so gesehen handelt es sich um Bürgergeld für Rentner.
Inhaltsverzeichnis
Wann besteht Anspruch auf Grundsicherung?
Grob kann man sagen, dass Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nur dann geleistet wird, wenn Hilfebedürftigkeit besteht und der Anspruch auf Bürgergeld ausgeschlossen ist – kein Anspruch auf Bürgergeld besteht, wenn Hilfebedürftige das reguläre Renteneintrittsalter erreicht haben oder nicht erwerbsfähig sind. Die Leistungen der Grundsicherung entsprechen allerdings der Höhe des Bürgergeldes samt Wohnkosten sowie Mehrbedarfen und haben Vorrang vor der Sozialhilfe (Hilfe zum Lebensunterhalt).
Unterschiede zwischen Sozialhilfe und Bürgergeld
Um einen Anspruch auf die Grundsicherung zu haben, muss die bedürftige Person zunächst ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Darüber hinaus wird zwischen den beiden Arten von Grundsicherung unterschieden:
Grundsicherung im Alter
Immer häufiger hört man in den Medien den Begriff „Altersarmut“, was nichts anderes bedeutet, als dass Menschen, die auch ihr Leben lang gearbeitet haben, trotzdem nicht genügend Mittel zur Verfügung haben (z.B. Altersrente), um ihren Lebensunterhalt daraus zu bestreiten.
Der Anspruch auf Grundsicherung im Alter nach § 41 Abs. 2 SGB XII besteht für hilfebedürftige Personen ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Eintrittsalter zur Regelaltersrente erreichen.
Hilfebedürftige, die vor dem 01.01.1947 geboren wurden, konnten ab Vollendung des 65. Lebensjahres beantragen. Bei Hilfebedürftigen, die später geboren wurden, ist das Renteneintrittsalter gestaffelt, so dass auch der Anspruch auf Grundsicherung im Alter je nach Geburtsjahr variiert – in 2024 ist der Geburtsjahrgang 1958 bezugsberechtigt:
Eintrittsalter zur Regelaltersrente
Geburtsjahr | Renteneintrittsalter | regulärer Renteneintritt |
---|---|---|
1957 | 65 Jahre + 11 Monate | 12/2022 bis 11/2023 |
1958 | 66 Jahre | 01/2024 bis 12/2024 |
1959 | 66 Jahre + 2 Monate | 03/2025 bis 02/2026 |
1960 | 66 Jahre + 4 Monate | 05/2026 bis 04/2027 |
1961 | 66 Jahre + 6 Monate | 07/2027 bis 06/2028 |
1962 | 66 Jahre + 8 Monate | 09/2028 bis 08/2029 |
1963 | 66 Jahre + 10 Monate | 11/2029 bis 10/2030 |
1964 | 67 Jahre | 01/2031 bis 12/2031 |
Bei der Grundsicherung im Alter ist es unerheblich, ob der Anspruchsberechtigte tatsächlich eine Alters- oder Erwerbsminderungsrente erhält.
Dazu interessant: Alarmierend: 691.820 Menschen bezogen im Juni 2023 Grundsicherung im Alter
Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung
Ob die Voraussetzungen für die Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung vorliegen, wird im Auftrag des Trägers der Grundsicherung (i. d. R. die Stadtverwaltung oder Gemeinde) vom medizinischen Dienst des zuständigen Rentenversicherungsträgers geprüft.
Voraussetzungen für Grundsicherung bei Erwerbsminderung
Die Grundsicherung bei voller Erwerbsminderung nach § 41 Abs. 3 SGB XII wird an hilfsbedürftige Personen gezahlt, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und aus medizinischen Gründen dauerhaft voll erwerbsgemindert sind, also aufgrund von Krankheit oder Behinderung nicht mehr aktiv am Erwerbsleben teilnehmen können.
Unterschiede: Grundsicherung bei Erwerbsminderung und Erwerbsminderungsrente
Anders als die Grundsicherung für Arbeitssuchende (Bürgergeld) wird Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung dementsprechend an Menschen erbracht, die auf Dauer aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sind und die ohne staatliche Hilfe ihre Lebensgrundlage nicht sicherstellen können.
