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1.200 € Rente erst bei 16,62 € Stundenlohn – Rentenlücke völlig unterschätzt

Armer Rentner zählt wenig Geld auf dem Tisch

1,1 Millionen Rentner arbeiten, um über die Runden zu kommen. 9,3 Millionen Rentner, die monatlich weniger als 1.500 Euro zur Verfügung haben. Kein Wunder, dass die Rente auf der Liste der größten Sorgen der Bundesbürger längst auf einen der vorderen Plätze gerückt ist. Denn eines ist sicher: Altersarmut und damit Grundsicherung im Alter auf Bürgergeldniveau droht immer mehr Verbrauchern. Viele unterschätzen das Risiko und rennen offenen Auges ins Unglück.

Rente ist zu weit weg

Viele achten darauf, was sie heute im Portemonnaie haben – und das ist bei vielen Millionen Bürgergeld Bedürftigen, Minijobbern und prekär Beschäftigten nicht viel. Die Rentenlücke indes scheint noch zu weit entfernt zu sein, als dass man ihr Beachtung schenkt. Zehn, 20, 30 Jahre – da kann zwar viel passieren. Doch wer es unterlässt, die Weichen zu stellen (sofern überhaupt möglich), landet im Alter auf dem Abstellgleis mit dem Namen Altersarmut.

Immer mehr Rentner müssen mit Grundsicherung aufstocken

45 Prozent weniger

Das ZDF hat dazu ein Beispiel berechnen lassen und veröffentlicht. Ein junges Paar, 28 und 29 Jahre alt, sie Medizinische Fachangestellte und er Speditionskaufmann, hat aktuell 4.140 Euro netto im Monat. Bis zur Rente sind es noch 38 Jahre. Den Blick nach vorn wagte Thomas Lang, Berater für Altersvorsorge bei der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Seine modellhafte Rechnung: Im Jahr 2061 bleiben 2.290 Euro. „Das entspricht 45 Prozent, was sie weniger haben als derzeit“, so Lang.

Nur bei optimalem Arbeitsverlauf

Gerechnet wurde ausgehend von einem optimalen Arbeitsverlauf. Kommt eine eigene Familie ins Spiel, mit Elternzeit und gegebenenfalls Teilzeiten, wird die Rentenlücke noch größer. Die Folgen für die Zukunft: Von 100 Euro, die sie aktuell pro Woche für Lebensmittel ausgeben, würden laut Verbraucherzentrale maximal 58 Euro bleiben. Damit hatte das junge Paar nicht gerechnet. Ihr Kommentar: „Das ist übel.“

Nicht jeder kann privat vorsorgen

Daher wird zur privaten Altersvorsorge geraten, wobei die Riester-Rente nur in Ausnahmefällen empfohlen wird (etwa bei vielen Kindern). Doch gleich, auf welchem Weg privat vorgesorgt wird: Dazu muss erst einmal das nötige Geld vorhanden sein. Wer schon jetzt bei Nahrungsmitteln knausern muss, kann nicht mal eben 25 oder 50 Euro in einen ETF-Sparplan investieren. Mit Bürgergeld bleibt ein solcher Sparplan ohnehin Wunschdenken.

Das bleibt bei 16,62 Euro Stundenlohn als Rente

Selbst, wenn man nur wenige Wochen oder Monate auf das Bürgergeld angewiesen war. Diese Zeit reißt ein riesiges Loch in die Rente. Und Menschen, die wenig verdienen, kommen selbst mit harter Arbeit auf keinen grünen Zweig. 45 Jahre Arbeit, 40 Stunden die Woche ergeben bei 16,62 Euro Stundenlohn 1.200 Euro Rente. Zur Erinnerung: Jeder Vierte in Deutschland verdient weniger als 14 Euro pro Stunde.

Rente reicht nicht – mit Wohngeld oder Grundsicherung aufstocken

Lohnniveau befeuert Altersarmut

Dieses niedrige Lohnniveau öffnet die Türen für Altersarmut. Denn die gesetzliche Rente reicht nicht aus und für private Vorsorge bleibt kein Geld. Ein Teufelskreis, in dem sich immer mehr verfangen. Und wer jetzt laut schreit, er lege sich in die soziale Hängematte, weil Arbeit sich nicht lohnt: Dann bleiben auch im Alter nur Leistungen auf dem Niveau des Bürgergelds, weil nicht in die Rentenkasse eingezahlt wird. Das sind keine erstrebenswerten Aussichten.

Über 20 Prozent der Rentner müssen arbeiten

Schaut man sich die jüngsten Erhebungen von Eurostat für das Jahr 2023 an fällt auf, dass in Deutschland überdurchschnittlich viele Ältere im Alter von 65 bis 69 Jahren einer Erwerbstätigkeit nachgehen. Hier liegt die Quote bei 20,5 Prozent, wobei der EU Durchschnitt bei 15,2 Prozent liegt. Im Jahr 2013 gingen nur 13 Prozent der 65- bis 69-Jährigen in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nach.

Bis auf Dänemark mit 27,7 Prozent und Niederlande mit 25,7 Prozent, ist die Erwerbstätigkeitsquote von Rentnern in den Nachbarländern Deutschlands deutlich niedriger, was darauf deuten könnte, dass die Rente in diesen Ländern auskömmlicher oder die Rentenlücke zur ursprünglichen Erwerbstätigkeit nicht so groß ist. So gehen in Tschechien 15 Prozent der Älteren einer Erwerbstätigkeit nach, in Polen sind es 12,0 Prozent, in Österreich 11,1 Prozent, in Frankreich 10,6 Prozent und in Belgien sogar nur 7,3 Prozent.

Titelbild: Stramp / shutterstock