In Deutschland kann man zwar mit 16 Jahren schon wählen gehen und ist mit 18 Jahren offiziell volljährig, jedoch gelten beim Jobcenter andere Maßstäbe bezüglich Bürgergeld. Das Jobcenter geht generell davon aus, dass Eltern ihre im selben Haushalt lebenden arbeitssuchenden Kinder finanziell unterhalten. Unter 25 Jährige haben somit nur Anspruch auf Bürgergeld Leistungen, wenn die Eltern keine finanzielle Unterstützung bieten können. Zudem gilt ein Umzugsverbot für Arbeitslose unter 25 Jahre, die im Haushalt der Eltern leben.
Inhaltsverzeichnis
Unterhaltszwang für U25 Jährige
Eltern sind Kindern unter 25 Jahren, ohne abgeschlossene Berufsausbildung und im selben Haushalt lebend gegenüber unterhaltspflichtig. Nach dem SGB II bilden sie eine Bedarfsgemeinschaft. Das gilt ebenso für arbeitslose Kinder unter 25 mit abgeschlossener Berufsausbildung, welche wieder in die elterliche Wohnung zurückziehen.
Mit Einkommen bildet U25 Jähriger eigene Bedarfsgemeinschaft
Sobald das unter 25 Jährige Kind ein eigenes Einkommen erzielt, welches für den eigenen Lebensunterhalt und Unterkunftsanteil der gemeinschaftlichen Wohnung ausreicht, wird der U25 Jährige nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft dazu gezählt. Ab da an gilt dieser nur noch als Teil der Haushaltsgemeinschaft und darf einen höheren Teil des eigenen Einkommens behalten.
Dürfen U25 Jährige Bürgergeld Empfänger aus dem Haushalt der Eltern ausziehen?
Der Auszug aus der elterlichen Wohnung ist nur unter gewissen Voraussetzungen und mit bewilligten Antrag des Jobcenters möglich (§ 22 Abs. 4 SGB II). Die gemeinsame Bedarfsgemeinschaft des jungen Erwachsenen und seiner Eltern unterliegt gesetzlicher Regelungen (§ 7 Abs.2, 3 SGB II). Dadurch findet beispielsweise eine einheitliche Bedürftigkeitsprüfung für Personen in dem gemeinsam wirtschaftenden Haushalt statt und ein Auszug aus dem Elternhaus erfordert die Genehmigung des Jobcenters.
Auszug von U25 Jährigen – Härtefallregelung
Bürgergeld Bezieher unter 25 Jahren dürfen nur ausziehen, wenn gemäß § 22 Abs. 5 SGB II:
- die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
- der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
- ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
(Schwerwiegende) Gründe für Auszug von U25 Jährigen
Die folgenden Gründe werden vom Jobcenter grundsätzlich als Auszugsgrund akzeptiert:
- Gestörte Eltern-Kind-Beziehung
Beziehung hat nie bestanden oder ist dauerhaft gestört. - Gefahr für körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes
Elternteil ist schwer alkoholkrank bzw. psychisch erkrankt - Zerstörung der wirtschaftlichen Grundlagen der Familie durch Herbeiführen des „finanziellen Ruins“
- Pendelzeiten sind nicht zumutbar
Umzug wird genehmigt, damit Ausbildungsplatz erhalten bleibt (LSG Sachsen- Anhalt, Beschluss vom 11.09.2012 – L 5 AS 461/11 B). - Nicht Mitglied einer Bedarfsgemeinschaft zum Zeitpunkt des Auszugs (LSG NRW, Beschluss vom 15.04.2011 – L 19 AS 495/11 B ER).
- Keine Geschlechtertrennung möglich bei Zusammenleben mit Geschwistern in der Wohnung der Eltern (SG Berlin, 07.04.2006 Az: S 53 AS 2004/06 ER)
- Elternteil zieht aus der Wohnung an anderen Ort (LSG Thüringen, 06.02.2007, Az: L7 B 69/06 AS)
Folge Angaben werden nicht als Grund für einen Auszug anerkannt:
- Familiäre Auseinandersetzungen
„Alltägliche und banale Probleme, die auszuhalten und zu lösen durchaus zumutbar erscheint“ (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 28.8.2007 – L 20 B 142/07 AS ER) - Wunsch mit Freund oder Freundin zusammen zuziehen
(LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 19.09.2012 – L 5 AS 613/12 B ER).
Die Listen sind nicht abschließend.
U25 – Umzug ohne Genehmigung
Gemäß § 22 Abs. 5 SGB II betrifft die Regelung jedoch lediglich Erstauszüge. Daher können unter 25 Jährige unter bestimmten Umständen auch ohne die Genehmigung des Jobcenters umziehen bzw. ohne Leistungskürzungen befürchten zu müssen. In folgenden Fällen handelt es sich um keinen Erstumzug:
- Folgeumzüge (wegen Verlust des Ausbildungs- oder Arbeitsplatzes) nach einem einmal genehmigten Erstauszug
- Umzug des Kindes vom einen zum anderen getrennt lebenden Elternteil
- Auszug eines verheirateten Volljährigen, denn mit der Heirat gehört er nach § 7 Abs.3 SGB II nicht mehr zur familiären Bedarfsgemeinschaft. Sie leben mit den Eltern dann nur noch in einer Haushaltsgemeinschaft.
