Mit der Nahtlosigkeitsregelung hat der Gesetzgeber eine Lösung geschaffen, damit Betroffene im Krankheitsfall Arbeitslosengeld (ALG I) erhalten, obwohl sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Das entbindet Leistungsempfänger jedoch nicht davon, sich an die Spielregeln zu halten. Dazu gehört, der Arbeitsagentur bei einem Umzug rechtzeitig die neue Anschrift mitzuteilen. Anderenfalls darf die Bundesagentur Leistungen zurückfordern – sagt das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (Az. L 11 AL 20/23).
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Antrag auf Arbeitslosengeld
Der Fall: Eine 1996 geborene Frau hatte eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten absolviert, wurde aber krank. Als das Krankengeld auslief, meldete sie sich arbeitslos und bestätigte, dass sie das Merkblatt 1 für Arbeitslose erhalten hat. Darin wird unmissverständlich erklärt, dass jeder Umzug vorab gemeldet werden muss. Bis dahin lief alles rund. Das Arbeitsamt ging von einer langfristigen Leistungsunfähigkeit aus und verlangte von der Betroffenen, einen Reha-Antrag zu stellen. Dem kam die Frau auch nach und machte eine Reha.
Rückforderung des Jobcenters
Der Ärger begann am 18. Dezember 2019. Da teilte die Frau der Arbeitsagentur mit, dass sie am 1. September 2019 umgezogen sei. Daraufhin wurde das Arbeitslosengeld vorläufig eingestellt. Die Leistungsempfängerin musste sich erneut arbeitslos melden. Überdies erhielt sie eine Rückforderung für die Zeit ab dem 2. September 2019 über 1.269,14 Euro. Dass dabei keine Angaben zur Rechtsgrundlage gemacht wurden, stieß nach erfolglosem Widerspruch zwar dem Sozialgericht Hannover (Az. S 9 AL 55/20) bitter auf. Das Landessozialgericht indes sah darin keinen gravierenden Fehler und hob das erstinstanzliche Urteil auf.
Merkblatt hatte über Pflichten informiert
Die Richter betonten, die Klägerin sei gemäß §60 SGB I verpflichtet gewesen, dem Amt unverzüglich die neue Wohnanschrift mitzuteilen. Sich auf Umzugsstress zu berufen, zähle nicht – schon gar nicht, wenn man sich erst zweieinhalb Monate nach dem Umzug melde. Denn es gelte: Die neue Anschrift muss vor dem Umzug mitgeteilt werden. Auch den Hinweis, dass die Anschrift im Schreiben der Reha-Einrichtung stand, ließen die Richter nicht gelten. Die Frau habe zumindest grob fahrlässig gehandelt und gegen Meldepflichten verstoßen. Sie sei mehrfach, so auch über das Merkblatt, auf die Vorschrift hingewiesen worden.
Subjektive und objektive Verfügbarkeit
Dabei sei es unerheblich, dass sie im Rahmen der Nahtlosigkeitsregelung nicht vermittelt werde und keine Aufforderungen für Bewerbungen erhalte. Die Nahtlosigkeitsregelung fingiere nur die objektive Verfügbarkeit. Die subjektive Verfügbarkeit sei davon nicht betroffen. „Alle vom gesundheitlichen Leistungsvermögen unabhängigen Tatbestandsvoraussetzungen müssen dagegen tatsächlich vorliegen“, heißt es in der Urteilsbegründung. Das heißt: Beruht der Wegfall der Verfügbarkeit auf einem anderen Grund – hier der nicht gemeldete Umzug – entfalle der Anspruch auf Arbeitslosengeld. Dagegen spreche auch nicht, dass die Anhörung erst im März 2023 und damit nicht in der Jahresfrist erfolgte. Denn die Jahresfrist gelte nicht für die Nachholung einer Anhörung.
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