Wann eine Erwerbsminderung vorliegt, ist dem Gesetzestext in § 43 SGB VI zu entnehmen. Nach dessen Wortlaut ist eine Person voll erwerbsgemindert, wenn sie wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit unter den üblichen Umständen des Arbeitsmarktes nicht mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig sein kann.
Wann besteht kein Anspruch auf Grundsicherung im Alter oder bei voller Erwerbsminderung?
Sehr hohes Einkommen von Eltern oder Kindern
Antragsteller haben keinen Anspruch auf die Grundsicherung, wenn das jährliche Gesamteinkommen (Bruttoeinkommen) der Eltern oder Kinder einen Betrag in Höhe von 100.000 Euro überschreitet. Gemäß Urteil des Bundessozialgerichts (BSG Az. B 8 SO 21/11 R vom 25.04.2013) gelten die 100.000 Euro für jeden einzelnen Angehörigen.
Stattdessen Hilfe zum Lebensunterhalt
Sollte der Anspruch auf die Grundsicherung im Alter oder Erwerbsminderung wegen zu hohen Einkommens der Eltern oder Kinder entfallen, besteht stattdessen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt.
Bei der Hilfe zum Lebensunterhalt gibt es, anders als bei der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung, einen Unterhaltsrückgriff. Hier können dann die unterhaltspflichtigen Verwandten ersten Grades – also Eltern und Kinder – in Anspruch genommen werden.
Weiterführende Informationen zum Thema Unterhaltsrecht finden Sie im Ratgeber unterhalt.net.
Weitere Ausschlussgründe
Bei Hilfebedürftigen entfällt auch dann der Anspruch auf Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, wenn
- sie die Bedürftigkeit innerhalb der letzten zehn Jahre vor Antragstellung vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig herbeigeführt haben (§ 41 Abs. 4 SGB XII).
- sie eine ausländische Staatsbürgerschaft haben und Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) beziehen.
- sie sich länger als vier Wochen ohne Unterbrechung im Ausland aufhalten nach Ablauf der vierten Woche, bis sie ihre Rückkehr ins Inland nachweisen (§ 41a SGB XII).
Wie hoch ist die Grundsicherung?
Der Umfang der gewährten Leistungen ist ähnlich ausgestaltet wie beim Bezug von Bürgergeld nach § 20 SGB II und umfasst:
Regelbedarf
Der Regelbedarf der Grundsicherung entspricht dem Bürgergeld Regelsatz, die seit 2024 folgende Werte haben:
- Regelbedarf Haushaltsvorstand: 563 €
- bei volljährigen Partnern jeweils: 506 €
- für Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres: 357 €
- für Kinder ab 7 Jahren bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres: 390 €
- für Kinder ab 15 Jahren: 471 €
Hinweis: Kinder selbst haben keinen Anspruch auf Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung. In diesem Fall kommt es darauf an, ob in der Bedarfsgemeinschaft ein erwerbsfähiger Elternteil wohnt, dann bestünde für diesen sowie die Kinder Anspruch auf Bürgergeld nach SGB II.
Bürgergeld wird 2024 auf 563 Euro steigen
Kosten für Unterkunft und Heizung
Wie beim Bürgergeld werden auch bei der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung die Kosten für Unterkunft und Heizung übernommen (§ 42a SGB XII).
Karenzzeit
Mit dem Bürgergeld wurde in 2023 auch eine Karenzzeit eingeführt, womit im ersten Jahr des Bezuges des Bürgergeldes die Wohnkosten nicht auf Angemessenheit überprüft und stattdessen in tatsächlicher Höhe gezahlt werden. Die Heizkosten werden nur im angemessenem Umfang übernommen. Dabei gilt diese Karenzzeit auch für die Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Nach Ablauf der Karenzzeit wird der Leistungsträger den Hilfebedürftigen auffordern, die Wohnkosten zu senken.
