Zum Inhalt springen

Bürgergeld: Keine Übernahme von Mietschulden bei Kündigung

Jobcenter können ein Darlehen gewähren, damit Bürgergeld Bedürftige die Chance haben, ihre Mietschulden zu tilgen und die Wohnung zu behalten. Ist das Mietverhältnis trotz Ausgleich der Schulden nicht mehr zu retten und die Wohnungslosigkeit nicht abzuwenden, muss die Behörde jedoch kein Geld zur Verfügung stellen. Dann stehen Betroffene allein auf weiter Flur. Das haben sowohl das Sozialgericht Freiburg (S 14 AS 173/20 ER) als auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg (L 3 AS 520/20 ER-B) bestätigt.

Betroffen: Mutter mit drei Kindern

Die Bürgergeld Bedürftige, um die es in diesem Fall ging, ist Mutter von drei Kindern. Sie hatte aufgrund eigenen Erwerbseinkommens nur unregelmäßig Leistungen nach dem SGB II beantragt. Diese wurden auch bewilligt, samt den Kosten für die Unterkunft in Höhe von 780 und später 880 Euro, die in voller Höhe vom Jobcenter übernommen wurden. Insofern sollte es keine Probleme mit der Vermieterin geben.

Lesetipp: Mietschulden und Bürgergeld – was übernimmt das Jobcenter?

Miete nicht bezahlt

Allerdings hatte die Frau über Monate hinweg gar nicht und dann nur anteilig ihre Miete bezahlt. Auch die Tatsache, dass die Bürgergeld Bedürftige mit Leistungsbezug kurzzeitig höhere Mietzahlungen als gefordert getätigt hatte, änderte kaum etwas an den enormen Mietrückständen von 4.654,39 Euro. Irgendwann platzte der Vermieter der Kragen. Es folgte die fristlose Kündigung, weil die Leistungsempfängerin mit mehr als zwei Mieten im Rückstand war. Überdies widersprach die Vermieterin einer Fortsetzung des Mietgebrauchs und erklärte auch gleich die ordentliche Kündigung. Begründung: §573 Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches – die Mieterin hatte ihre vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt.

Jobcenter lehnt Übernahme ab

Daraufhin legte die Bürgergeld Bedürftige das Kündigungsschreiben beim Jobcenter vor und bat um ein Darlehen. Die Behörde forderte die Frau auf, eine Vereinbarung mit der Vermieterin zu treffen. Daran hatte die Wohnungsinhaberin jedoch kein Interesse. Das Jobcenter sah daher keinen Grund, ein Darlehen für die Mietschulden zu gewähren. Denn: Auch wenn die Mietschulden beglichen würden, ließe sich die Wohnungslosigkeit nicht verhindern.

Ordentliche Kündigung bliebe unberührt

Es folgten der Widerspruch und der Antrag auf Gewährung eines einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht. Doch auch dort vertrat man die Ansicht des Jobcenters. Die außerordentliche Kündigung ließe sich mit der Übernahme der Mietschulden zwar abwenden, nicht aber die ordentliche Kündigung. Sie bliebe davon unberührt. §569 Absatz 3 Nummer 2 Satz 1 BGB, wonach eine fristlose Kündigung unwirksam wird, wenn die Miete spätestens nach Ablauf von zwei Monaten nachgezahlt wird, sei daher nicht anwendbar.

Lesetipp: Kündigung wegen Mietrückstand (mietrecht.de)

Keine Sicherung der Unterkunft

Diese Argumentation wiederholte schließlich auch das Landessozialgericht. Es folgte nicht dem Hinweis auf eine persönliche Überforderung der Bürgergeld Bedürftigen oder dem Verdacht, dass eine Eigenbedarfskündigung umgangen werden sollte. Stattdessen machten die Richter auch hier deutlich, dass Schulden seitens der Jobcenter nur zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer Notlage übernommen werden sollen, weil anderenfalls Wohnungslosigkeit einzutreten droht. In diesem Fall wäre jedoch auch mit der Schuldenübernahme „eine Sicherung der gegenwärtigen Unterkunft der Bedarfsgemeinschaft nicht mehr zu erreichen“ gewesen. Die ordentliche Kündigung hätte man auch mit Begleichung der Mietschulden nicht abwenden können. Insofern sei ein Darlehen nicht gerechtfertigt.

Titelbild: Antonio Guillem / shutterstock