Bezahlbarer Wohnraum ist knapp. Das gilt umso mehr, wenn sich die Kosten im engen Rahmen des Bürgergeldgesetzes bewegen müssen. Noch problematischer wird das, wenn das Jobcenter es unterlässt, die angemessenen Unterkunftskosten regelmäßig entsprechend der gesetzlichen Vorgaben anzupassen. So passiert in Wuppertal. Hier wird Betroffenen im SGB-II- und SGB-XII-Bezug basierend auf alten Werten mitgeteilt, die Kosten für die Wohnung würden nur noch während der Karenzzeit in voller Höhe übernommen.
Klare Regeln für Mietobergrenzen
Paragraf 22c Absatz 2 des SGB II verlangt, dass die (angemessenen) Unterkunftskosten spätestens alle zwei Jahre auf den neuesten Stand gebracht und festgesetzt werden müssen. Gibt es vor Ort kein schlüssiges Konzept, muss auf die Obergrenzen des Wohngeldgesetzes plus eines zehnprozentigen Sicherheitsaufschlags zurückgegriffen werden. Hierzu gibt es inzwischen zig Urteile des Bundessozialgerichtes.
Veraltete Werte aus dem Jahr 2021
In Wuppertal hält man sich offenbar nicht an diese Spielregeln und arbeitet mit veralteten Werten vom 1. Januar 2021. Damit macht man Bürgergeld-Betroffenen und allen, die auf Sozialhilfe nach dem SGB XII angewiesen sind, das Leben unnötig schwer. Deshalb hat der Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein Tacheles e.V. Fachaufsichtsbeschwerde bei den zuständigen Ministerien eingelegt.
Enorme Differenzen
Dazu listet der Verein auf, wie hoch die aktuell vom Jobcenter als angemessen eingestuften Mietobergrenzen sind und wie hoch sei nach dem Wohngeldgesetz sein müssten. Beispiele: Bei einem Ein-Personen-Haushalt sind es 413,50 Euro. Es müssten mittlerweile aber 468,60 Euro sein. Bei einer vierköpfigen Familie werden 736,25 Euro anerkannt, obwohl der Wert inzwischen 787,60 Euro betragen müsste.
Informationsschreiben der Behörden
Der Verein Tacheles wirft dem Jobcenter Wuppertal vor, dass
„die momentane Verwaltungspraxis der Wuppertaler Sozialleistungsträger aus unserer Sicht eindeutig rechtswidrig“
sei. Besonders verwerflich: Das Sozialamt in Wuppertal verschicke gerade Informationsschreiben und weise darauf hin, dass die Unterkunftskosten nur noch während der Karenzzeit in tatsächlicher Höhe übernommen würden. Auch diese Schreiben basieren auf den alten und damit rechtswidrigen Mietobergrenzen des Jahres 2021.
Verstoß gegen Unwirtschaftlichkeitsklausel
Weil die Mitteilung durch das Sozialamt auch in Fällen verschickt worden sei, bei denen die Miete lediglich 16,35 Euro oder 20,60 Euro oberhalb der veralteten Mietobergrenzen liege, komme ein weiterer Rechtsverstoß hinzu. Denn, so Tacheles:
„Diese Informationsschreiben erfolgen ausgehend von der alten, rechtswidrigen Mietobergrenze und ohne Berücksichtigung der Unwirtschaftlichkeitsklausel nach § 35 Abs. 3 S. 3 SGB XII.“
Irreparable Schäden für Betroffene
Der Schaden für Bürgergeld-Empfänger und Menschen im SGB-XII-Bezug entstehe oft schon eher. Weil man nach der alten Mietobergrenze entscheide, würden auch Anträge auf Zustimmung zur Anmietung einer Unterkunft, den Erhalt von Mietkaution oder Umzugs- und Renovierungskosten abgelehnt.
„Den Wuppertaler Leistungsbeziehenden drohen erhebliche und auch nicht durch eine nachträgliche Anpassung der Mietobergrenze reparable Schäden“,
mahnt Tacheles. Denn auch bei Wohnungen gilt: Weg ist weg. Damit werde die Angst der Betroffenen, wie sie über die Runden kommen sollen, noch mehr geschürt. Tacheles spricht angesichts der hohen Inflationsrate und dem Handeln des Jobcenters von einer Menschenrechtsverletzung. Reagiert hat die Behörde auf die Vorwürfe bislang nicht.
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