Wer vom Sozialamt oder vom Jobcenter Leistungen zur Grundsicherung bekommt und bei seinem Antrag falsche oder unvollständige Angaben zu seinen Vermögensverhältnissen macht, der muss damit rechnen, diese Gelder später zurückzahlen zu müssen. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Landessozialgerichtes Baden-Württemberg in einem Berufungsverfahren zu einer Entscheidung des Sozialgerichts Karlsruhe. Im fraglichen Zeitraum galten zwar noch die unter dem Stichwort Hartz-IV bekannten Regelungen; der Logik der Sache nach trifft die Rechtsprechung aber auch auf das Bürgergeld zu. Das nicht einzurechnende Schonvermögen beträgt aktuell 40.000 Euro.
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Eigentumswohnung nicht als Vermögen angegeben
Zum konkreten Fall: Die heute 66jährige Klägerin hatte im Jahre 1997 mit ihrem damaligen Ehemann eine Eigentumswohnung zum Preis von 220.000 Euro erworben. Aber nicht nur die Ehe ging in die Brüche, ab 2001 lebten die beiden dauerhaft getrennt. Auch finanziell bekam die Frau Probleme und musste Hartz IV – das heutige Bürgergeld – beantragen. Die bekam sie auch ab 2005 – bis das Jobcenter im Jahre 2018 herausbekam, dass die Frau Mitbesitzerin der vermieteten Eigentumswohnung war. Also forderte die Behörde die stolze Summe von 151.990,73 Euro zurück, die sich aufgrund der falschen Vermögensanrechnung ergab.
Unklare Einkommenssituation
Dagegen klagte die Frau mit Erfolg vor dem Sozialgericht Karlsruhe. Die Richter dort argumentierten vor allem, die Behörde habe sich nicht ausreichend um die Klärung der Vermögensverhältnisse der Klägerin bemüht. Besonders übersichtlich war die Situation der Klägerin tatsächlich nicht. Die Miete für ihre Wohnung zahlte ihr Ex-Mann, dafür bekam sie keinen Unterhalt für ihr Kind. In die erwähnte Wohnung musste renoviert werden, zeitweise stand die Wohnung aber leer, so dass mögliche Mieteinnahmen ausfielen. Dem Sozialgericht stieß außerdem übel auf, dass das Jobcenter sich weigerte, mit den neuen Erkenntnissen eine vollständige Neuberechnung der Leistungen vorzunehmen.
Sozialbetrug schadet allen Bürgergeld Bedürftigen
Im Berufungsverfahren vor dem Landessozialgericht hatten diese Argumente der Klägerin aber keinen Bestand. Die Richter gaben der Berufungsklage vor allem mit der Begründung statt, dass die Klägerin wissentlich falsche Angaben zum Wohneigentum gemacht hatte. Dieser Fehler war grob fahrlässig, dass dies auch den gesetzlich garantierten Vertrauensschutz in einmal getroffene Leistungszusagen der Behörde aufhob. Die Rückforderung des Jobcenters in Höhe von 151.990,73 Euro ist rechtmäßig.
Das LSG hat die Revision vor das Bundessozialgericht nicht zugelassen.
Sozialbetrüger schaden Bürgergeld Bedürftigen
Klar ist, dass durch diesen Richterspruch ein eindeutiger Betrugsversuch vereitelt wurde. Denn wer Mitbesitzer einer Eigentumswohnung ist, der gibt nicht versehentlich an, keine Immobilien zu besitzen – die Täuschungsabsicht ist kaum zu bestreiten. Das gesellschaftliche Problem ist, dass solche Fälle die öffentliche Legitimation von Sozialleistungen gefährden und schnell verallgemeinernd von Sozialschmarotzern die Rede ist. Das Nachsehen haben dann womöglich die, die wirklich Hilfe brauchen.
Sozialbetrug: Bürgergeld-Bedürftige permanent unter Generalverdacht
LSG Baden-Württemberg vom 10.07.2024 – Az.: L 2 AS 1363/22
SG Karlsruhe vom 05.04.2022 – Az.: S 3 AS 870/20
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