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Bürgergeld & Miete: Jobcenter zahlt im Schnitt 20 Prozent zu wenig

Verzweifelte Frau lehnt am Fenster

Der Bürgergeld Regelsatz ist auf Kante genäht. Da bedeutet jeder Euro an Mehrausgaben eine enorme finanzielle Belastung. Nun stelle man sich vor, jeden Monat über 100 Euro einsparen zu müssen, weil das Jobcenter die Kosten der Unterkunft und Heizung (KdU) nicht in voller Höhe übernimmt. Von dieser Wohnkostenlücke sind inzwischen knapp 320.000 Haushalte betroffen. Ihr Dach über dem Kopf gilt als nicht angemessen und damit zu teuer.

Wohnkostenlücke

Das Problem der Wohnkostenlücke wird jedes Jahr von der Gruppe Die Linke im Bundestag aufgegriffen und mit Zahlen einer kleinen Anfrage an die Bundesregierung unterlegt. Passiert ist seither nichts. Immer mehr Bürgergeld Bedürftige müssen damit rechnen, dass ihre Wohnung oder auch „nur“ die Heizkosten als nicht angemessen eingestuft werden.

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Kostensenkungsverfahren

Dann leitet das Jobcenter ein Kostensenkungsverfahren ein. Das passiert besonders häufig, nachdem die Karenzzeit ausläuft. Innerhalb dieser zwölf Monate müssen lediglich die Heizkosten angemessen sein. Betroffene haben in dem Fall zwei Optionen: Die Kosten binnen sechs Monaten zu senken, etwa durch einen Umzug in eine günstigere Wohnung. Oder, was weitaus häufiger vorkommt: Man knappst den nötigen Betrag vom Bürgergeld Regelsatz ab und trägt die Kosten oberhalb der Angemessenheitsgrenze selbst. Dann muss eben bei Lebensmittel oder Kleidung gespart werden. „Das finde ich unerträglich“, sagt Linken-Abgeordnete Heidi Reichinnek.

Veraltete Grenzwerte

Das eigentliche Problem stellt der Grenzwert dar. Es handelt sich um regionale Richtwerte, die eigentlich regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht werden müssten. Schließlich ist jedem bekannt, dass auch die Mieten und insbesondere die Heizkosten in den vergangenen Jahren nur eine Richtung kannten: nach oben. Doch leider sind viele dieser Richtwerte völlig veraltet und damit fernab der Realität.

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Berlin: 160 Euro Differenz

Die Konsequenzen tragen betroffene Bürgergeldbedürftige. Im Schnitt zahlen sie Monat für Monat 103 Euro aus der eigenen Tasche. Rein auf die Miete bezogen, beläuft sich der Fehlbetrag auf durchschnittlich 111 Euro (bei einem Single mit 563 Euro Regelsatz entspricht das fast 20 Prozent) und bei der Heizung auf 55 Euro. Familien mit Kindern trifft es besonders hart: 124 Euro müssen sie im Schnitt drauflegen, damit sie wohnen bleiben können. Wer in Berlin lebt, kommt auf bis zu 160 Euro.

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Vom Munde absparen

Sozialverbände sprechen angesichts dieser Zahlen von unrealistischen Mietgrenzen. Das gilt vor allem in Rheinland-Pfalz (17 Prozent der Bürgergeld Haushalte zahlen drauf), Baden-Württemberg (15 Prozent), dem Saarland (14,5 Prozent) und in Niedersachsen (14 Prozent). Günstige Wohnungen finden man hingegen in Bremen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern.  Generell gilt, so die Linken-Abgeordnete Caren Lay: „Wer im Bürgergeld überhaupt noch eine Wohnung in Innenstädten bekommt, zahlt drauf und spart sie sich vom Munde ab.“

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Titelbild: Marcos Mesa Sam Wordley / shutterstock