Von wegen, gleiches Recht für alle. Wer älter ist, darf von den Bürgergeld-Neuerungen offenbar nicht mehr viel erwarten. Das ist selbst dann der Fall, wenn man als Betroffener auf den von der Ampel initiierten Zug namens „Qualifizierung und Weiterbildung“ aufspringt und sich bemüht, künftig nicht mehr auf das Jobcenter und das Bürgergeld angewiesen zu sein. Oder warum gilt der erhöhte Grundfreibetrag für Auszubildende nur für unter 25-jährige?
Inhaltsverzeichnis
Weiterbildung stärken
Zur Erinnerung: Im Koalitionsvertrag verspricht die Regierung, Weiterbildung und Qualifizierung weiter zu stärken. Diese Aussage findet sich später auch im Entwurf für die Hartz-IV-Reform wieder. Ziel der Einführung des Bürgergelds sei es demnach, die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu schaffen, dass Menschen im Leistungsbezug sich stärker auf die Qualifizierung und Weiterbildung konzentrieren können.
Vorteil nur für jüngere Betroffene
So weit, so gut. Dazu passt es allerdings gar nicht, dass teilweise Altersgrenzen gezogen werden. „Sozi Simon“, seines Zeichens Sozialarbeiter und Bürgergeldexperte, stellt daher auf Twitter die berechtigte Frage:
„Warum wurde der erhöhte Azubi-Grundfreibetrag nach §11b Abs2b SGB II eigentlich auf unter 25-jährige eingeschränkt?“
Dieser Anreiz werde bei Älteren, die keine Ausbildung oder nur eine „entwertete Quali“ hätten, nicht gesetzt. Dabei seien Umschulungen teurer und außerdem schlechter.
Lesetipp: 48 Euro mehr Bürgergeld für Aufstocker
„Ältere“ gucken in die Röhre
Dazu nennt der Experte, der immer wieder mit wertvollen Tipps für Betroffene aufwartet, ein Beispiel: Ein 30-jähriger Familienvater arbeitet als Bauhelfer und muss mit dem Bürgergeld aufstocken. Zwar besteht die Möglichkeit, in der Firma eine Ausbildung zum Installateur zu machen. Das ginge jedoch mit finanziellen Verlusten einher. Daher entscheidet sich der Bauhelfer gegen die Ausbildung und ist weiterhin auf das Bürgergeld angewiesen.
Widersprüchliche Leistungen
Offenbar hält man es für eher unwahrscheinlich, dass jemand, der älter ist als 25 Jahre, noch mit einer Ausbildung beginnt. Anders lässt sich dieser Schnitt nicht erklären. Zwar hat man sich auf einen 75 Euro Bürgergeld-Bonus und ein Weiterbildungsgeld in Höhe von 150 Euro geeinigt. Dabei geht es allerdings um abschlussbezogene Weiterbildungen und Maßnahmen, die helfen sollen, unter anderem eine Ausbildung zu finden.
Keine Chancengerechtigkeit
Nur was bringt das, wenn man dann als 30- oder 40-Jähriger während der Ausbildung schlechter gestellt ist als ein 24-Jähriger. Vielleicht sollte die Ampel ihre Aussagen zur Chancengleichheit noch einmal überdenken:
„Die Bundesregierung hat sich daher zum Ziel gesetzt, die Grundsicherung für Arbeitsuchende mit der Einführung eines Bürgergeldes zu erneuern, um mehr Chancengerechtigkeit und gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.“
Titelbild: goodluz / shutterstock.com