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Stigmatisierung: Hört endlich auf mit den Bürgergeld-Vorurteilen

Fauler Mann mit Bier und Tablet auf Sofa - Vorurteile Bürgergeld Bedürftige

Ob Hartz IV oder jetzt das Bürgergeld: Wer darauf angewiesen ist, wird immer öfter stigmatisiert und angefeindet. Wenn nicht persönlich, dann über die sozialen Medien. Traurigerweise wird die angespannte Situation von der Politik genutzt, um Stimmung zu machen. Im Rahmen der Debatte um eine Kindergrundsicherung haben sich jetzt 51 Akteurinnen und Akteure zusammengefunden. Sie appellieren, gegenüber Armutsbetroffenen Haltung zu zeigen und ihnen vorurteilsfrei zu begegnen.

Schimpfwort Hartz IV

Hartz IV war von Anfang an ein Schimpfwort, aus dem sich so nette Umschreibungen wie Hartzer entwickelt haben. Wer nun glaubt, der Ton gegenüber Betroffenen habe sich mit dem Bürgergeld geändert, irrt gewaltig. Die Ankündigung, höhere Regelsätze zu zahlen – 53 Euro mehr für einen Single und damit statt 449 jetzt 502 Euro – und weniger streng sein zu wollen, hat eher das Gegenteil bewirkt.

Falsche Vorstellung vom Bürgergeld

Jetzt glauben alle, wer auf das Bürgergeld oder andere Sozialleistungen angewiesen ist, lebt wie die Made im Speck. Dass es sich beim Bürgergeld um das Existenzminimum handelt, die Inflation jeden Cent der Regelsatzanpassung geschluckt hat und Betroffene nach wie vor sanktioniert werden, geht dabei völlig unter. Stattdessen zeigen Medien plakativ, wie man für eine Woche mit dem Bürgergeld über die Runden kommt (was sehr lebensnah ist), und fordern Politiker mehr Druck und den Zwang zur Arbeit.

Faul und nicht arm – Verband widerlegt Bürgergeld Stereotype

Angst vor eigenem Absturz

Diese Aussagen fallen inzwischen auf sehr fruchtbaren Boden, der getränkt ist von Angst. Corona, Inflation, Krieg – all das macht auch der Mittelschicht zu schaffen. Sie bröckelt langsam weg Richtung Armut. Und genau davor fürchten sich immer mehr. Aber: Statt eine neue Steuerpolitik zu fordern, die etwa hohe Vermögen stärker besteuert als Arbeit, oder sich für faire Löhne zu engagieren, sucht man die Schuld bei den Bürgergeld-Buhmännern.

Faul und arbeitsscheu

Das geht einher mit einer Reihe von Vorurteilen. Ganz oben auf der Liste stehen

  • „faul und arbeitsscheu“
  • „sind doch alle selbst schuld“
  • „sollen weniger rauchen und saufen“
  • „lassen sich von uns aushalten“

etc.

Dagegen wurde jetzt ein gemeinsamer Appell des Ratschlags Kinderarmut veröffentlicht.

Armut ist ein strukturelles Problem

„Armut ist kein individuelles Versagen, sondern ein strukturelles Problem“, heißt es in dem Schreiben, das von 51 Vereinen, Verbänden und Wissenschaftlern unterzeichnet wurde. Sie erinnern daran, dass Menschen trotz Erwerbsarbeit auf ergänzende Sozialleistungen angewiesen sind und betroffene Familien häufig mit schlechten Rahmenbedingungen zu kämpfen haben, wie niedrigen Löhnen und prekären Beschäftigungen.

Ausgegrenzt und beschämt

Die Armut der Eltern setze sich bei Kindern fort und sorge dafür, dass man sich ausgegrenzt und beschämt fühle. Daher gelte: Statt Misstrauen und Vorurteilen bräuchten von Armut betroffene Haushalte Solidarität, Wertschätzung, Unterstützung und Chancengleichheit. Das Problem:

„Es sind diese stigmatisierenden Denkweisen, falschen Armutsbilder und irreführenden Informationen, die dringend notwendige politische Reformen und Lösungen verhindern.“

Die nächsten 12 Monate werden für Bürgergeld Bedürftige noch härter

Bild: Burdun Iliya/ shutterstock.com

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