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Bürgergeld-Urteil: Jobcenter muss Kosten für Umzugsfirma übernehmen

Umzugsunternehmen packt Kartons

Das Sozialgericht Karlsruhe hat entschieden, dass das Jobcenter die Kosten für eine Umzugsfirma in Höhe von 2.200 Euro übernehmen muss (S 12 AS 2387/22). Eine alleinerziehende Mutter, die von schweren Depressionen betroffen ist und zwei pflegebedürftige Kinder hat, hatte den Umzug von Karlsruhe nach Ettlingen als notwendig erachtet und ein Umzugsunternehmen beauftragt. Das Jobcenter verweigerte zunächst die Kostenübernahme, da es eine günstigere Durchführung des Umzugs durch Eigenleistung oder studentische Hilfskräfte forderte.

Streitpunkt: Umzugsfirma statt Eigenregie

Die Klägerin hatte im Juli 2022 ihren Umzug von Karlsruhe nach Ettlingen geplant und hierfür eine Umzugsfirma beauftragt. Die Kosten beliefen sich auf 2.200 Euro, einschließlich des Transports sowie des Ab- und Aufbaus ihrer Einbauküche. Sie begründete die Notwendigkeit der Beauftragung eines Umzugsunternehmens mit ihrer gesundheitlichen Situation und der Pflegebedürftigkeit ihrer Kinder, die einen Umzug in Eigenregie unmöglich machten. Das Jobcenter hingegen vertrat die Auffassung, dass die Klägerin den Umzug mit der Hilfe von Freunden, Familienangehörigen oder kostengünstigen studentischen Hilfskräften hätte durchführen können.

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Umzugsfirma notwendig und Kosten angemessen

Das Sozialgericht Karlsruhe entschied zugunsten der Klägerin und verurteilte das Jobcenter zur Erstattung der Kosten für das Umzugsunternehmen. Das Gericht stellte fest, dass der Umzug nicht nur notwendig war, sondern auch die Beauftragung eines Umzugsunternehmens unter den gegebenen Umständen gerechtfertigt war.

„Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach ein Umzug unter Heranziehung studentischer Umzugshelfer stets kostengünstiger wäre als die Beauftragung eines Umzugsunternehmens mit dem gesamten Umzug“, so das Gericht. Zudem verwies es darauf, dass die Verwaltungspraxis des Jobcenters, als Tageslohn für studentische Hilfskräfte pauschal nur 50 Euro anzusetzen, rechtswidrig sei, da der gesetzliche Mindestlohn 12,50 Euro beträgt und eine reguläre Arbeitsschicht acht Stunden umfasst.

Senkung der Wohnkosten

Durch den Umzug nach Ettlingen konnte die Mutter nicht nur ihre psychische und familiäre Situation verbessern, sondern auch die Wohnkosten erheblich senken. Die Miet- und Heizkosten reduzierten sich von 1.014,01 Euro in Karlsruhe auf 887,90 Euro in Ettlingen, was zu einer monatlichen Ersparnis von 126,11 Euro führte. Das Gericht hob hervor, dass diese Ersparnis den Umzug langfristig wirtschaftlich sinnvoll machte.

+++ Jobcenter: So hoch darf die Miete der Wohnung sein

Zusätzlich betonte die Klägerin, dass sie in Ettlingen familiäre Unterstützung erhalte. Ihre Mutter, die in der Nähe wohnt, könne zwar keine physische Hilfe beim Umzug leisten, aber sie sei in der Lage, zeitweise auf die pflegebedürftigen Kinder der Klägerin aufzupassen. Diese Unterstützung war eine der Hauptmotivationen für den Umzug.

Besondere Umstände: Gesundheit und Pflegebedarf

Die Klägerin litt unter schweren Depressionen und hatte zwei pflegebedürftige Kinder, weshalb ein Umzug ohne professionelle Hilfe nicht durchführbar war. Das Gericht betonte, dass die besonderen gesundheitlichen und familiären Umstände der Klägerin die Beauftragung der Umzugsfirma notwendig machten. Insbesondere der Ab- und Aufbau der Einbauküche sowie der Transport von Möbeln über mehrere Stockwerke wären ohne professionelle Hilfe nicht zu bewältigen gewesen.

Auch die Argumentation des Jobcenters, dass die Klägerin den Umzug über den Zeitraum eines Monats hätte strecken und dabei die Kosten durch Eigenleistung senken können, wies das Gericht zurück: „Das Jobcenter kann nicht mit Erfolg einwenden, es wäre zur Minderung der Leistungen nach § 22 SGB II regelmäßig zweckdienlich und angemessen, absichtlich einen Monat lang umzuziehen und hierfür doppelt Miete zu zahlen.“

Titelbild: Studio Romantic / shutterstock