Mehrbedarfe
Zusätzlich werden nach § 42b SGB XII Mehrbedarfe übernommen, die zusätzlich zur Regelleistung erbracht werden, hierzu zählen:
- Mehrbedarf bei Schwangerschaft
- Mehrbedarf bei Alleinerziehenden
- Mehrbedarf bei Behinderung (17% des maßgeblichen Regelsatzes), wenn der Antragsteller gehbehindert ist und einen Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „G“ erhält.
- Mehrbedarf bei kostenaufwändiger Ernährung (bspw. bei krankheitsbedingter Kost)
- Mehrbedarf für dezentrale Warmwasserversorgung (wenn das Wasser über den Strom, z.B. Durchlauferhitzer, aufgewärmt wird.)
Kranken- und Pflegeversicherung
Werden die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung nicht anderweitig übernommen (bei Bezug der Altersrente erfolgt der Abzug der Beiträge direkt bei der Rentenkasse), so werden diese ebenfalls im Rahmen der Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung übernommen (§ 32 SGB XII).
Vorsicht bei der privaten Krankenversicherung
Wer in der PKV versichert ist und hilfebedürftig wird, sollte umgehend einen Antrag bei seiner Krankenversicherung stellen, in den Basistarif eingestuft zu werden. Infolge der Hilfebedürftigkeit wird der Beitrag auf die Hälfte des Beitrags reduziert, der für den Basistarif zu zahlen ist – und dies ist genau der Beitrag, der auch vom Sozialamt übernommen wird.
Achtung: Hier sollten Sie schnell sein und auch auf eine zügige Bearbeitung pochen, denn wenn sie nicht schon im ersten Monat der Hilfebedürftigkeit im Basistarif eingestuft sind, zahlen Sie den regulären Beitrag weiter. Den Differenzbetrag zum Zuschuss des Sozialamtes und dem regulären PKV Beitrag müssen Sie dann aus der Grundsicherung schultern.
Weitere Leistungen
Darüber hinaus können auch weitere Leistungen beantragt werden, die beispielsweise für außergewöhnliche Anschaffungen benötigt werden und nicht aus den Regelleistungen angespart werden können.
Grundsicherung als Darlehen
In Ausnahmefällen kann die Grundsicherung als Darlehen gewährt werden, beispielsweise bei der Übernahme einer Mietkaution für einen notwendigen Wohnungswechsel, der zur Absenkung der Wohnkosten nötig wird.
Übernahme von Mietschulden
Werden bereits Leistungen für Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsminderung oder auch Leistungen nach dem SGB II bezogen, so können auch Mietschulden übernommen werden, wenn dadurch eine Wohnungskündigung oder gar Räumung abgewendet werden kann.
Welches Einkommen wird angerechnet?
Die Grundsicherung wird unter Anrechnung sämtlichen Einkommens gezahlt. Dazu gehören:
- jegliche Art des Erwerbseinkommens
- Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung
- Kapitaleinkünfte
- sonstige Einkünfte
- Wohn- oder Nießbrauchsrechte
- ausgezahlte Renten und Pensionen
- Detail zum Einkommen und Anrechnung: Einkommen beim Bürgergeld
Von der Anrechnung ausgeschlossen ist die Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz sowie zur Hälfte Renten, die für einen Schaden am Körper, Leben oder Gesundheit gezahlt werden.
Erhält der Antragsteller Wohngeld, so mindert dieses den Anspruch auf die Grundsicherung im Alter und bei voller Erwerbsminderung, da dieses bereits für den Wohnbedarf gezahlt wird.
Werden tatsächlich Unterhaltszahlungen geleistet, beispielsweise durch die Kinder oder Eltern, so sind diese als Einkommen auf die Grundsicherung anzurechnen, unabhängig davon, ob die Einkünfte des Unterhaltszahlers 100.000 Euro übersteigen.
Freibetrag bei Grundsicherung im Alter
Seit Januar 2021 gilt ein Rentenfreibetrag für die Grundsicherung im Alter. Weist der Leistungsbezieher 33 Jahre an Grundrentenzeit nach, bleiben maximal 223 Euro der monatlichen Bruttorente anrechnungsfrei.
