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Bürgergeld: Heizkosten in der Karenzzeit verursachen Mehrarbeit

Junge Mutter mit Kind fühlt nach der Heizung

Steigende Heizkosten stellen eine enorme finanzielle Belastung dar und haben schon bei der Einführung des Bürgergelds für heftige Diskussionen gesorgt. Denn immer noch herrscht der Irrglaube, dass Bürgergeld-Empfänger nach Belieben heizen können und der Staat alles bezahlt. Dem ist nicht so. Auch nicht in der Karenzzeit, die mit dem Bürgergeld neu eingeführt wurde. Das Stichwort lautet Angemessenheit – und zwar vom ersten Tag an.

Karenzzeit beim Bürgergeld

Der Gedanke, Menschen, die erstmals auf das Bürgergeld angewiesen sind, nicht gleich mit einem möglichen Wohnungsverlust zu belasten, ist begrüßenswert. Realisiert wird er über die zwölfmonatige Karenzzeit, während der die Angemessenheit der Wohnung nicht geprüft wird. Das sollte ursprünglich auch für die Heizkosten gelten – was in einem faulen Kompromiss mit der Opposition über Board geworfen wurde.

Angemessene und tatsächliche Heizkosten

Dagegen, dass die tatsächlichen Heizkosten bezahlt werden, hat sich jedoch ein breiter Widerstand gebildet, auch in den Reihen der Ampelkoalition. In der Drucksache 20/430 des Deutschen Bundestags ist daher zu lesen:

„Durch das gänzliche Fehlen einer solchen Angemessenheitsprüfung bestünde hingegen die Gefahr von Fehlanreizen.“

Deshalb hat man sich darauf geeinigt, auch während der zwölfmonatigen Karenzzeit auf die Angemessenheit der Heizkosten zu achten.

Prüfung der Angemessenheit

Statt Bürokratie abzubauen und die Jobcenter zu entlasten, kann diese Entscheidung unter Umständen jedoch zu erheblicher Mehrarbeit führen. Denn die Heizkosten müssen durch die Mitarbeiter teilweise gleich zweimal auf Angemessenheit geprüft werden.

Problem der Wohnungsgröße

Dafür sorgt eine Regel, die ebenfalls aus der Drucksache hervorgeht und auf §22 des SGB II beruht. Denn der Bezugspunkt für die Heizkosten ist während der Karenzzeit die tatsächliche Wohnungsgröße, anschließend wird dann anhand der angemessenen Wohnungsgröße gerechnet.

Bauart und bauliche Besonderheiten

Dabei sind, so der Deutsche Bundestag, der jeweils zugrunde liegende Heizkostenspiegel und die aktuellen Energiekosten zu berücksichtigen. Da auch die Bauart und somit bauliche Ursachen für höhere Heizkosten verantwortlich sein können (schließlich wohnen Bürgergeld-Empfänger selten in modernen und bestens gedämmten Wohnungen), soll auch dieser Aspekt in die Angemessenheitsprüfung einfließen.

Leitfaden zu § 22 des SGB II

Der Landkreis Göttingen hat zu § 22 des SGB II und den Unterkunfts- sowie Heizkosten einen Leitfaden erstellt. Hierin finden sich auch Beispiele zum Thema angemessene Heizkosten. Diesbezüglich gelten während der Karenzzeit zwei Regeln:

  • Die Angemessenheit der Heizkosten wird anhand der tatsächlichen Wohnfläche ermittelt.
  • Sollte die tatsächliche Wohnfläche geringer sein als die angemessene Wohnfläche, wird durch das Jobcenter die angemessene Wohnfläche zugrunde gelegt.

Ziel:

„Durch die Karenzzeit soll die aktuell bewohnte Unterkunft für die Dauer von einem Jahr geschützt werden.“

Nach Ablauf der Karenzzeit gilt dann wie bislang: Die Bestimmung der Heizkosten erfolgt ausschließlich anhand der angemessenen Wohnfläche.

Beispiele zu angemessenen Heizkosten

Dazu einige Beispiele vom Landkreis: Wenn eine Ein-Personen-Bedarfsgemeinschaft 83,5 Quadratmeter bewohnt, gilt während der Karenzzeit, dass die angemessenen Heizkosten anhand der Wohnfläche von 83,5 Quadratmetern berechnet werden. Nach Ablauf der Karenzzeit wird dann mit der für eine Person angemessenen Wohnfläche von 50 Quadratmetern kalkuliert.

Wer 45 Quadratmeter bewohnt, für den gelten während der ersten zwölf Monate des Bürgergeldbezugs die Heizkosten für eine 50-Quadratmeter-Wohnung als angemessen. Anderenfalls wäre der Betroffene während der Karenzzeit schlechter gestellt als nach Ablauf dieses Zeitfensters.

Kostensenkungsverfahren

Das hat auch Auswirkungen auf mögliche Kostensenkungsverfahren. Sobald die Heizkosten als nicht mehr angemessen gelten, wird ein solches Verfahren eingeleitet. Dann hat man sechs Monate Zeit, die Kosten zu senken, oder muss die Differenz zu den angemessenen Heizkosten aus eigener Tasche zahlen.

Auch hier müssen die Jobcenter unter Umständen zweimal aktiv werden und Kostensenkungsverfahren durchführen. Im Beispiel mit den 83,5 Quadratmetern zunächst, um die Aufwendungen für die Heizung auf die tatsächliche Wohnfläche zu begrenzen. Und dann nach zwölf Monaten erneut für eine Begrenzung auf die angemessene Wohnfläche von 50 Quadratmetern. Beim Bürgergeld-Empfänger mit der 45-Quadratmeter-Wohnung wäre nur ein Kostensenkungsverfahren auf 50 Quadratmeter nötig.

Mehr statt weniger Bürokratie

Statt die Jobcenter durch die Karenzzeit zu entlasten, hat man mit einer kleinen Änderung für Mehrarbeit gesorgt und bremst damit gleichzeitig den Bürokratie-Abbau aus. Und das alles aus der Angst heraus, dass Bürgergeld Empfänger nicht richtig heizen können und sämtliche Räume zur Sauna umfunktionieren.

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Bild: Monkey Business Images/ shutterstock.com

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