Wer an einem dualen Studium teilnimmt, hat keinen Anspruch auf Bürgergeld. Daran ließ das Bundessozialgericht in Kassel keinerlei Zweifel (Urteil vom 21. Juni 2023, Aktenzeichen B 7 AS 11/22 R). Begründet wurde die Entscheidung damit, dass auch bei einem dualen Studium – einer Kombination aus Berufsausbildung und Studium – grundsätzlich Anspruch auf Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, bestehe.
Ausbildungsvergütung reicht nicht
Der Mann, der seinen Anspruch auf Hartz IV (heute Bürgergeld) einklagen wollte, hatte zunächst jahrelang studiert, abgebrochen und war dann einer abhängigen Beschäftigung nachgegangen. Später folgte dann ein Studium im ausbildungsintegrierten dualen Bachelorstudiengang angewandte Mathematik und Informatik. Da er sich nicht in der Lage sah, den Lebensunterhalt mit der Ausbildungsvergütung von rund 1.000 Euro pro Monat zu bestreiten, wandte er sich unter anderem an das Jobcenter.
BAföG-Antrag wurde abgelehnt
Ein Antrag auf Berufausbildungsbeihilfe wurde von der Bundesagentur für Arbeit abgelehnt, ebenso der Antrag auf BAföG beim zuständigen Studentenwerk. Denn: Nach einem Wechsel der Fachrichtung komme eine Förderfähigkeit des Studiums nur bei einem unabweisbaren oder wichtigen Grund in Betracht. Beides konnte das Studentenwerk nicht erkennen. Ein wichtiger Grund liege nur bei einem Fachrichtungswechsel bis zum Beginn des vierten Fachsemesters vor.
Förderfähige Ausbildung
Auch das Jobcenter sagte klipp und klar „nein“, als der Studierende Leistungen nach dem SGB II beantragen wollte. Denn: Er absolviere eine „dem Grunde nach förderfähige Ausbildung“. Hier greift §12a SGB II:
„Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist.“
Gerichte sprechen Klartext
Dieser Einschätzung folgte sowohl das Sozialgericht Aachen (Aktenzeichen: S 7 AS 696/19 vom 03.05.2021) als auch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (Aktenzeichen L 6 AS 947/21 vom 16.12.2021). Bestätigt wurden die Urteile vom Bundessozialgericht.
Individuelle Gründe ausschlaggebend
Den Einwand, dass das Studium nicht seine volle Arbeitskraft in Anspruch nehme und daher keine Förderfähigkeit gegeben sei, ließen die Richter nicht gelten. Schließlich sei die berufliche Ausbildung ein integrierter Bestandteil des Studiums. Auch die Tatsache, dass aufgrund des späten Fachrichtungswechsels kein Anspruch auf BAföG bestehe, ändere nichts an der grundsätzlichen Förderfähigkeit des Studiums. Dafür, dass kein BAföG bewilligt werde, seien im vorliegenden Fall „allein individuelle Gründe“ ausschlaggebend.