Wer arm ist, muss im Dunkeln sitzen. Im Jahr 2019 wurde fast 300.000 Haushalten vom Versorger der Strom abgeklemmt. Der Grund: Sie konnten ihre Rechnungen nicht bezahlen.
289.000 Stromsperren
Lebensmittelkönnen nicht gekühlt werden, es gibt kein warmes Wasser und die einzige Lichtquelle ist Kerzenschein – beschrieben wird hier nicht etwa der Alltag im Mittelalter, sondern die bittere Realität von fast 300.000 Bürgern der Bundesrepublik im Jahr 2019. Laut Bericht der Bundesnetzagentur zum Energiemarkt, der der dpa vorliegt, wurde vergangenes Jahr 289.000 Haushalten zeitweilig der Strom abgestellt, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlen konnten.
Stromsperre ab 100 Euro Zahlungsrückstand
Die gesetzlichen Grundlagen sind knallhart. Bereits ab einem Zahlungsrückstand von 100 Euro müssen Verbraucher mit einer Stromsperre rechnen. Versorger sind verpflichtet, die Sperre 4 Wochen vorher schriftlich anzukündigen und Verbraucher auf ihre Zahlungspflicht hinzuweisen, erst dann darf der Strom auch tatsächlich abgedreht werden. Dem Bericht der Bundesnetzagentur zufolge wurde 4,75 Millionen Haushalten eine solche letzte Warnung übersandt.
Lesetipp: Corona-Krise: Hoher Stromverbrauch belastet Hartz IV Empfänger
Strompreis steigt, Regelsatz bleibt klein
Die hohe Zahl der Stromsperrungen lässt sich maßgeblich durch die hohen Strompreise erklären. Seit dem Jahr 2000 hat sich der durchschnittliche Strompreis für Privathaushalte mehr als verdoppelt. Hartz IV Bedürftige müssen ihre Stromkosten derweil vom viel zu knapp bemessenen Regelsatz zahlen, der die hohen Kosten nicht deckt (buergergeld.org berichtete). Jan Korte, 1. Parlamentarischer Geschäftsführer der Linken, macht seinem Ärger über die soziale Ungerechtigkeit auf Twitter Luft:
„2019 ist in Deutschland wegen unbezahlter Rechnungen rund 289.000 Haushalten der Strom abgestellt worden. Das Nettovermögen der deutschen Ultrareichen wuchs in einem Jahr um 94 auf aktuell 594,9 Milliarden Dollar an“, so der Linken-Politiker.
Im Vergleich zum Vorjahr ist die Anzahl der Stromsperren zwar um 7.000 gesunken, Erwerbslosenaktivistin Inge Hannemann sieht darin jedoch keinen Erfolg:
„Ich möchte jetzt nicht hören: Alles gut, die Zahl der Strom-, und Gassperren sind gesunken. Sperrungen dieser Art gehören verboten! Ganz einfach!“, fordert sie auf Twitter.
In diesem Jahr ist durch die vorübergehende Aussetzung der Stromsperren in der Corona-Krise ein Rückgang der Zahlen zu erwarten.
Dazu: Licht aus: Stromsperren für Hartz IV Empfänger
Titelbild: Mrs_ya/ shutterstock.com