Ein ziemlich verkorkstes Weltbild spricht aus den Worten des finanzpolitischen Sprechers der FDP, Markus Herbrand. In einem Gastbeitrag für die „WirtschaftsWoche“ äußert sich der Politiker zur Kindergrundsicherung. Die bisherigen Pläne zur besseren Chancengleichheit von Mädchen und Jungen sieht er als Ruhekissen und direkten Weg in den Bezug von Bürgergeld. Überdies befürchtet Markus Herbrand, dass Betroffene den finanziellen Segen für Alkohol und Tabak verplempern.
Streit um die Kindergrundsicherung
Der Streit um die Kindergrundsicherung, mit der eine Reihe familienpolitischer Mittel gebündelt und vereinfacht werden soll, schwelt jetzt schon seit Tagen. Dabei hat die Ampel sich diesen Schritt schon sehr früh auf die Fahnen geschrieben. Hört sich schließlich gut an. Doch wenn dafür Geld ausgegeben werden soll, über zehn Milliarden Euro, hört bei der FDP offenbar der Spaß auf.
Chancengleichheit ist zu teuer
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat bereits früh Bedenken angemeldet und sich gegen die Pläne aus dem Familienministerium gestellt. Zu teuer. Dass es um Kinder geht, von denen inzwischen jedes Fünfte in Deutschland mit oder ohne Bürgergeld in Armut lebt, ist anscheinend unerheblich. Auch, dass die Not der Familien dank der anhaltenden Teuerung mit über 21 Prozent bei Lebensmitteln anhält.
Kinderzuschlag kommt bei Bedürftigen nicht an
Beschämendes Menschenbild
Dahinter steckt ein Menschenbild, für das sich einige der Politiker schämen sollten – findet zumindest Helena Steinhaus vom Verein Sanktionsfrei. Sie hat ebenso auf den Gastbeitrag von Markus Herbrand reagiert wie die Expertin von armutverbindet.de, Inge Hannemann, und der Präsident des Paritätischen Wohlfahrtsverbands, Dr. Ulrich Schneider.
Gastbeitrag voller Vorurteile
In seinem Beitrag für die „WirtschaftsWoche“ bezeichnet Herbrand die Kindergrundsicherung als zu aufwendig und „an den Bedürfnissen vorbei“. Für die Freien Demokraten zählten sowohl das Aufstiegsversprechen als auch die Chancengleichheit zu den Grundwerten. Doch mit ihren Plänen ziele Bundesfamilienministerin Lisa Paus von Grünen über das Ziel hinaus.
Sozialrechtliche Zahlenspiele
Schon jetzt erhielten Kinder aus ärmeren Familien zusätzlich bis zu 116 Euro (Kindergelderhöhung, höhere Regelsätze im SGB II und SGB XII Bezug, Kinderzuschlag und Kindersofortzuschlag) mehr. Mit dieser Zahl stößt Herbrand auf Kritik. Sie sei, heißt es bei Twitter, sozialrechtlich unmöglich.
Kinderregelsatz beim Bürgergeld
Ansprüche besser prüfen
Dass nun noch mehr Geld fließen und ins Sozialrecht verlagert werden soll, verkenne die Notwendigkeit, Ansprüche zu prüfen, betont Markus Herbrand. Nur so ließe sich Missbrauch vermeiden. Die Ziele, etwa die bessere Teilhabe von Kindern, dürften nicht gutgläubig ausgenutzt werden.
Hilfe für Kinder als Ruhekissen
Dann folgt ein Schlag ins Gesicht für alle, die auf das Bürgergeld angewiesen und armutsbetroffen sind: Eltern müssten ihre Kinder unterstützen und nicht einfach mehr Geld abkassieren. Die Kindergrundsicherung könne als Ruhekissen missverstanden werden und ebne den
„Weg zum anschließenden Bürgergeld-Bezug“.
Dadurch würden die Kosten steigen, aber nichts erreicht.
Das Geld werde in Alkohol investiert
Noch schlimmer: Markus Herbrand sieht die Gefahr, dass
„Eltern das zusätzliche Geld einfach für ihre eigenen Bedürfnisse wie beispielsweise Alkohol oder Zigaretten verwenden“.
Das gelte es zu erschweren, was aus Sicht der Liberalen bei den grünen Vorschlägen nicht der Fall sei. Daher müssten zusätzliche Mittel besser auf andere Sozialleistungen wie das Bürgergeld abgestimmt werden.
Unterste Schublade
Laut Markus Herbrand saufen und rauchen Eltern, die ohne Bürgergeld nicht über die Runden kommen, und kümmern sich einen feuchten Kehricht darum, wie es den Kindern geht. Damit würden, so Ulrich Schneider, Vorurteile gegen Arme bedient. Das sei unterste Schublade. Oder etwas deutlicher: Der finanzpolitische Sprecher der FDP spaltet die Gesellschaft, indem er Bürgergeld-Empfängern den „Schwarzen Peter“ in die Tasche schiebt und sie als faul, geldgeil und gewissenlos skizziert.
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