Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer. Nicht nur in fernen Ländern leiden Menschen darunter, auch in Deutschland wird Armut immer mehr zum bundesweiten Problem. Armutsforscher Christoph Butterwegge sieht dringenden Handlungsbedarf.
Kluft zwischen Arm und Reich wächst
„Die Reichen werden reicher und die Armen werden ärmer“ – EU-Kriterien folgend sind etwa 13,4 Millionen Deutsche arm oder armutsgefährdet, erklärt Armutsforscher Christoph Butterwegge im Interview mit ZDFheute. Derweil wächst die Kluft zwischen Arm und Reich hierzulande unentwegt weiter. Schuld sei ein grundlegender Fehler im System. In einem Land, in dem Superreiche ihre materiellen Interessen konsequent durchsetzen, sei eine Umverteilung des Reichtums „von oben nach unten“ nicht möglich.
Armut nicht nur in Entwicklungsländern
Wer jetzt denkt, Armut sei nur in Entwicklungsländern zu finden, irrt gewaltig:
„Da es schon vor der Covid-19-Pandemie nicht weniger als 678.000 Wohnungslose und 41.000 Obdachlose in der Bundesrepublik gab, existiert auch bei uns absolute, extreme Armut“, so Butterwegge gegenüber ZDF.
13,4 Millionen Deutsche leben in Armut
13,4 Millionen Deutsche haben monatlich weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens zur Verfügung. Für Alleinstehende bedeute das ein Monatseinkommen von 1.074 Euro.
„Diese relative Armut ist ebenfalls entwürdigend und demütigend. Wenn ein Jugendlicher im tiefsten Winter mit Sommerkleidung und Sandalen auf dem Schulhof steht und von seinen Klassenkameraden ausgelacht wird, leidet er darunter vermutlich sogar mehr als unter der Kälte“.
Hartz IV System muss reformiert werden
Die Gründe für diese besorgniserregenden Entwicklungen sieht Butterwegge zum einen in der Deregulierung des Arbeitsmarkts durch die Regierung und den dadurch entstandenen Ausbau des Niedriglohnsektors. Zum anderen sei der Sozialstaat stückweise abgebaut worden.
Um den Sozialstaat zu stärken, müsste er grundlegend reformiert werden. Vor diesem Hintergrund kritisiert Butterwegge vor allem der Hartz IV Regelsatz. Aus seiner Sicht müsse eine solidarische Bürgerversicherung die Grundsicherung in ihrer aktuellen Form ersetzen, „die den Namen im Unterschied zu Hartz IV wirklich verdient“.
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