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Bürgergeld-Urteil: Keine Mithaftung bei Jobcenter Rückforderung

Frau blickt schockiert auf ein Dokument, Taschenrechner und Laptop liegen auf dem Tisch

Das Bundessozialgericht hat entschieden: Jobcenter dürfen ganze Familien nicht für die Fehler eines einzelnen Mitglieds bestrafen. Das Jobcenter hatte unrechtmäßig Bürgergeld von einer getrennt lebenden Mutter und ihrem Sohn zurückgefordert, weil der Vater seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen war.

Keine Einkommensnachweise

Im vorliegenden Fall ging es um aufstockende Leistungen des Jobcenters für die Zeit von November 2018 bis April 2019. Der Ehemann hatte einen Autoreparaturservice und rechnete mit einem Gewinn aus der Selbstständigkeit von etwa 163 Euro im Monat. Ausgehend davon wurde vorläufig Bürgergeld bewilligt. Für die abschließende Berechnung forderte das Jobcenter mehrfach Einkommensnachweise an und wies darauf hin, dass anderenfalls kein Leistungsanspruch bestehe.

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Der Ehemann teilte dem Jobcenter mit, dass er keine Quittungen ausgestellt habe und somit keine Belege einreichen könne. Daraufhin forderte das Jobcenter die bereits gezahlten Leistungen zurück: jeweils 3.082,40 Euro von Vater und Mutter sowie 1.181,08 Euro für den Sohn.

4.263 Euro Rückforderung

Die Frau informierte das Jobcenter, dass sie seit Mai 2019 von ihrem Mann getrennt lebe, und machte deutlich, dass sie nicht in der Lage sei, Nachweise über das Einkommen des Ehemannes vorzulegen. Ferner teilte sie dem Amt die Adresse des Ehemanns mit. Das änderte jedoch nichts an der Rückforderung des Jobcenters. Die Frau sollte für sich und ihren Sohn 4.263,64 Euro zurückzahlen.

Mitwirkungspflichten sind individuell

Der Fall ging erst vor das Sozialgericht Magdeburg, das zugunsten der Mutter entschied (S 22 AS 1625/20). Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt wiederum urteilte im Sinne des Jobcenters (L 5 AS 162/21). Das wollte die Mutter nicht akzeptieren und strebte eine Revision vor dem Bundessozialgericht an, letztlich mit Erfolg.

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Die Kasseler Richter betonten: Die Aufforderung des Jobcenters zur Mitwirkung habe – anders als vom Jobcenter ausgelegt – keine Mitwirkungsobliegenheit der Klägerin nach sich gezogen. Eine solche Pflicht bestehe nur für leistungserhebliche Tatsachen, die der zur Mitwirkung verpflichteten Person selbst bekannt sind oder die in zumutbarer Weise beschafft werden können. Das gelte gegebenenfalls auch für Erkenntnisse zum Einkommen und Vermögen des Partners. Das heisst konkret: „Unabhängig vom Institut der Bedarfsgemeinschaft, das unter anderem eine horizontale Einkommensverteilung nach sich zieht, verbleibt es bei individuellen Leistungsansprüchen und individuellen Mitwirkungsobliegenheiten.“ (B 7 AS 24/22 R)

Jobcenter geht von Bedarfsgemeinschaft aus

Weil der Ehemann seine Pflichten verletzt habe, schlage sich dies nicht auf den Leistungsanspruch der Klägerin und des Sohnes durch. Denn § 41a Abs. 3 S. 3 und 4 SGB II (bezieht sich auf die vorläufige Entscheidung des Jobcenters) gehe für den Zeitpunkt der abschließenden Festsetzung des Bürgergelds – seinerzeit Hartz IV – von einer Bedarfsgemeinschaft aus.

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Vater bildet eigene Bedarfsgemeinschaft

Werde eine solche Bedarfsgemeinschaft jedoch aufgelöst, können die typischerweise an eine solche Verantwortungs- und Einstehensgemeinschaft geknüpften rechtlichen Erwartungen nicht mehr erfüllt werden. Vielmehr müsse nach der Trennung beim Vater von einer Einzelperson und bei Mutter und Sohn von einer Bedarfsgemeinschaft ausgegangen werden. Und da die neue Bedarfsgemeinschaft keine Mitwirkungspflichten verletzt habe, dürfe das Jobcenter nicht gegen die Frau und den Sohn vorgehen.

Titelbild: kudla / shutterstock