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Bürgergeld-Streit um Miete: Umzug zumutbar trotz gesundheitlicher Probleme

Verzweifelte Frau nachdenklich auf Balkon

Eine Bürgergeld-Empfängerin wollte erreichen, dass ihre vollen Mietkosten vom Jobcenter übernommen werden. Für die Jahre 2011 und 2012 (noch zu Zeiten von Hartz IV) forderte sie die Übernahme der Bruttokaltmiete in Höhe von 435 Euro. Das Jobcenter hielt die Wohnung jedoch für zu teuer und erkannte nur 345 Euro als angemessene Kosten an. Die Klägerin argumentierte, aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht in der Lage zu sein, in eine günstigere Wohnung umzuziehen. Der Fall ging durch mehrere Instanzen, und letztlich entschied das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt: Ein Umzug wäre zumutbar gewesen (Aktenzeichen L 5 AS 578/16).

Hintergrund: Kostensenkungsverfahren

Bereits seit 2009 hatte das Jobcenter ein Kostensenkungsverfahren eingeleitet, da die Mietkosten der Klägerin als unangemessen hoch eingestuft wurden. Sie wurde aufgefordert, die Kosten zu senken, etwa durch einen Umzug in eine günstigere Wohnung. Die Klägerin entgegnete jedoch, dass ihr dies aufgrund ihrer gesundheitlichen Probleme, insbesondere nach einer Wirbelsäulenoperation, dauerhaft nicht möglich sei.

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Sozialgericht gab der Klägerin zunächst Recht

Das Sozialgericht Magdeburg folgte der Argumentation der Klägerin und entschied zugunsten der vollen Übernahme der Mietkosten. Es stützte sich dabei auf ärztliche Gutachten, die eine Verschlechterung des Gesundheitszustands bei einem Umzug bescheinigten. Das Gericht hielt es für unzumutbar, die Klägerin zu einem Umzug zu verpflichten.

Zweifel am gesundheitlichen Argument

Das Landessozialgericht kam jedoch zu einer anderen Einschätzung und hob das Urteil auf. Das Gericht stellte die Frage in den Raum, ob die gesundheitlichen Einschränkungen der Klägerin tatsächlich so gravierend waren, dass ein Umzug nicht möglich gewesen wäre. Dabei stützte es sich auf mehrere Faktoren:

Keine aktuellen Nachweise: Obwohl die Klägerin gesundheitliche Gründe für die Unmöglichkeit eines Umzugs anführte, fehlten für den streitigen Zeitraum aktuelle ärztliche Nachweise, die die Schwere ihrer Einschränkungen belegen konnten. Die vorgelegten Gutachten bezogen sich auf frühere Zeiträume und konnten das Gericht nicht überzeugen, dass die Probleme auch im fraglichen Zeitraum fortbestanden.

Job: Seit 2009 war die Klägerin beruflich tätig, unter anderem als Prospektzustellerin. Das Gericht sah hierin einen Widerspruch zu ihrer Behauptung, dass sie gesundheitlich nicht in der Lage sei, einen Umzug durchzuführen. Wenn die Klägerin in der Lage war, körperliche Arbeit auszuführen, sei auch ein Umzug in eine günstigere Wohnung nicht grundsätzlich unzumutbar.

Späterer Umzug im Jahr 2016: Das Gericht verwies zudem darauf, dass die Klägerin im Jahr 2016 eigenständig in eine neue Wohnung umgezogen war. Dieser Umzug stellte ihre Behauptung, sie sei dauerhaft nicht in der Lage, einen Wohnungswechsel vorzunehmen, weiter infrage. Auch wenn mehrere Jahre zwischen dem streitigen Zeitraum und dem Umzug lagen, sah das Gericht dies als Hinweis darauf, dass ein Umzug nicht grundsätzlich ausgeschlossen war.

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Urteil: Mietkosten bleiben begrenzt

Das Landessozialgericht entschied, dass die Begrenzung der Mietkosten auf 345 Euro im Rahmen des Kostensenkungsverfahrens rechtmäßig war. Die gesundheitlichen Gründe reichten nicht aus, um die volle Übernahme der Mietkosten zu rechtfertigen. Somit musste die Klägerin die Differenz zwischen der tatsächlichen Miete und dem vom Jobcenter anerkannten Betrag selbst tragen.

Titelbild: SB Arts Media / shutterstock