Als Karenzzeit bezeichnet man eine Übergangszeit von einem Jahr ab dem erstmaligen Bürgergeld Antrag. In dieser Zeit gelten erhöhte Freibeträge auf das Vermögen und Ersparnisse sowie das Aussetzen der Prüfung der Angemessenheit der Unterkunftskosten. Ziel ist, dass Hilfebedürftige im ersten Jahr des Bürgergeld-Bezuges nicht direkt mit der Angst vor dem Verlust der Wohnung und der Ersparnisse konfrontiert werden und sich somit der Arbeitsuche widmen können.
Verlängerung der Karenzzeit bei Unterbrechung
Die Karenzzeit verlängert sich, wenn der Leistungsbezug für mindestens einen Monat unterbrochen wird, um den entsprechenden Zeitraum – bei einem Monat ohne Leistung um einen vollen Monat, bei zwei Monaten um zwei volle Monate usw.
Neue Karenzzeit nach 36 Monaten
Wenn mehr als 36 Monate (drei Jahre) keine Bürgergeld Leistungen nach dem SGB II oder Grundsicherung im Alter und Erwerbsminderung nach SGB XII bezogen wurden, beginnt eine neue einjährige Karenzzeit. Dabei gilt im Kontext der Übergangszeit eine Ausnahme: Wird das Bürgergeld aufgrund des Einkommens nur für einen Monat gewährt, greift keine Karenzzeit.
Inhaltsverzeichnis
Schutz des Vermögens
Mit der Karenzzeit werden hauptsächlich zwei Ziele verfolgt. Eines ist der Schutz des Vermögens während der ersten zwölf Monate des Bürgergeld-Bezuges. Der Schutz erstreckt sich allerdings nur auf Vermögen, welche als nicht erheblich eingestuft werden. Hierzu wurden Grenzwerte festgelegt. Als nicht erhebliches Bürgergeld Schonvermögen gelten:
- 40.000 Euro für den Antragsteller
- 15.000 Euro für jede weiter Person in der Bedarfsgemeinschaft
Zusätzlich können nicht ausgenutzte Freibeträge auf andere Personen in derselben Bedarfsgemeinschaft übertragen werden. Der Vermögensfreibetrag ist als Gesamtsumme anzusehen, der sich aus der Anzahl der Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft ergibt. Dies gilt auch nach Ablauf der Karenzzeit, dann gelten für jede Person in der Bedarfsgemeinschaft 15.000 Euro als Schonvermögen.
Beispiel: Die leistungsberechtigte Person besitzt ein Vermögen von 45.000 Euro und die zweite Person in der Bedarfsgemeinschaft 10.000 Euro. In dem Fall würden 5.000 Euro Freibetrag auf die leistungsberechtigte Person übertragen, da die Gesamtsumme 40.000 Euro plus 15.000 Euro (55.000 Euro gesamt) nicht übersteigt.
Wohneigentum wird nicht berücksichtigt
Bei der Ermittlung des Schonvermögens von 40.000 Euro für den Haushaltsvorstand und jeweils 15.000 Euro für jede weitere Person der Bedarfsgemeinschaft werden selbst genutzte Grundstücke, Immobilien oder Eigentumswohnung nicht berücksichtigt, unabhängig ihrer Größe. Nachweise zum Vermögen müssen nur vorgelegt werden, wenn das Jobcenter dazu auffordert. Nach Ablauf der Karenzzeit gelten für selbstgenutztes Wohneigentum folgende Werte:
Anzahl der im Haushalt lebenden Personen | Eigentumswohnung in m² | Eigenheim in m² |
1 – 4 | 130 | 140 |
für jede weitere Person | + 20 | + 20 |
Keine Prüfung der Angemessenheit bei Wohnkosten
Im Rahmen der Karenzzeit wird darauf verzichtet, die Angemessenheit der Wohnung zu prüfen. Das heißt: Die Bruttokaltmiete (Kaltmiete zuzüglich kalter Nebenkosten, ohne Heizkosten) in der einjährigen Karenzzeit wird in tatsächlicher Höhe vom Jobcenter übernommen. Es wird seitens des Leistungsträgers kein Kostensenkungsverfahren eingeleitet, sollte die Wohnung zu groß oder zu teuer sein. Dieser Schritt folgt erst nach Ablauf der Frist von zwölf Monaten ab Erstantrag.
