Streit ums Geld war bei Hartz IV an der Tagesordnung und wird wohl auch beim Bürgergeld eines der vorrangigen Probleme bleiben. Das belegen die Zahlen, die seitens der Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Fraktion „Die Linke“ veröffentlicht wurden. Allein die Zahl der mit einer Rückforderung konfrontierten Bedarfsgemeinschaften liegt bei über 578.000. In der Summe wurden knapp 1,2 Rückforderungsbescheide verschickt – von denen ein nicht unerheblicher Teil erlassen wurde.
Neu im Bürgergeld: die Bagatellgrenze
Zu Zeiten von Hartz IV war es üblich, jeden noch so kleinen Betrag, der zu viel gezahlt wurde, schriftlich zurückzufordern. Selbst Centbeträge wurden auf diesem Weg kassiert. Das soll sich mit dem Bürgergeld ändern. Dazu wurde eine Bagatellgrenze von 50 Euro eingeführt. Ob sich der Arbeitsaufwand dadurch minimiert, muss sich erst noch zeigen.
Die Daten aus dem Jahr 2021
Im Jahr 2021 hatten die Jobcenter jedenfalls noch gut damit zu tun, Rückforderungen zu stellen.
„Seit 2019 hat es jährlich rund 1,2 Millionen Rückforderungsbescheide von ALG-II-Leistungen (Grundsicherung für Arbeitssuchende) durch die Jobcenter gegeben“,
heißt es in einer Pressemitteilung des Deutschen Bundestags (hib 11/2023).
Im Schnitt wurden 524 Euro eingefordert
Voriges Jahr summierte sich die Zahl der Bescheide auf 1,227 Millionen. Insgesamt ging es dabei um 1,9 Milliarden Euro. Daraus lässt sich ein Durchschnittswert von 524,27 Euro ermitteln. Allerdings weist die Regierung darauf hin, dass ein einzelner Bescheid auch mehrere Rückforderungen von Hartz IV Zahlungen enthalten kann.
Hauptgrund: Aufnahme einer Arbeit
Entsprechende Post erhielten im vergangenen Jahr 578.410 Bedarfsgemeinschaften (765.676 Personen). Der häufigste Grund, weshalb das Jobcenter Hartz IV, jetzt das Bürgergeld zurückforderte: Die Aufnahme einer Arbeit, ob selbstständig oder unselbstständig, wurde nicht oder nicht rechtzeitig beim Jobcenter angezeigt. Das galt für 1,4 Millionen Rückforderungen (Anteil: 19,19 Prozent). Es folgen nicht oder nicht rechtzeitig angezeigt Nebeneinkommen und der Bezug anderer Sozialleistungen.
28 Prozent der Forderungen wurden erlassen
Spannend ist in diesem Zusammenhang, wie viele Rückforderungen niedergeschlagen wurden. Der Anteil lag 2021 bei 28 Prozent. In Zahlen. 1.026.251. Teil-Erlasse waren mit nur 35 eher die Ausnahme. Auch hier hakt die Regierung ein und betonte, dass die Steigerung der Zahl der Niederschlagungen auf neuen Weisungen beruhen.
Hier gilt: Niedergeschlagen werden dürfen nur Ansprüche, wenn feststeht,
„dass eine Stundung nicht in Betracht kommt, die Einziehung keinen Erfolg haben wird, oder wenn die Kosten der Einziehung außer Verhältnis zur Höhe des Anspruchs stehen“.
Darlehen an Hartz IV Bedürftige
Ein weiterer Aspekt, den die Linksfraktion näher beleuchtet wissen wollte, waren die Darlehen, die an Hartz IV Bedürftige vergeben wurden. Das Ergebnis: 2021 wurden 346.360 Darlehen mit einer Gesamtsumme von 197,434 Millionen Euro bewilligt. Im Schnitt ergibt das einen Darlehensbetrag von 570,03 Euro. Die meisten Darlehen wurden im Bereich von 100 bis 500 Euro ausgezahlt.
Viele benötigen Geld für eine Mietkaution
Die Gründe für die Darlehen: Den Löwenanteil machen hier Mietkautionen mit 51,54 Prozent aus, gefolgt von „Darlehen bei unabweisbarem Bedarf“ mit 36,97 Prozent. Ferner wurde Geld verliehen unter anderem für Genossenschaftsanteile (1,3 Prozent), Mietschulden (6,68 Prozent) sowie Schulbedarf, Umzugskosten und den Mehrbedarf bei der Warmwasserzeugung.
Niedergeschlagen wurden 122.379 Darlehen. Einen Teilerlass gab es in drei Fällen. Das entspricht einem Anteil von 3,36 Prozent.
Die Zukunft
Wie sich diese Zahlen im Kontext des Bürgergeldes entwickeln werden, zeigen die kommenden Monate. Sicher ist: Viele Bedarfsgemeinschaften kommen jetzt schon an ihre finanziellen Grenzen, weil Strom, Lebensmittel und viele Dinge des täglichen Bedarfs kaum mehr bezahlbar sind. Da helfen dann auch keine Darlehen mehr.
Die kleine Anfrage: https://dserver.bundestag.de/btd/20/049/2004987.pdf
Die Pressemitteilung: https://www.bundestag.de/presse/hib/kurzmeldungen-928610
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