Zweifelt das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) etwa an der Kompetenz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter oder hat man einfach nur den Schritt in die Moderne gewagt? 26 Videos rund um das Bürgergeld und die Besonderheiten innerhalb der Sozialgesetzgebung lassen beide Schlüsse zu. Denn die Filme richten sich nicht etwa an Betroffene, sondern sollen Sachbearbeitern helfen, sich im Geflecht aus Vorschriften und Paragrafen zurechtzufinden.
Hilfestellung für Sachbearbeiter
Jeder kennt sie: Video-Tutorials. Wie lüfte ich den Rasen? Wie stelle ich den Fernseher ein? Oder wie werden Hemden richtig glatt? Jetzt ist auch das BMAS auf den Zug aufgesprungen und hat fleißig Video-Content produziert. Auf den großen Plattformen wird man die Kurzfilme vergebens suchen – noch zumindest, vielleicht werden sie ja Kassenschlager. Veröffentlicht wurden sie bislang nur unter „Video-Antworten zum Bürgergeld“ auf der Internetseite der Servicestelle SGB II (am Ende des Artikels verlinkt), einer Initiative des BMAS.
Kooperationsplan & Co.
Thematisch reicht die Spanne von „Wann werden Vordrucke und Schreiben in leichter bzw. einfacherer Sprache kommen?“ über „Dürfen ab 1. Juli auch mehrere Darlehen aufgerechnet werden?“ bis hin zu „Wie soll der Kooperationsplan praktisch umgesetzt werden?“. Beantwortet werden die Fragen kurz und knapp. Die Filme sind jeweils nur ein paar Sekunden bzw. Minuten lang.
Minimalistische Darstellung
Cineasten werden den Minimalismus der Videos loben. Ein simpler Hintergrund. Nur ein Laien-Darsteller. Und dazu diskussionswürdige Inhalte. Als „Stars“ für die Kurzfilmreihe hat das BMAS unter anderem Dr. Klaus Bermig und Dr. Ute Preising vom BMAS gewinnen können. Dr. Bermig dürfte vielen Jobcenter-Mitarbeitern bestens bekannt sein – hat er doch schon mehrfach zum Bürgergeld gesprochen und über die Neuerungen informiert.
Welchen Zweck haben die Filme?
Doch warum macht man sich die Mühe? Schließlich berichtet die Servicestelle SGB II eifrig darüber, wie intensiv man sich in den Jobcentern mit der Umsetzung des Bürgergelds und insbesondere der zweiten Stufe befasst. Die Seminare und Treffen, an denen teils sogar Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) teilnahm, werden beinahe wie gute alte Stuhlkreise dargestellt. Alle freuen sich und sind guter Dinge – angeblich.
Ist das Bürgergeld komplizierter als gedacht?
Angesichts dieses Überschwangs wären solche Videos gar nicht nötig. Offenbar weiß jeder bestens, was auf ihn zukommt. Oder doch nicht? Ist das Bürgergeld so kompliziert und hat man es nicht geschafft, die Komplexität von Hartz IV zu überwinden? Der anonyme Brandbrief aus der Feder einer Mitarbeiterin (wir berichteten) deutet jedenfalls an, dass viele Sachbearbeiter schon jetzt schlicht überfordert sind.
Alberner digitaler Vorstoß
Doch statt erst einmal im eigenen Haus aufzuräumen, Mitarbeitern das nötige Wissen zu vermitteln und für brauchbare Strukturen zu sorgen, wurde das Bürgergeld mit aller Gewalt durchgepeitscht. Leidtragende sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jobcenter und dadurch alle Bürgergeld Bedürftigen. Daran ändern auch ein paar Videos herzlich wenig. Oder war das etwa der digitale Vorstoß beim Bürgergeld? Albern ist es allemal.
Wer sich die kurzen Videos anschauen möchte, findet diese auf der Webseite der Servicestelle SGB II.