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Bürgergeld Faktencheck: 310 Euro für das Zuckerfest

300 Euro in Scheinen

Fake statt Fakten – so wird jeder Bürgergeldempfänger in Windeseile zum Schmarotzer, der dem Staat schadet und Arbeitern die Butter vom Brot nimmt. Dank der aufgeheizten Stimmung fallen Schmähtiraden und Fake News auf fruchtbaren Boden. Völlig überzogene Zahlen oder Boni aus dem Märchenland verbreiten sich wie Lauffeuer und werden für bare Münze genommen. So auch eine Sonderzahlung fürs Zuckerfest – die „dpa factchecking“ als Lüge entlarvt.

Wieder einmal Tiktok

Dabei geht es wieder mal um einen kurzen Tiktok-Clip zum Bürgergeld, der eifrig in den sozialen Medien geteilt wird. Es ist nicht das erste und wird auch sicher nicht das letzte Video gewesen sein, das vorgaukelt, dass Bürgergeldempfänger sich mal eben hunderte Euro vom Amt holen können, während die arbeitende Bevölkerung in die Röhre schaut. Den jüngsten Fall hat „dpa factchecking“ zum Anlass genommen, näher hinzuschauen.

310 Euro fürs Zuckerfest

In dem Video hält ein Mann auf einem Parkplatz 310 Euro vor die Kamera und behauptet, das Geld stamme vom Jobcenter. Gezahlt worden sei es an seinen Bekannten, einen Flüchtling, der beim Amt um Unterstützung für das muslimische Zuckerfest (Eid al-Fitr) gebeten habe.

Jobcenter weiß nichts von der Zahlung

Die dpa ermittelte, dass der Film in Nordhorn vor dem Bahnhof aufgenommen wurde. Für das kommunale Jobcenter in dem Ort ist der Landkreis Grafschaft Bentheim zuständig. Der dementiert, dass eine solche Zahlung erfolgt sei, zumal das Sozialgesetzbuch II keine derartigen Zusatzzahlungen vorsehe.

„Die hier angesprochene Zahlung aufgrund des Zuckerfestes ist kein Bestandteil des Bürgergeldes“,

erklärte eine Sprecherin gegenüber der dpa.

Gleichbehandlungsgesetz

Eine solche Extrazahlung würde eine Benachteiligung darstellen und damit dem Gleichbehandlungsgesetz zuwiderlaufen. In anderen Worten: Zahlungen für Angehörige bestimmter Religionen würden nicht-religiöse Menschen benachteiligen. Auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales kennt keinen Mehrbedarf oder einmalige Leistungen, die auf religiösen Gründen beruhen.

Anspruch auf Bürgergeld

Unklar ist auch, ob der angebliche Bekannte des Mannes überhaupt einen Bürgergeld Anspruch hat. Denn Flüchtlinge (Ausnahme: Menschen aus der Ukraine) erhalten erst dann Bürgergeld, wenn sie anerkannt sind oder eine Arbeitserlaubnis haben. Anderenfalls gibt es kein Bürgergeld, sondern Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Influencer schweigt

Der Mann aus dem Video, der die Lüge verbreitet – und das nicht zum ersten Mal – hat sich auf Nachfragen der Nachrichtenagentur nicht geäußert. Auch der Bitte, Nachweise zu erbringen, dass 310 Euro vom Jobcenter gezahlt wurden, kam er nicht nach. Da zeigt sich einmal mehr: Große Klappe, nichts dahinter – Hauptsache, die Klickzahlen stimmen.

Nährboden für Propaganda

Vom Landkreis Grafschaft Bentheim kommt der Tipp:

„Die Inhalte der Videos sollten dabei grundsätzlich durchaus kritisch hinterfragt werden.“

Nett gemeint. Nur leider sind viele gar nicht an Fakten interessiert. Sie möchten nur eine Bestätigung für die von der Politik eifrig verbreitete Aussage, dass es Bürgergeld Empfängern eigentlich viel zu gut geht. Und die liefern Populisten und klickgeile Möchtegern-Influencer nur allzu gerne.

Bild:PhotoSGH/ shutterstock.com

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