Alleinerziehende Elternteile, die sich alleine um die Pflege und Erziehung eines oder mehrerer ihrer minderjährigen Kinder kümmern, haben einen Anspruch auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende zusätzlich zum Bürgergeld Regelsatz. Möglich ist der Zuschuss in Höhe von bis zu 337,80 Euro im Monat.
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Höhe des Mehrbedarfs
Der Mehrbedarf für Alleinerziehende wird unter Berücksichtigung von Alter und Anzahl der Kinder in nachfolgender Höhe gewährt. Ausgangswert der Tabelle ist der aktuelle Bürgergeld Regelsatz in Höhe von 563 Euro (Regelbedarfsstufe 1):
Alter / Anzahl der Kinder | Mehrbedarf | Höhe |
---|---|---|
1 Kind bis 7 Jahre | 36 % | 202,68 EUR |
1 Kind über 7 Jahre | 12 % | 67,56 EUR |
2 Kinder unter 16 Jahren | 36 % | 202,68 EUR |
2 Kinder über 16 Jahren | 24 % | 135,12 EUR |
1 Kind über 7 und 1 Kind über 16 Jahren | 24 % | 135,12 EUR |
3 Kinder | 36 % | 202,68 EUR |
4 Kinder | 48 % | 270,24 EUR |
5 Kinder und mehr | 60 % | 337,80 EUR |
Mehrbedarf ist gedeckelt
Unabhängig der Anzahl der Kinder darf der Mehrbedarf für Alleinerziehende 60 Prozent des maßgeblichen Regelbedarfs nicht überschreiten, für 2024 liegt der Höchstbetrag somit bei 337,80 Euro im Monat.
Wie der Deutsche Gewerkschaftsbund ermittelt hat, erhalten rund 41 Prozent der Alleinerziehenden Bürgergeld Leistungen, weshalb dieser Mehrbedarf eine große finanzielle Hilfe ist.
Beispielberechnung mit Mehrbedarf
Alleinerziehende Mutter mit einem Kind im Alter von 6 Jahren, neben dem Bürgergeld ist kein weiteres Einkommen vorhanden. Der Vater zahlt keinen Unterhalt, das Jugendamt leistet Unterhaltsvorschuss. So sieht die Berechnung mit dem Mehrbedarf für Alleinerziehende aus:
563,00 EUR | Regelsatz Mutter |
202,68 EUR | Mehrbedarf Alleinerziehende (36 % von 563 EUR) |
390,00 EUR | Regelsatz Kind |
20,00 EUR | Kindersofortzuschlag |
– 301,00 EUR | Unterhaltsvorschuss Anrechnung |
– 250,00 EUR | Kindergeld Anrechnung |
624,68 EUR | Gesamtanspruch |
Halber Mehrbedarf beim Wechselmodell
Bei getrennt lebenden Elternteilen muss der Mehrbedarf aufgeteilt werden. Werden die Kinder im familienrechtlichen Wechselmodell jeweils zu gleichen Teilen im Monat von beiden Elternteilen versorgt, so erhält jeder Elternteil den Mehrbedarf zur Hälfte. Da Bürgergeld Leistungen immer für 30 Tage gezahlt werden, entsprechend 15/30 je Haushalt bzw. temporäre Bedarfsgemeinschaft.
Der Status des Alleinerziehenden bleibt auch beim familienrechtlichen Wechselmodell erhalten, da zwar beide Eltern zu gleichen Teilen sich das Sorgerecht teilen, betreuen den Nachwuchs aber nicht gemeinsam. Sollte sich das Kind allerdings zu einem überwiegenden Teil bei nur einem Elternteil aufhalten, so steht auch nur diesem Elternteil der Mehrbedarf für Alleinerziehende alleine zu.
Wann habe ich Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende nach SGB II?
Um die Anspruchsvoraussetzungen zu erfüllen, müssen drei Tatbestandsmerkmale erfüllt sein (alle gemeinsam!)
- Räumliche Bedingung – das Zusammenleben mit dem minderjährigen Kind muss vorhanden sein
- Materielle Bedingung – alleinige Versorgung des minderjährigen Kindes
- Immaterielle Bedingung – alleinige Pflege und Erziehung des minderjährigen Kindes
Im Klartext heißt das, dass der alleinerziehende Elternteil mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenlebt und alleine für die Pflege und Erziehung zuständig ist. Hierbei ist nicht zwingend Voraussetzung, dass es sich um den leiblichen Elternteil handeln muss Dieser Mehrbedarf kann auch geltend gemacht werden, wenn der Anspruchsberechtigte Pflegekinder versorgt und auch für diese bereits Pflegegeld erhält.
- Mehrbedarf für Alleinerziehende trotz neuem Partner
- Oma hat Anspruch auf Mehrbedarf für Alleinerziehende
- Mehrbedarf für Alleinerziehende auch bei Wohngemeinschaft mit Verwandten
- Alleinerziehende erhält Mehrbedarf für Kind außer Haus
Babysitter und andere Helfer
Alleine um die Pflege und Erziehung kümmern bedeutet nicht, dass keine Hilfe in Anspruch genommen werden kann. Diese ist für den Mehrbedarf unschädlich, wenn sie geringfügig ist oder gegen Bezahlung (z.B. Babysitter, Großeltern, Tante und Onkel, Freunde) erfolgt.
Mit Urteil unter dem Az. B 4 AS 167/11 R hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ein Mehrbedarfsanspruch auch dann besteht, wenn der/ die Alleinerziehende auch noch mit Eltern und oder Geschwister in einem Haushalt leben. Nach Meinung des Gerichts genügt der bloße Umstand nicht, dass auch andere Familienmitglieder (Großeltern, Tante und Onkel) im selben Haushalt leben und sich theoretisch um die minderjährigen Kinder kümmern können.
Alleinerziehenden Mehrbedarf für Pflegekinder
Pflegekinder gehören nicht zur Bedarfsgemeinschaft und erhalten statt Bürgergeld das Pflegegeld nach § 39 SGB VIII. Dennoch haben Alleinerziehende, die ein Pflegekind in ihrem Haushalt aufgenommen haben und dieses versorgen und erziehen, Anspruch auf den Mehrbedarf für Alleinerziehende, sofern die oberen drei Bedingungen erfüllt.
Quellen:
Fachliche Hinweise zur temporären Bedarfsgemeinschaft (Bundesagentur für Arbeit)
Urteil vom 11.07.2019, B 14 AS 23/18 R (Bundessozialgericht)
Wechselmodell (unterhalt.net)
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