Viele Jobcenter arbeiten jetzt schon am Limit. Mit der Einführung des Bürgergelds und den damit verbundenen Umstellungen wird die Last noch größer. Schlimmstenfalls so groß, befürchtet der Sprecherrat des Bundesnetzwerks Jobcenter, dass die Behörden nicht mehr arbeitsfähig seien. Denn es mangele sowohl an Personal als auch an den nötigen Finanzen.
Zu wenig Zeit für die Umstellung
Das größte Problem dürfte jedoch der Faktor Zeit sein. Die Bundesregierung pochte auf eine Umsetzung zum 1. Januar 2023. An diesem Termin hatte man sich trotz aller Warnungen, auch von der Bundesagentur für Arbeit (BA), festgebissen. Ein kleines Zugeständnis an die Mitarbeiter der Jobcenter gab es dann doch noch: Das Bürgergeld wird in zwei Schritten eingeführt.
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Arbeitshilfe für die Jobcenter
Trotzdem sind die Behörden in der Pflicht, sich auf die Umstellung vorzubereiten. Das ist mit viel Arbeit verbunden, die bei der Betreuung von Hartz IV Bedürftigen jetzt fehlt. „Allein die Arbeitshilfe für die Mitarbeiter, die die nötigen Umstellungen erläutert, umfasst acht Seiten“, erklärt Jürgen Stock, Fachbereichsleiter Arbeit und Soziales beim Kreisjobcenter Fulda.
Enormer Aufwand an der Basis
Verärgert ist auch der Landrat des Kreises, Bernd Woide (CDU). Die Behörde sei gezwungen, Änderungen, für die man sonst Monate veranschlage, innerhalb weniger Tage umzusetzen. Der Gesetzgeber habe keinerlei Gefühl mehr dafür, wie groß der Aufwand an der Basis sei, den die Veränderungen verursachten.
Leistungsfähigkeit gefährdet
Damit spricht der Landrat dem Sprecherrat des Bundesnetzwerks Jobcenter aus dem Herzen. Neben ihren Kernaufgaben hätten die Behörden auch Krisen wie den Krieg oder Corona zu bewältigen. Jetzt kommt das Bürgergeld. Für die nächsten Monate bedeute dies,
„dass eine Reihe weiterer Faktoren die Leistungsfähigkeit der Jobcenter an ihre absoluten Grenzen und darüber hinaus bringt“.
Nicht kalkulierbare Konsequenzen
Die Arbeit ließe sich dadurch weder zeitnah noch zuverlässig erledigen. Das habe auf Dauer nicht kalkulierbare Konsequenzen für das gesamte Aufgabenspektrum der Jobcenter. Dazu trage auch bei, dass Personal fehle und trotz des Versprechens, für eine angemessene finanzielle Ausstattung der Jobcenter zu sorgen, im kommenden Jahr weniger Geld zur Verfügung stehe.
Das sagt das BMAS
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hatte in seinen FAQ zum Bürgergeld auch die Frage, ob es mehr Personal in den Jobcentern geben wird. Die lapidare Antwort:
„Auf die Personalausstattung hat das Bürgergeld-Gesetz keine unmittelbaren Auswirkungen.“
Dabei hat man sich Respekt auf die Fahne geschrieben. Davon ist man allerdings weit entfernt, wenn die Mitarbeiter nicht einmal Zeit für Bürgergeld Betroffene haben.
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