Schuld sind immer die Bürgergeld Bezieher. Von wegen. Knapp ein Drittel der Widersprüche, denen stattgegeben wird, basiert auf Fehlern der Jobcenter. Oder anders ausgedrückt: Viele Sachbearbeiter haben keine Ahnung von den Bürgergeld Regeln und arbeiten ineffizient – dabei geht es um nicht weniger als das Existenzminimum oder schlicht das nackte Überleben der Bedürftigen. Ausbaden müssen das auch die Gerichte, bei denen in über einem Drittel der Klagen zugunsten von Betroffenen entschieden wird. Dadurch entstehen enorme Kosten, die in der öffentlichen Debatte stets den Betroffenen angelastet werden.
Existenzen stehen auf dem Spiel
Ein fehlerhafter Bescheid oder eine unerklärliche Entscheidung: Bürgergeldempfänger haben in dem Fall das Recht, Widerspruch einzulegen. Und sollten von diesem Recht auch Gebrauch machen. Das Bürgergeld soll ein menschenwürdiges Existenzminimum sichern. Da sorgen Fehler, womöglich ausbleibende oder zu geringe Leistungen für leere Kühlschränke und Angst, wie man die nächsten Rechnungen bezahlen soll. Würde ordentlich gearbeitet, gäbe es dieses Problem nicht. Nur leider ist das Wunschdenken.
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316.000 Widersprüche
Dazu reicht in Blick in die Jobcenter Statistik: Von Januar bis September 2024 wurden von den Jobcentern bundesweit 316.457 Widersprüche bearbeitet. Stattgegeben wurde dem Widerspruch in 83.128 Fällen, teilweise stattgegeben in 19.726 Fällen. Macht in der Summe 102.854. Klären ließen sich die Probleme in 46.630 Fällen durch nachgereichte Unterlagen.
Fehlerquote von 30 Prozent
Das eigentliche Dilemma ergibt sich mit Blick auf die Bürgergeld Widersprüche, denen aufgrund fehlerhafter Rechtsanwendung stattgegeben wird. 30.640-mal haben Jobcenter in diesem Jahr geltendes Recht falsch umgesetzt. Das entspricht einer unglaublichen Quote von 29,79 Prozent. Die ist schlicht viel zu hoch, zumal es um das Existenzminimum geht und Betroffenen damit unter Umständen der Boden unter den Füßen weggerissen wird.
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Keine Verbesserung zu Hartz IV
Im gleichen Erhebungszeitraum des Jahres 2022, also noch zu Zeiten von Hartz IV vor der großen Bürgergeld Reform, wurden insgesamt 296.340 Widersprüche bearbeitet, 81.404 Mal wurde stattgegeben, 18.539 teilweise. Dabei war in 30.265 der Widersprüche fehlerhafte Rechtsanwendung der Jobcenter der Grund, eine Quote von 30,28 Prozent.
Problem besteht seit Jahren
Dieser Wert von knapp 30 Prozent hält sich wacker. Wir haben bereits 2020 darüber berichtet (September und August). Geändert hat sich nichts. Das Versprechen von Bundesminister Hubertus Heil (SPD), mit dem Bürgergeld werde alles besser und weniger kompliziert, entpuppt sich als Augenwischerei. Die Zahl an Widersprüchen und insbesondere jenen, denen eine Fehlentscheidung des Jobcenters zugrunde liegt, hatte nie Konsequenzen. Statt die Personaldecke aufzustocken oder neue Systeme zu schaffen, spart man die Behörden kaputt.
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Viel Arbeit für Gerichte
Dieses Problem zieht weite Kreise, deren Ausläufer sämtliche Gerichtsinstanzen erreichen. Denn wird ein Bürgergeld Widerspruch abgelehnt, besteht die Möglichkeit, gegen das Jobcenter zu klagen. In diesem Jahr wurden 43.217 Fälle bearbeitet. In 33,98 Prozent der Verhandlungen wurde der Klage stattgegeben oder zumindest teilweise stattgegeben. Auch diese Zahl unterstreicht, dass in den Jobcentern nicht alles mit rechten Dingen zugeht und man etwas mehr Wert auf Effizienz sowie eine bessere Ausbildung der „Fachkräfte“ legen sollte.
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Enormes Sparpotenzial
Dadurch ließe sich viel Geld sparen und Ärger vermeiden. Selbst, wenn ein Widerspruch „nur“ 15 Minuten Arbeit in Anspruch nimmt, wären es in diesem Jahr bereits über 25.000 Arbeitsstunden, die man sinnvoller hätte nutzen können – etwa durch die versprochene Beratung auf Augenhöhe.
Titelbild: Dontree_M / shutterstock