Die Ziele für das Bürgergeld hat die Ampel klar abgesteckt. Dabei musste sie zwar das eine oder andere Zugeständnis machen. Hinsichtlich einer der tragenden Säulen der „größten Sozialreform seit 20 Jahren“, der Qualifizierung und Weiterbildung Bürgergeld Bedürftiger, hat man sich jedoch durchsetzen können. Dieser Baustein der Reform tritt am 1. Juli in Kraft und soll Betroffenen die Chance geben, die eigenen Potenziale optimal auszuschöpfen – gefördert und unterstützt vom Staat.
Zweite Stufe des Bürgergelds
Die zweite Stufe des Bürgergelds bringt die umfassendsten Änderungen mit sich und soll das alte Hartz-IV-System endgültig ad acta legen. Neben dem Kooperationsplan als Ersatz für die bisherige Eingliederungsvereinbarung und den neuen Freibeträgen für Erwerbstätige gibt es ab Juli auch ein Weiterbildungsgeld und einen Bürgergeldbonus für alle, die bereit sind, an einer Weiterbildung teilzunehmen.
Potenziale rücken in den Fokus
Das Ziel beider Fördermittel: Die Weiterbildung stärken. Denn genau das hatte man sich mit dem Bürgergeld auf die Fahnen geschrieben:
„Menschen im Leistungsbezug sollen sich stärker auf Qualifizierung, Weiterbildung und Arbeitsuche konzentrieren können, die Potenziale der Menschen und die Unterstützung für eine dauerhafte Arbeitsmarktintegration sollen stärker im Fokus stehen.“
Quelle: Gesetzentwurf der Bundesregierung zum Bürgergeld
Kein Vermittlungsvorrang mehr
Um diesem Anspruch gerecht zu werden, hat die Ampel bereits zum 1. Januar 2023 den Vermittlungsvorrang fallen lassen. Bürgergeld Bedürftige sollen also nicht mehr in jeden Job vermittelt werden, nur um einen Fall weniger zu haben. Stattdessen, so das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, stünden jetzt Weiterbildung und der Erwerb eines Berufsabschlusses im Vordergrund. Oder anders ausgedrückt, so wie im Factsheet des Jobcenters des Landkreises Esslingen:
„Wer eine Ausbildung oder Umschulung machen will, soll intensiv unterstützt werden.“
150 Euro Weiterbildungsgeld
Das Weiterbildungsgeld ist nicht neu und wurde bereits 2016 eingeführt, war allerdings immer befristet. Mit der Einführung des Bürgergeldes wurde diese Leistung entfristet und im § 87a SGB III verankert. Für Ausbildungen bzw. Weiterbildungen, die einen Berufsabschluss zum Ziel haben, gibt es 150 Euro monatlich zusätzlich zum Regelbedarf. Entscheidend ist, dass es sich um eine berufsabschlussbezogene Weiterbildung handelt, also entweder um eine Ausbildung oder eine Umschulung.
Weitere Prämien für erfolgreiche Prüfungen
Unterstützt wird einerseits die Bereitschaft, noch einmal die Schulbank zu drücken. Andererseits wird auch Durchhaltevermögen belohnt. Arbeitnehmer (zu denen auch Bürgergeld-Aufstocker gehören), erhalten nach § 131a SGB III 1.000 Euro für eine bestandene Zwischenprüfung und 1.500 Euro für das Bestehen der Abschlussprüfung (§ 131a SGB III). Wichtig: Wer bereits vor dem 1. Juli eine entsprechende Maßnahme in Angriff genommen hat, soll ebenfalls Weiterbildungsgeld zusätzlich zu den Prämien erhalten. Wie das Weiterbildungsgeld, ist auch die Prämie für Prüfungserfolge nicht neu – wurde aber auch mit der Einführung des Bürgergeldgesetzes entfristet.
Prämie wird nicht auf Bürgergeld angerechnet
Die Prämien für bestandene Zwischen- sowie Abschlussprüfungen werden nicht als Einkommen auf Bürgergeld angerechnet. Mit dieser Thematik hatte sich der Deutsche Bundestag bereits 2020 befasst.
75 Euro Bürgergeldbonus
Manchmal reicht es schon, mit einfachen Maßnahmen das eigene Profil zu schärfen und damit die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Auch hierfür ist beim Bürgergeld gesorgt: mit einem Bürgergeldbonus in Höhe von 75 Euro. Gewährt wird der Bonus für die Teilnahme an nicht berufsqualifizierende Maßnahmen, für die kein Weiterbildungsgeld gezahlt wird und die für eine nachhaltige Integration von Belang sind.
Ausführliche Informationen finden Sie im gesonderten Artikel: Bürgergeldbonus
Die Vorgaben für den Bürgergeldbonus sind ab 01.07.2023 in §16j SGB II hinterlegt. Die Maßnahmen selbst sollen von der Integrationsfachkraft und dem Bürgergeld Bedürftigen im Kooperationsplan festgehalten werden – ein gesonderter Antrag auf den Bürgergeldbonus ist nicht notwendig, da sich die Leistungen bereits aus dem Kooperationsplan ergeben. Laut Entwurf der Regierung gilt das für:
- Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung, wenn die Maßnahme eine Mindestdauer von acht Wochen hat und für die Maßnahme kein Weiterbildungsgeld gezahlt wird.
- Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen.
- Maßnahmen zur Förderung schwer zu erreichender Jugendlicher.
Bürgergeld: Ab 01.07.2023 fast 50 Euro mehr für Erwerbstätige
Licht und Schatten
Viele Bürgergeld Bedürftige haben bereits mehrere Ausbildungen. Sie scheitern bei der Arbeitssuche daher nicht an mangelnder Kompetenz. Oft sind es das Alter oder Krankheiten, die Arbeitgeber abhalten, Betroffene einzustellen. Für alle anderen, denen Ausbildungen bislang verwehrt blieben, weil Niedriglohnjobs oder Zeitarbeit Vorrang hatten, bieten die neuen Regeln echte Chancen – sofern die Jobcenter mitspielen und die Klaviatur vollumfänglich nutzen.