Kritik am Bürgergeld gab es schon lange, bevor das entsprechende Gesetz verabschiedet wurde. Und sie klingt nicht ab. Im Gegenteil: Sie wird immer lauter. Aktuell dreht sich dabei alles um die Anpassung zum kommenden Jahr um etwa 12,2 Prozent. Hiergegen erheben nicht nur Union, FDP und AfD ihre Stimme. Jetzt hat sich erstmals auch eine Jobcenter-Leiterin öffentlich zu den neuen Regelsätzen beim Bürgergeld geäußert. Sie rügt die Erhöhung.
Studie: Arbeit lohnt sich
Obwohl Berechnungen des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung einen klaren Vorteil bei der Arbeit sehen (532 Euro mehr bei einem Single im Vergleich zum Bürgergeld), behaupten viele nach wie vor, dass sich Arbeit nicht mehr lohne.
532 Euro mehr für einen Single: Bürgergeld weniger lukrativ als Arbeit
Jobcenter sehen Anpassung kritisch
Wasser auf die Mühlen der Bürgergeld-Gegner dürften daher jetzt die Worte von Steffi Ebert sein, der Leiterin des Jobcenters Schmalkalden-Meiningen. Sie hat die Bürgergeld-Anpassung im Gespräch mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe scharf kritisiert und ihrem Unmut über den Regelsatz 2024 und die neuen Regeln Luft gemacht.
Sorge: immer mehr Bürgergeldempfänger
Hinsichtlich der Fortschreibung betonte sie:
„Nicht nur ich, auch andere Akteure in der Jobcenter-Welt sehen sie kritisch – gerade auch mit Blick auf das Lohnabstandsgebot.“
Künftig würden noch mehr Menschen Bürgergeld beantragen, weil bei Haushalten mit geringem oder keinem Einkommen der finanzielle Anreiz zur Arbeit fehle. Daran würde auch die Erhöhung des Mindestlohns nicht ändern.
In den vergangenen Jahren sei die Zahl der Bürgergeldempfänger kontinuierlich zurückgegangen. Die neuen Rahmenbedingungen sorgten jetzt dafür, dass die Zahl der Anträge wieder steige (was nachweislich eher auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen ist).
Bürgergeld-Erhöhung 2024: Bundeskabinett gibt grünes Licht
Zu hohe Hürden bei Sanktionen
Auch mit Kritik an den Möglichkeiten, Leistungsminderungen – früher Sanktionen – auszusprechen, hält Steffi Ebert nicht hinterm Berg. Seit der Corona-Pandemie sei es nur noch bedingt möglich, Leistungen zu kürzen. Solche Schritte würden
„an sehr hohe verwaltungsrechtliche und -technische Hürden geknüpft“.
Dadurch vergehe viel mehr Zeit, ehe man Maßnahmen ergreifen könne.
Zu viel Aufwand für Jobcenter
Früher habe man sofort reagieren können. Jetzt gebe es ein Stufen- und ein aufwendiges Verwaltungsverfahren. Es bedürfe vieler Nachfragen und Anhörungen durch die Behörde.
„Wir kommen uns schon manchmal vor wie ein zahnloser Tiger“,
sagt die Jobcenter-Leiterin. Sie vergleicht das Bürgergeld mit einem bedingungslosen Grundeinkommen, weil Fordern lediglich mit viel Aufwand möglich sei. Das sorge für hohe Ausfallquoten.
Damit bestätigt Steffi Ebert die Befürchtungen der Bürgergeld-Kritiker, dass zu viel gefördert und zu wenig gefordert wird. Dabei gibt es zig Studien, die belegen, dass Sanktionen kontraproduktiv sind und nicht dazu führen, Menschen schneller in den Arbeitsmarkt zu integrieren.