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Absurde Kleinrechnerei beim Bürgergeld

Hand mit Kleingeld

2,08 Euro monatlich für eine Waschmaschine? Die Zahlen beim Bürgergeld seien nicht gewürfelt – betont Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD), wenn wieder Kritik an den Regelsätzen laut wird. Nur leider macht das Zahlenwerk genau diesen Eindruck. Die Werte sind oftmals realitätsfremd und sorgen dafür, dass Bürgergeld Bedürftige ihre Sparschweine jahrelang füttern müssen, bis sie „fett“ genug sind. Diese Einschätzung wurde auch schon von Gerichten geäußert.

2,08 Euro für Waschmaschine und Trockner

Ein Beispiel: die sogenannte weiße Ware. Haushaltsgeräte wie Kühlschrank, Gefriertruhe, Waschmaschine, Trockner und Geschirrspüler sind beim Bürgergeld allesamt im Regelbedarf enthalten. Maßgeblich dafür, welche Beträge berücksichtigt werden, ist das RBEG oder Regelbedarfsermittlungsgesetz. Die Berechnungen fußen auf der Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter sowie Einkommens- und Verbrauchsstichproben. Um ein realistisches Bild zeichnen zu können, werden hierbei nur die einkommensschwächsten 15 Prozent der Einpersonen- und die untersten 20 Prozent bei Familienhaushalten berücksichtigt.

Das Ergebnis im Jahr 2024 für Kühlschrank und Gefriertruhe: Monatlich sieht der Bürgergeld Regelbedarf für beide Geräte bei einem alleinstehenden Erwachsenen 2,14 Euro vor. Waschmaschine, Trockner und Geschirrspüler kommen – wohlgemerkt in Summe und nicht je Gerät – auf 2,08 Euro monatlich. Wobei man davon ausgehen kann, dass im Sinne des Bürgergeldes Geräte wie eine Gefriertruhe, ein Wäschetrockner und Geschirrspüler eher unnötige Luxusgeräte sind.

Jahrelang sparen für neue Geräte

Würde man das Geld für die Waschmaschine in besagte Spardose stecken, summierten sich in einem Jahr 24,96 Euro. Kauft man ein altes, gebrauchtes und gleichzeitig stromfressendes Gerät für 100 Euro, müsste man bereits vier Jahre lang Monat für Monat 2,08 Euro zur Seite legen. Bei einem Neugerät, sehr günstige Modelle sind ab etwa 200 Euro zu haben, wären es schon 8 Jahre Sparen. So lange kann niemand auf eine neue Waschmaschine warten, wenn die alte kaputt gegangen ist.

GebrauchsgegenstandRegelbedarfsrelevante
Verbrauchsausgaben
Kühlschrank, Gefriertruhe2,14 Euro
Waschmaschine, Trockner, Geschirrspüler2,08 Euro
Quelle: Referentenentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
„Entwurf eines Gesetztes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie des Asylbewerberleistungsgesetzes“

Keine Beachtung finden hierbei die immensen Stromkosten für Kühlschränke, Waschmaschinen und Co. Qualitativ niedrigere Geräte sind dabei zwar günstiger in der Anschaffung, kosten allerdings mehr Strom. Die Stromkosten werden jedoch bei der Ermittlung des Regelbedarfs weiterhin niedrig angesetzt. Bürgergeld Bedürftige geraten auf diese Weise in eine staatlich geförderte Armutsspirale, aus der es sich nur schwer entfliehen lässt.

Bundessozialgericht warnt vor Unterdeckung

Vor genau diesem Problem stand ein Bürgergeld Bedürftiger. Der Vermieter hatte die Waschmaschine vorgestreckt und erwartete die Rückzahlung binnen eines Monats. Der Leistungsempfänger bat das Jobcenter um einen Zuschuss, erhielt aber eine Absage. Dafür gab es einen Tadel vom Sozialgericht Kiel (Aktenzeichen S 35 AS 35/22, Urteil vom 14. März 2023).

Bürgergeld Urteil: Jobcenter muss neue Waschmaschine bezahlen

Die zuständige Richterin betonte, es bestehe ein Mehrbedarf aufgrund eines unabweisbaren, besonderen Bedarfs und weil ein Darlehen unzumutbar sei. Gleichzeitig erklärte sie, das Jobcenter könne den Bürgergeld Bedürftigen nicht darauf verweisen, den Kauf durch Ansparen zu finanzieren. Entscheidend aber: Die Datengrundlage für die Berechnung existenzsichernder Leistungen sei nicht hinreichend aussagekräftig. Schon das Bundesverfassungsgericht habe bei Konsumgütern, die nicht regelmäßig neu gekauft werden, auf die Gefahr einer Unterdeckung verwiesen (Beschluss vom 23. Juli 2014, 1 BvL 10/12, 1 BvL 12/12 und 1 BvL 1691/13, juris).

Leben unter dem Existenzminimum

Selbst wenn vom Leistungsträger ein Jobcenter Darlehen gewährt wird – welches darüber hinaus hohe Hürden hat und an das Ermessen des Jobcenters gekoppelt ist – damit man eine neue oder gebrauchte Waschmaschine anschaffen kann: Für die Rückzahlung werden monatlich 5 Prozent des Regelbedarfs aller volljährigen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft einbehalten. Bei einem Single wären das 28,15 Euro im Monat (ausgehend von 563 Euro). Das sind 26,07 Euro mehr als der Regelbedarf für die Waschmaschine monatlich vorsieht. Bei einem 200-Euro-Gerät dauert die Rückzahlung über sieben Monate.

Eine lange Zeit, in der man sich stark einschränken und – was viele gerne übersehen – mit einem Betrag unterhalb des Existenzminimums auskommen muss. Wenn dann auch noch der Kühlschrank den Geist aufgibt – prost Mahlzeit.

Bild: Damian Miszewski/ shutterstock

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