Nur angemessene Heizkosten werden übernommen
Die Karenzzeit gilt nicht für die Heizkosten. Diese werden nur im angemessenen Umfang übernommen. Da sich die Heizkosten unter anderem nach der Größe der Wohnung richten, gilt zunächst:
Richtschnur für die Angemessenheit der Wohnkosten ist in den ersten zwölf Monaten des Leistungsbezugs die tatsächliche Wohnfläche, an denen sich auch die Angemessenheit der Heizkosten orientiert.
Bürgergeld: Heizkosten in der Karenzzeit verursachen Mehrarbeit
Beispiel: Ein Bürgergeld-Bedürftiger ist alleinstehend und bewohnt eine 80 qm große Wohnung. Aufgrund des Verzichts der Angemessenheitsprüfung in der Karenzzeit werden die Wohnkosten für diese Wohnung in tatsächlicher Höhe vom Jobcenter ein Jahr übernommen. Die Heizkosten würden dann als angemessen gelten, wenn sie nicht höher sind als der Durchschnitt in einer 80 qm großen Wohnung.
Nur, wenn die tatsächliche Wohnfläche kleiner sein sollte, als die angemessene Wohnfläche, wird mit der angemessenen Wohnfläche gerechnet.
Hinweis: Das Jobcenter muss in der Karenzzeit für die Wohnungsgröße die angemessenen Heizkosten zahlen, für die es auch die tatsächlichen Wohnkosten zahlt. Wohnt bspw. ein alleinstehender Hilfebedürftiger – wie im obigen Beispiel – in einer 80 qm Wohnung, welche vom Jobcenter bezahlt wird, darf das Jobcenter die Übernahme der Heizkosten nicht absenken, weil z.B. nur 50 qm Wohnfläche für eine Person angemessen wären.
Kostensenkung nach Ablauf der Karenzzeit
Nach Ablauf der Karenzzeit wird das Jobcenter die Bürgergeld-Bedürftigen auffordern, die Wohnkosten auf eine angemessene Höhe zu senken – sei es durch Umzug in eine kleinere Wohnung oder durch Untervermietung. Dieses sog. Kostensenkungsverfahren dauert höchstens sechs Monate ab Beginn bzw. der Kostensenkungsaufforderung. Nach Ablauf bzw. Beendigung des Kostensenkungsverfahrens – und wenn die Leistungsbedürftigen die Wohnkosten schuldhaft nicht gesenkt haben – würde das Jobcenter nur die Wohnkosten für eine angemessen große und teure Wohnung übernehmen – dies gilt dann auch für die Heizkosten, die sich dann an der angemessenen Wohnungsgröße orientieren.
Umzug während der Karenzzeit
Ein grundloser Umzug in eine teurere Wohnung, um von der Karenzzeit zu profitieren, ist ausgeschlossen. Um sicherzustellen, dass das Jobcenter höhere Kosten als die angemessenen als Bedarf für eine neue Wohnung übernimmt, muss im Vorfeld vor dem Umzug und Unterschrift im Mietvertrag die Zusicherung des Leistungsträgers eingeholt werden – anderenfalls werden nur die angemessenen Kosten übernommen.
Gesetzlichen Grundlagen für die Karenzzeit
Gesetzlich verankert ist die Karenzzeit in den §§ 12 und 22 des SGB II. Konkret: § 12 SGB II regelt das beim Bürgergeld zu berücksichtigende Vermögen – auch als sog. Schonvermögen bezeichnet. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden im § 22 SGB II behandelt. Einen separaten Abschnitt, der sich ausschließlich mit der Karenzzeit befasst, gibt es im SGB II nicht.
Quellen: