Grundsätzlich gilt, dass Studierende, Auszubildende und Schüler, deren Ausbildung oder Studium dem Grunde nach durch BAföG, Ausbildungsgeld oder Berufsausbildungshilfe gefördert werden kann, keinen Anspruch auf Bürgergeld haben. Wie das LSG Hessen mit einem Urteil bestätigte, gilt dies jedoch nicht für Teilzeitstudenten (Az.: L 9 AS 535/20 B ER).
Student in Teilzeit beantragt Bürgergeld
Dem Urteil ging der Fall eines Klägers aus dem Raum Gießen voraus. Der 1978 geborene Mann schrieb sich 2018 in Geschichts- und Kulturwissenschaften ein – auf Grund seiner Epilepsie Erkrankung gewährte ihm die Universität ein Teilzeit-Studium. Da er bereits ein früheres Studium im Fach Theologie im Jahr 2012 abgebrochen hatte, wurden dem Studierenden aufgrund des Fachrichtungswechsels keine BAföG-Leistungen gewährt. Aus diesem Grund stellte der Mann einen Antrag auf Hartz IV (das heutige Bürgergeld) – vergeblich.
Jobcenter: Teilzeitstudium sei BAföG-förderungsfähig
In seinem Ablehnungsbescheid erklärte das Jobcenter, dass der Mann zwar einem Teilzeit-Studium nachging und dieses nicht durch BAföG gefördert würden könne. Allerdings begründe sich die fehlende Förderungsfähigkeit nicht durch das Teilzeitstudium, sondern durch den Wechsel des Studienfachs. Ein Teilzeitstudium sei grundsätzlich förderungsfähig:
„Ließe man Studierenden nach, das Studium durch Reduzierung auf Teilzeit abstrakt der Förderfähigkeit nach dem BAföG zu entziehen und so in den Genuss von SGB II – Leistungen zu kommen, würden die Fördergrenzen des BAföG praktisch wirkungslos“, heißt es in dem Urteil von Seiten des Jobcenters.
Kein Bürgergeld-Anspruch bei dualem Studium
Annahme des Jobcenters falsch
Mit der Annahme, dass grundsätzlich bei einem Teilzeit-Studium BAföG-Förderungsfähigkeit bestünde, liegt das Jobcenter allerdings falsch. Hierzu heißt es ausdrücklich im § 2 Abs. 5 BAföG: „Ausbildungsförderung wird nur geleistet, wenn der Ausbildungsabschnitt mindestens ein Schul- oder Studienhalbjahr dauert und die Ausbildung die Arbeitskraft des Auszubildenden im Allgemeinen voll in Anspruch nimmt. (…)“
LSG kippt Entscheidung des Jobcenters
Diese Entscheidung des Jobcenters wollte der Student nicht auf sich sitzen lassen und zog vor Gericht – mit Erfolg! Das Hessische Landessozialgericht in Darmstadt entschied in zweiter Instanz im Sinne des Klägers. Aus Sicht des Gerichts sei ein Teilzeit-Studium nicht durch BAföG förderungsfähig, da es nicht die volle Arbeitskraft der Studierenden in Anspruch nehmen würde – wie es auch im § 2 Abs. 5 BAföG heißt. Folglich könne ein Anspruch auf Bürgergeld nicht ausgeschlossen werden. Dabei sei stets für das jeweilige Semester zu entscheiden, ob in Teilzeit studiert werde und nicht anhand der Gesamtverhältnisse des Studiums. Der Beschluss des LSG Hessen ist unanfechtbar.
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