900 Millionen Euro einsparen und damit 700.000 junge Bürgergeld-Empfänger ins Unglück stürzen. Eine Formel, die viel Ärger verspricht und deshalb von allen Seiten kritisiert wird. Aufgestellt haben sie Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Jetzt hat sich auch der Bundesrechnungshof zu Wort gemeldet. In einem Prüfbericht wird davor gewarnt, dass sich die Unterstützung Jugendlicher verschlechtere und eine planvolle Vorbereitung fehle.
Der Taschenspielertrick beim Bürgergeld
Worum geht es bei dieser Kritik? Um einen „Taschenspielertrick“, über den wir schon mehrfach berichtet haben. Bürgergeld-Empfänger unter 25 Jahren sollen künftig nicht mehr vom Jobcenter betreut werden, sondern von der Bundesagentur für Arbeit. Statt aus Steuermitteln müsste die Grundsicherung für die Betroffenen dann von den Beitragszahlern der Arbeitslosenversicherung aufgebracht werden. Macht unter dem Strich 900 Millionen Euro, die bei den Steuern mehr zur Verfügung stünden.
Keine echte Einsparung
Der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ liegt jetzt der Prüfbericht des Bundesrechnungshofes vor. Das Urteil zu den Plänen ist vernichtend. Die Kosten auf die Beitragskasse zu verlagern, sei keine echte Einsparung. Es drohe vielmehr, dass Jugendliche schlechter betreut würden – was auch seitens der Jobcenter und parteiübergreifend von den zuständigen Landesministern moniert wird.
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Planvolle Vorbereitung fehlt
Die finanziellen, fachlichen und organisatorischen Auswirkungen einer solchen Maßnahme seien nicht durchdacht und die dadurch entstehenden Chancen und Risiken nicht identifiziert worden. Diese Aufgabenverlagerung, mit der haushaltspolitische Ziele realisiert werden sollen, sei zu kurzfristig. Kurzum
„fehlt es an einer planvollen Vorbereitung“,
mahnt der Rechnungshof.
Fachlich nicht begründet
Noch deutlicher: Neue Zuständigkeiten müssten
„eingehend fachlich begründet und in ihren Auswirkungen – auch in ihren Wechselwirkungen zur Kindergrundsicherung – durchdacht sein“.
Die Pläne seien offensichtlich nicht mit den wichtigen Akteuren beraten worden. Und genau da setzt auch die Kritik der Jobcenter an. Ein Beispiel: Um die Betreuung jugendlicher Bürgergeld-Empfänger zu gewährleisten, müssten 5.800 Beschäftigte von den Jobcentern in die Arbeitsagenturen wechseln.
Höhere Kosten für Beitragszahler
Auch mit Blick auf die Kosten wäre der Schritt, die Zuständigen zu wechseln, ein Schuss in den Ofen. Im Bundeshaushalt würden zwar 900 Millionen Euro eingespart, so der Rechnungshof, die Beitragskasse der Bundesagentur für Arbeit indes um 1,1 Milliarden Euro Mehrausgaben belastet.
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Alles wird komplizierter
Vor allem wird es für Betroffene immer komplizierter, wenn man die Kindergrundsicherung mit ins Spiel bringt. Den Lebensunterhalt stellt dann nicht mehr das Jobcenter sicher, sondern die Familienkasse (Kindergrundsicherung). Bei besonderen Mehrbedarfen wäre das Jobcenter der Ansprechpartner. Und geht es darum, den Weg in eine Arbeit zu finden, müssen junge Bürgergeld-Bedürftige bei der Arbeitsagentur vorstellig werden. Wie war das mit Augenhöhe und weniger Bürokratie?
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