Der Ärger um das 9-Euro-Ticket und die möglichen Rückforderungen durch die Jobcenter ist längst verblasst. Jetzt geht es darum, eine Nachfolgelösung zu finden. Denn das innovative Modell hat sich über die Sommermonate als Erfolg erwiesen. Der Vorschlag, den die Verkehrsminister dazu auf den Tisch gebracht haben, würde ärmere Haushalte jedoch benachteiligen. 49 Euro gehen weit über das hinaus, was im Hartz IV Regelsatz für den Bereich Verkehr vorgesehen ist. Wir haben bereits Anfang September berichtet, als noch unklar war, auf welches Ticket-Modell man sich denn einigen möchte.
Vorschlag der Verkehrsminister
Noch ist hinsichtlich einer Neuauflage des bundesweit gültigen Tickets zwar nichts in trockenen Tüchern. Doch die Verantwortlichen sind zuversichtlich.
„Die Verkehrsministerkonferenz hält in Übereinstimmung mit dem Bund einen Einführungspreis von 49 Euro pro Monat im monatlich kündbaren Abonnement für ein mögliches Angebot“,
heißt es im entsprechenden Beschlusspapier.
Umsetzung zum 1.1.2023
Ziel ist eine schnellstmögliche Umsetzung. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) rechnet mit der Einführung zum 1. Januar 2023. Technisch und inhaltlich seien alle Fragen geklärt. Was noch offen sei, sind die Finanzen, konkret die Finanzierung des Nahverkehrs und die gestiegenen Energiekosten.
Zwei Jahre lang hat das neue Ticket dann Zeit, sich zu bewähren. Danach sieht man weiter. Was an Details bislang feststeht ist: Das 49-Euro-Ticket soll papierlos sein und deutschlandweit gelten.
Regelbedarf wäre 22 Prozent zu niedrig
49 Euro klingen zunächst gut. Aber: Sowohl für Für Hartz IV als auch ab 2023 Hartz V (Bürgergeld) Bedürftige ist das Ticket damit unbezahlbar. Im aktuellen Hartz IV Regelsatz für einen alleinstehenden Erwachsenen wird der Bedarf für den Verkehr mit 40,27 Euro beziffert. Das hieße, man müsste an anderer Stelle 8,73 Euro einsparen.
Oder anders ausgedrückt: Das Ticket ist fast 22 Prozent teurer als der Regelbedarf. Beim künftigen Bürgergeld gibt es für den Verkehr 45,02 Euro. Damit würden 3,98 Euro fehlen (fast 9 Prozent).
Sparen ist nicht möglich
Doch mal eben sparen, ist mit Hartz IV schon lange nicht mehr möglich. Lebensmittel verschlingen schon seit Monaten mehr Geld, als Betroffenen zur Verfügung steht. Beim Strom verhält es sich ähnlich. Und die Preisschraube dreht sich munter weiter, ohne dass echte Hilfe in Sicht wäre. Auch Anlaufstellen wie die Tafeln sind völlig überfordert und müssen selbst sehen, wie es aufgrund der hohen Energiekosten weitergeht.
Keine soziale Teilhabe
„Das 49-Euro-Klimaticket leistet einen Beitrag zur Mobilitätswende, aber nicht zur sozialen Teilhabe“,
sagt daher die Präsidentin des Sozialverbandes VdK, Verena Bentele. Sie hält ein 29-Euro-Ticket für die bessere Lösung. Dann hätten auch Menschen mit wenig Einkommen „weiterhin die Möglichkeit, kostengünstig den ÖPNV zu nutzen“.
29 Euro-Ticket wäre für den Staat nicht teurer
Nebenbei: Ein 29-Euro-Ticket wäre für alle Verbraucher zwar günstiger, für den Staat aber nicht automatisch teurer als die 49-Euro-Lösung. Diese Rechnung führt Greenpeace in der Kalkulation zum Klimaticket „BILLIG IST BESSER“ an. Der niedrigere Kaufpreis würde fast doppelt so viele Menschen für ein solches Ticket begeistern. Das wiederum führe dazu, dass die Kosten trotz Preissenkung im Rahmen blieben. Insofern kann der Vorschlag des VdK nur im Sinne der Regierung sein.
Menschen werden ausgeschlossen
Der Preis ist allerdings nur ein Punkt, über den sich der Verband ärgert. Unverständnis zeigt der VdK auch darüber, dass die Tickets ausschließlich digital sein sollen. „Alle, die kein Smartphone haben, werden es nicht nutzen können“, so Verena Bentele. Das gelte insbesondere für Behinderte, Senioren und generell ärmere Haushalte. Sie würden mal wieder ausgeschlossen.
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