Der Verein Sanktionsfrei e.V. kennt die Untiefen des Hartz IV Systems. Beinahe täglich wenden sich Hartz IV Betroffene, die vom Jobcenter drangsaliert oder zu Unrecht sanktioniert werden, an den Verein. In einem Interview mit der „Berliner Morgenpost“ erklärt die Gründerin, was sie vom Hartz IV Nachfolger, dem Bürgergeld, hält.
Verpasste Chance
Die Bürgergeld Einschätzung von Helena Steinhaus lässt keine Zweifel daran, dass deutlich mehr möglich gewesen wäre.
„Das ist leider eine verpasste Chance“,
sagt sie zum Bürgergeld. Das habe mehrere Gründe. Der Regelsatz bleibe zu niedrig. Es gebe weiterhin Sanktionen. Der Strom müsse weiterhin selbst bezahlt werden. Und bei vielen würden die tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizen nicht getragen. Aus Sicht der Vereinsgründerin handelt es sich beim Bürgergeld daher nicht um eine echte Reform. Vielmehr sei es ein Update für Hartz IV.
Sanktionen sorgen für Drehtüreffekt
Ein Punkt stößt dem Verein beim Bürgergeld verständlicherweise besonders auf: die Sanktionen. Die möglichen Leistungskürzungen seien nicht abgemildert worden. Das stelle eine Form von Vertrauensentzug dar. Vor allem aber: Sanktionen brächten niemanden dauerhaft in Arbeit. Sämtliche Studien, auch jene, die Sanktionen als wirksam bezeichneten, kämen zu dem Ergebnis,
„dass mit Sanktionen nur kurzzeitig eine Arbeit vermittelt, aber langfristig die Arbeit wieder abgegeben wird und die Leute am Ende wieder im Jobcenter landen“.
Das sei der Drehtüreffekt.
Auf Menschen konzentrieren, die Hilfe nötig haben
Man erreiche Menschen nicht, indem man sie bestrafe oder gar bedrohe.
„Ich glaube, man muss versuchen, andere Kontaktmöglichkeiten zu finden.“
Aus Sicht von Helena Steinhaus wird der Fokus zu sehr auf Totalverweigerer gelegt. Damit stelle man alle Menschen unter Generalverdacht. Viel wichtiger sei es,
„sich auf die Menschen zu konzentrieren, die Unterstützung brauchen und wollen“.
Arbeit muss sich lohnen
Angesprochen wurde im Interview auch die Debatte, ob sich Arbeit aufgrund von Bürgergeld überhaupt noch lohne. Die Antwort hätte eindeutiger nicht sein können: „Das ist Quatsch.“ Dieser Vorwurf basiere auf zwei Aspekten. Einmal sei es eine Frage nach fairer Bezahlung von Arbeit. Zum anderen die nach „einer menschenwürdigen Grundsicherung“.
„Das eine muss unabhängig von dem anderen existieren können“,
so Steinhaus.
Drei Forderungen zum Bürgergeld
Für das Bürgergeld hat die Gründerin von Sanktionsfrei e.V. drei zentrale Forderungen.
- Der Regelsatz müsse so angehoben werden, dass er armutsfest sei und sich Menschen nicht kontinuierlich weiter verschulden.
- Die Wohn- und Energiekosten müssten gedeckt sein und
- auf Sanktionen verzichtet werden.
Schließlich handle es sich beim Bürgergeld um ein Minimum, das man nicht weiter kürzen dürfe.
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