- Auszug junger Volljähriger, die schwanger sind oder ein Kind bis zum 6. Geburtstag betreuen. Sofern der unter 25 Jährige ein eigenes Kind bekommt, bildet dieser mit dem Kind eine eigene Bedarfsgemeinschaft. Dieses darf mit einem Umzug auch in den Wohnverhältnissen gelebt werden. Schwangerschaft begründet somit einen Auszug und verpflichtet den Leistungsträger zur Übernahme der KdU (Sozialgericht Gießen S 26 AS 490/09 ER). Eine Schwangerschaft stellt einen sonstigen, ähnlich schwerwiegenden Grund im Sinne der Nr. 3 dieser Vorschrift dar (SG Berlin, Beschluss vom 19 Juni 2006, Az. S 103 AS 3267/06 ER)
- Auszug der Eltern aus der mit dem jungen Volljährigen bewohnten Wohnung
- Auszug junger Volljähriger, wenn in der elterlichen Wohnung wegen des Nachwuchses oder dem Einzug eines Partners des Elternteils Raumprobleme entstehen.
- Auszug verursacht keine Unterkunftskosten wegen Einzug bei Verwandten.
Antrag auf Umzug für U-25 Jährige
Bürgergeld Empfänger unter 25 Jahre sind dazu verpflichtet, einen Antrag auf Umzug beim Jobcenter zu stellen. Ein Sachbearbeiter prüft dann, ob alle notwendigen Voraussetzungen erfüllt sind bzw. mindestens einer der oben genannte Gründe vorliegt. Daraufhin wird der Antragsteller schriftlich über die Entscheidung informiert, wobei die Zusicherungserklärung ein Verwaltungsakt ist und bei Absage auch eingeklagt werden kann.
Erhalt der Zusicherungserklärung
Bei Genehmigung, darf der unter 25 Jährige aus dem Elternhaus ausziehen und bekommt vom Jobcenter die Miete für die neue eigene Wohnung gezahlt – sofern diese als angemessen erachtet wird. Zudem kommt das Jobcenter ggfs. für Erstausstattung (§ 24 SGB II) der Wohnung und Umzugskosten auf, welche separate Anträge bedürfen.
So hoch darf die Miete mit Bürgergeld sein
Vorsicht: Unterschreiben Sie erst den neuen Mietvertrag, wenn die schriftliche Umzugsgenehmigung vom Jobcenter erteilt und damit die Kostenübernahme zugesichert wurde.
Jobcenter lehnt Antrag auf Umzug ab
Wenn der Antrag nicht genehmigt wird, müssen Sie davon ausgehen, dass das Jobcenter weder die KdU, noch Umzugskosten oder Erstausstattung zahlen wird. Es besteht jedoch die Möglichkeit innerhalb der geltenden Frist Widerspruch gegen die Entscheidung zu erheben.
Keine Antwort auf Antrag erhalten
Sollte das Jobcenter untätig bleiben und auf ihren Antrag nicht reagieren, können Sie als Antragsteller eine Untätigkeitsklage beim Sozialgericht erheben und gleichzeitig den einstweiligen Rechtsschutz nutzen.
Folgen für U25 bei Auszug ohne Genehmigung
Wenn junge Erwachsene unter 25 Jahren einen Erstumzug ohne Zustimmung des Jobcenters vollziehen, drohen finanzielle Konsequenzen:
- keine Übernahme der Unterkunftskosten für eine eigene Wohnung (§ 22 Abs.2a SGB II),
- keine Übernahme der Erstausstattung einer Wohnung (§ 23 Abs.6 SGB II),
- Absenkung des Regelbedarfs von 563 Euro nach Regelbedarfsstufe 1 auf 451 Euro nach Regelbedarfsstufe 3 (§ 20 Abs.2 SGB II).
U25 Auszug mit Genehmigung – Anspruch auf höheren Regelsatz
Solange U-25 Jährige im Haushalt der Eltern leben, erhalten diese monatlich lediglich den verminderten Regelsatz in Höhe von 451 Euro nach Regelbedarfstufe 3. Sobald ein unter 25 Jähriger Bürgergeld Bezieher mit Erlaubnis des Jobcenters in eine eigene Wohnung umzieht, erhöht sich sein Regelsatz auf 563 Euro (Volljährig und Alleinstehend).
Tipps zum Auszug für unter 25-Jährige
Um mit dem Jobcenter keine Probleme zu bekommen, sollte immer nur mit Genehmigung ein Umzug vollzogen werden. Es ist zudem empfehlenswert in eine eigene Wohnung bzw. ein WG-Zimmer mit separaten Untermietvertrag zu ziehen. Schüler können als finanzielle Unterstützung zusätzlich das Schüler BAföG beantragen, wenn sie nicht mehr bei ihren Eltern leben. Falls doch Unstimmigkeiten mit dem Jobcenter aufkommen, sollten Sie zunächst immer eine unabhängige Beratungsstelle aufsuchen.
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