Ungeliebt, zumeist aber unumgänglich: Wer den Job verliert und Bürgergeld beantragen muss, sollte sich darauf einstellen, vom Jobcenter zu einem Bewerbungstraining geschickt zu werden. Schließlich soll niemand allzu lange auf die Grundsicherung angewiesen sein und möglichst schnell wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden. Zwar rückt der Fokus mit dem Bürgergeld auf die Qualifikation. Am Umstand, dass ein Bewerbungstraining zum Pflichtprogramm gehören kann, ändert sich dadurch jedoch kaum etwas.
Man kann sich nicht widersetzen
Die Frage, ob man an einer solchen Maßnahme teilnehmen muss oder sich aufgrund hinreichender Kenntnisse und Erfahrungen einfach ausklinken kann, beantwortet der Gütersloher Fachanwalt für Arbeitsrecht Johannes Schipp. Gegenüber n-tv erklärt er: „In der Regel kann man sich dem nicht widersetzen.“
In der Eingliederungsvereinbarung verankert
Aktuell werde ein Bewerbungstraining für Bürgergeld-Empfänger noch in der sogenannten Eingliederungsvereinbarung verankert. Mit der Unterschrift auf diesem Papier bestätige man dem Jobcenter, dass man das Training besuchen werde, so der Fachanwalt. Die Unterschrift zu verweigern, brächte wenig. Dann werde man durch einen Verwaltungsakt zur Teilnahme gezwungen.
Sanktionen bei Weigerung
Sobald Betroffene sich trotz allen Drucks gegen ein Bewerbungstraining entscheiden, darf das Jobcenter die Daumenschraube anlegen. Für alle, die Arbeitslosengeld I beziehen, heißt das: Es folgt eine Sperrzeit.
Bei Bürgergeld-Empfängern drohen Sanktionen oder, wie sie jetzt heißen, Leistungsminderungen ab zehn bis hin zu 30 Prozent des Regelsatzes. Das gilt vom ersten Tag an, weil die Vertrauenszeit im Rahmen des Bürgergeldstreits gekippt wurde.
Neu: der Kooperationsplan
Künftig – ab dem 1. Juli 2023 – ist die Eingliederungsvereinbarung dann Geschichte. Sie wird durch den Kooperationsplan ersetzt, der gemeinsam vom Jobcenter und dem Betroffenen erarbeitet werden soll. Auch hier kann ein Bewerbungstraining vereinbart werden. Allerdings haben Bürgergeld-Empfänger dann die Chance, sich gegen Maßnahmen zu wehren, mit denen sie nicht einverstanden sind.
Hilfreich: das Schlichtungsverfahren
Dafür sorgt das neu geschaffene Schlichtungsverfahren. Es greift immer dann, wenn es bei der Erarbeitung des Kooperationsplans zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den Integrationsfachkräften im Jobcenter sowie den Bürgergeld-Bedürftigen kommt. Inwiefern eine solche Schlichtung die zwangsweise Teilnahme an Trainingsmaßnahmen ausschließt, lässt sich jetzt noch nicht sagen, da Erfahrungswerten erst ab dem zweiten Halbjahr vorliegen.
Hinweis; Ursprünglich war laut Bürgergeld-Gesetzesentwurf beim Kooperationsplan eine Vertrauenszeit von sechs Monaten vorgesehen, in denen keine Leistungsminderungen gegen Bürgergeld-Bedürftige bei Verletzung von Mitwirkungspflichten ausgesprochen werden durften. Damit das Bürgergeld aber eingeführt werden konnte, verlangte die CDU/ CSU u. A., dass diese wieder gestrichen wird – wie dann auch geschehen.
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