Bürgergeldempfänger stigmatisieren, um sie zur Arbeit zu zwingen. Auf diesen, zugegeben drastisch formulierten, Nenner lässt sich der Ansatz des Finanzwissenschaftlers Professor Dr. Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg bringen. Er begrüßt die Pläne der Union zu einer möglichen Bürgergeld Wende, fordert seinerseits aber eine noch härtere Gangart. Geld sollen nur noch jene erhalten, die arbeiten. Alle anderen müssen sehen, wie sie mit Gutscheinen über die Runden kommen.
Zurück zu Hartz IV
Seit der Einführung des Bürgergelds wird offen darüber gestritten, ob man Leistungsempfänger möglicherweise nicht doch zu sanft bettet. Verschärft wurde die Debatte mit der Anpassung der Regelsätze um 12 Prozent zum 1. Januar 2024. Für CDU und CSU, ebenso die AfD, steht daher fest: Die Uhr muss wieder zurückgedreht werden. Back to the roots. Oder anders ausgedrückt: Man sehnt sich nach den Zeiten von Hartz IV, „versüßt“ mit Totalsanktionen.
Vermögensprüfung ab dem ersten Tag
Konkret schlägt CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann vor, die Leistungskürzungen für alle, die sich weigern, einen Job anzunehmen, zu verschärfen. Dass sich die Ampel auf Totalsanktionen für bis zu zwei Monate geeinigt hat, scheint nicht zu reichen. Überdies soll die Karenzzeit aufgeweicht oder vielmehr ganz gestrichen werden. Denn der Verzicht auf die Vermögensprüfung während der ersten zwölf Monate des Bürgergeldbezugs ist der Union ein echter Dorn im Auge.
Experte: Leistungen eindampfen
Gut, aber nicht ausreichend: Sagt Professor Dr. Bernd Raffelhüschen im Gespräch mit dem „Focus“. Der Ökonom und Rentenexperte ist bekannt dafür, dass er den Sozialstaat gerne auf ein Minimum schrumpfen lassen würde. Daher hört man seine Stimme aus dem Chor der Bürgergeldgegner immer wieder heraus. Dabei gehen die Forderungen von Professor Dr. Raffelhüschen deutlich weiter als die der Union.
Aktivierender Sozialstaat
Aus seiner Sicht wurde mit dem Bürgergeld quasi ein „Recht auf Einkommen“ geschaffen. Stattdessen müsse sich der Sozialstaat wieder ausschließlich auf jene konzentrieren, die sich nicht selbst helfen können. Professor Dr. Bernd Raffelhüschen geht in dem Kontext davon aus, dass jeder Mensch etwas könne und somit auch in der Lage sei, zum eigenen Lebensunterhalt beizutragen. Reiche das mit den eigenen Händen erarbeitete Einkommen nicht, werde aufgestockt. Das Bürgergeld bestrafe diese Art der Selbsthilfe.
Hälfte der heutigen Leistung als Existenzminimum
Von Sanktionen hält Professor Dr. Raffelhüschen indes nur wenig. Statt Geldleistungen zu streichen, dürfe es nur noch Sachleistungen geben: Lebensunterhalt plus Dach über dem Kopf. Geld sehen seine Pläne ausschließlich für Aufstocker vor. Das müsse für Bürgergeld Bedürftige und Zuwanderer gleichermaßen gelten, „die nicht augenblicklich anfangen zu arbeiten“. Und damit es so richtig weh tut, hält der Experte die Hälfte dessen, was es heute gibt, als ausreichend, um das Existenzminimum zu decken – ausgezahlt als Gutschein. Damit auch jeder im Geschäft sehen kann: Der leistet nichts.
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