Alles neu macht das Bürgergeld, nur leider nicht besser. Der inflationsbedingte Kaufkraftverlust wird durch das Bürgergeld nicht einmal ansatzweise ausgeglichen. Diesen Umstand greift ein Antrag der Linksfraktion im Deutschen Bundestag auf. Gefordert wird neben einer regelmäßigen Einmalzahlung auch eine neue Berechnungsgrundlage für das Bürgergeld. Dabei berufen sich die Abgeordneten unter anderem auf wissenschaftliche Studien zu den Folgen der Teuerung.
475 Euro weniger in der Tasche
Die Auswirkungen der Inflation auf Menschen, die auf das Bürgergeld oder Grundsicherung im Alter angewiesen sind, lassen sich in Euro und Cent ausdrücken. Der Kaufkraftverlust eines Singles betrug im vergangenen Jahr gemäß einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes demnach 475 Euro (zum Vergleich: der monatliche Regelsatz eines erwachsenen Singles betrug 449 Euro) und der einer Familie mit zwei Kindern ab 14 Jahren sogar 1.584 Euro.
Armutslage hat sich verschärft
Weil die Regierung nicht darauf reagierte, so die Linksfraktion, hätten sich Armutslage und Unterversorgung erheblich verstärkt. Ursächlich dafür seien in erster Linie die Lebensmittelpreise, die zwischen März und dem Vorjahr um 22,3 Prozent gestiegen seien. Bürgergeldempfänger kämen damit rein rechnerisch nicht mehr 30, sondern nur noch 24 Tage über die Runden.
Teuerung besonders bei Lebensmitteln
Überdies wiege die Inflation bei Bürgergeld Betroffenen weitaus stärker als bei anderen Haushalten. Während im Schnitt 8,5 Prozent für Lebensmittel ausgegeben würden, läge die Quote in der Grundsicherung bei 31,3 Prozent. Daraus ergeben sich enorme Kaufkraftverluste, die bislang nicht ausgeglichen worden seien.
„Die Grundsicherung erreicht immer noch nicht dasselbe Kaufkraftniveau wie 2021“,
so die Linken. Sie werfen der Regierung vor, die Menschen im Stich zu lassen.
Reform der Anpassung ist misslungen
Die Anpassung der Regelbedarfe ab Januar 2023 habe die Preissteigerungen nicht komplett aufgefangen. Basis- und ergänzende Fortschreibung stellten, so eine Studie von Dr. Irene Becker für den Deutschen Gewerkschaftsbund, den vollen Inflationsausgleich „nicht systematisch sicher“. Kurzum:
„Die Reform des Anpassungsmechanismus […] ist misslungen.“
Reform der Grundsicherung
Daher wird eine Reform der Grundsicherung gefordert. Dabei soll der Fokus auf dem für den Regelbedarf relevanten Kaufkraftverlust liegen. Diese Daten seien im November verfügbar. „Verglichen werden soll künftig die durchschnittliche Inflation des Halbjahres April-September mit der des entsprechenden Vorjahreszeitraums“, lautet der Vorschlag. Die Regelbedarfe sollen dadurch mindestens so stark steigen wie die Preise.
Sonderzahlungen
Gefordert werden zudem Sonderzahlungen. Für das Jahr 2023 veranschlagt die Linksfraktion in den Regelbedarfsstufen I und II jeweils 475 Euro (sofern keine Energiepreispauschale von 300 Euro gezahlt wurde – in dem Fall sind es 175 Euro), für alle übrigen Stufen 300 Euro. Berücksichtigt ist in diesem Betrag bereits die Einmalzahlung aus dem Jahr 2022.
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In Zukunft soll die Sonderzahlung den Verlust der Kaufkraft im Vorjahr ausgleichen, wenn er erheblich war. Als Richtschnur nennt der Antrag einen Anstieg des Verbraucherpreisindex um fünf Prozentpunkte.
Grundlage: das Bundesverfassungsgericht
Dabei bezieht sich die Partei „Die Linke“ unter anderem auf eine Forderung, die seitens des Bundesverfassungsgerichts schon 2010 und 2014 aufgestellt wurde: den zeitnahen Ausgleich erheblicher Unterdeckungen des sozio-kulturellen Existenzminimums (Urteil vom 09.02.2010, Az. 1BvL 1/09 und vom 23.07.2014, Az. 1 BvL 10/12, BvL 12/12, 1 BvR 1691/13). Diese Urteile bilden auch die Grundlage für mehrere Musterklagen gegen die Hartz-IV-Regelsätze.
Der Antrag im Deutschen Bundestag – Drucksache 20/7641 vom 06.07.2023 (Vorabfassung)
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