Wie viel Vermögen wird angerechnet?
Auf die Grundsicherung wird sämtliches Vermögen angerechnet, welches der Antragsteller besitzt. Zu diesem zählen sämtliches Bar- und Sparvermögen, Kapitalanlagen sowie Immobilien- und Grundbesitz. Nicht angerechnet werden ein angemessenes Auto, eine angemessene, selbstgenutzte Wohnung oder Haus sowie gefördertes Altersvorsorgevermögen wie bspw. angesparte Riester-Rente.
Freibetrag Schonvermögen
Bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung besteht ein Freibetrag auf Vermögen – das sog. Schonvermögen. Der Freibetrag beträgt 10.000 Euro pro Person. Für Alleinstehende sind also 10.000 Euro anrechnungsfrei, für Verheiratete bzw. Lebenspartner sind 20.000 Euro anrechnungsfrei. Ist der Leistungsbezieher unterhaltspflichtig kommen weitere 500 Euro Freibetrag pro unterhaltsberechtigter Person dazu. Zusätzlich wird ein angemessenes Kraftfahrzeug bis 7.500 Euro nicht angerechnet.
Im Vergleich zum Schonvermögen beim Bürgergeld gibt es hier große Unterschiede. In der einjährigen Karenzzeit gelten beim Bürgergeld einerseits erhöhte Freibeträge auf das Vermögen beim Haushaltsvorstand und andererseits auch höhere Freibeträge in Höhe von 15.000 Euro je Person der Bedarfsgemeinschaft sowie 15.000 Euro je angemessenes Auto für jede erwerbsfähige Person. Der Freibetrag für Vermögen bei der Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung liegt hingegen bei 10.000 Euro. Im Vergleich zum Bürgergeld werden Bezieher von Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung gegenüber dem Bürgergeld schlechter gestellt, weil einerseits das Schonvermögen geringer und und andererseits das SGB XII keine Karenzzeit für das Vermögen vorsieht.
Übersteigt das Vermögen diese Freibeträge, so wird der übersteigende Betrag mit den Leistungen über den gesamten Bewilligungszeitraum verrechnet und muss zunächst aufgebraucht werden.
Grundsicherung ist abhängig von Einkommen und Vermögen
Da die Grundsicherungsleistungen nur an Hilfebedürftige gezahlt werden, die ihren Lebensunterhalt nicht aus eigenem Mitteln bestreiten können, wird das Einkommen und Vermögen angerechnet. Hierzu zähen auch das Einkommen und Vermögen des
- nicht getrennt lebenden Ehegatten.
- nicht getrennt lebenden Partners einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz.
- Partners einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft.
Antrag und Bewilligungszeitraum
Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung wird für die Dauer von zwölf Monaten bewilligt. Im Rahmen des zu stellenden Folgeantrags wird die Bedürftigkeit erneut überprüft. Der Antrag selbst ist beim zuständigen Sozialamt zu stellen.
Das Formular sowie weitere Informationen zum Folgeantrag finden Sie unter Weiterbewilligungsantrag auf Bürgergeld Leistungen.
Wann wird die Grundsicherung ausgezahlt?
Die Auszahlung der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erfolgt im Voraus für den darauf folgenden Monat. Beim Erstantrag ist zu beachten, dass die Leistungen ab dem Ersten des Monats gewährt werden, in dem der Antrag gestellt wurde – aber nicht vor Beginn der Voraussetzungen.
Beispiele: Haben Sie am 25. Juli den Antrag gestellt, werden die Leistungen ab dem 01. Juli gezahlt. Haben Sie am 25. Juli den Antrag gestellt, erreichen aber das Renteneintrittsalter erst ab August, werden die Leistungen ab dem 01. August gezahlt.
Auch beim Übergang von Bürgergeld zur Grundsicherung im Alter oder Erwerbsminderung werden die Leistungen erst ab dem Folgemonat gezahlt, nachdem der Bürgergeld Anspruch endet.
Titelbild: edric E / shutterstock