Kritiker bezeichnen das Bürgergeld gerne als Grundeinkommen „light“ und suggerieren damit, dass jeder die Hand aufhalten kann, ohne dafür eine Gegenleistung erbringen zu müssen. Für sie ist die Hartz IV Reform eine Einladung in die „soziale Hängematte“. Dass diese Aussage schlichtweg falsch ist – und im schlimmsten Fall die Gesellschaft spaltet –, beweist ein Blick in den Gesetzestext und wird vom Freiburger Institute for Basic Income Studies (FRIBIS) jetzt untermauert.
Der Vergleich ist falsch
Mit dem Thema befasst hat sich Tobias Dumschat. Er ist Doktorand der Caritaswissenschaft. In einem „Policy Paper“ greift er den Vorwurf auf, dass mit dem Bürgergeld ein Grundeinkommen light geschaffen werde und belegt mit wenigen, jedem zugänglichen Argumenten:
„Dieser Vergleich ist sachlich und fachlich schlichtweg falsch.“
Bürgergeld soll 502 Euro betragen
Einladung zur Faulenzerei
Dabei bezieht sich der Wissenschaftler in erster Linie auf einen Beitrag im Focus . Darin führt der Journalist Hugo Müller-Vogg aus, das Bürgergeld sei eine Einladung zur Faulenzerei. Begründet wird diese Aussage damit, dass die Hartz IV Reform ein Abschied vom Fordern und Fördern sei. Die Entscheidung, Arbeiten oder Nichtarbeiten, würde dadurch indifferent.
Bürgergeld ist nicht bedingungslos
Dem stellt Tobias Dumschat drei Aspekte entgegen. Der Anspruch auf das Bürgergeld sei nicht bedingungslos, sondern ziele auf „Personen, die erwerbslos sind und nicht unter die Prämissen von Arbeitslosengeld I fallen“. Bereits damit widerspreche das Bürgergeld dem Grundgedanken eines bedingungslosen Grundeinkommens.
Hartz IV wird mit dem Bürgergeld nicht überwunden
Jeder hätte Anspruch auf ein Grundeinkommen
Punkt zwei auf der Liste: Ein Grundeinkommen wäre nie „light“, sondern universell in dem Sinne, dass tatsächlicher jeder Anspruch darauf hätte. Auch Bürgergeld-Kritiker wie Hugo Müller-Vogg oder die Chefredakteurin der Welt, Jennifer Wilton, die im Hartz IV Nachfolger ebenfalls „Phantasien von einem Grundeinkommen ohne Bedingungen“ sieht, würden das Bürgergeld erhalten.
Bedarf wird geprüft
Entscheidend ist aber das dritte Argument: „
Die Bedarfsprüfung beim Bürgergeld fällt mit Blick auf das Vermögen nicht weg, sondern gesteht den Anspruchsgruppen nun ein höheres Vermögen zu“,
erklärt Tobias Dumschat. Bei einem bedingungslosen Grundeinkommen gäbe es keine Bedarfsprüfung.
Sanktionen bleiben
Hinzu gesellt sich ein vierter Punkt. Der Doktorand nennt hier die Studie von Sanktionsfrei e.V. zum Thema Hartz IV Kürzungen. Denn beim Bürgergeld wird es nach wie vor Leistungsminderungen geben. Laut Tobias Dumschat würde bei einem Grundeinkommen stattdessen „die Würde des Menschen hochgehalten“. Sanktionen wären dann obsolet.
Bürgergeld-Sanktionen: Kürzungen von bis zu 30 Prozent
Irreführende Aussagen
Das Fazit:
„Mit Sicherheit muss die neue Reform kritisch geprüft werden, aber die Polarisierung durch das infrage gestellte Prinzip vom Fordern und Fördern an dieser Stelle anzubringen und den Vergleich mit der Idee vom Grundeinkommen zu wagen, ist nicht haltbar und irreführend.“
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