Von der größten Sozialreform der vergangenen Jahre bleibt nach 24 Monaten vermutlich nicht mehr als ein schaler Beigeschmack. CDU-Chef Friedrich Merz hat am Wochenende im Rahmen der Landesversammlung der Christdemokraten in Nordrhein-Westfalen das Glöckchen zum letzten Geleit für das Bürgergeld geläutet. An die Stelle des Bürgergelds soll, wenn die Union in die Regierungsverantwortung kommt, die neue Grundsicherung rücken.
Selbst das Wort soll verschwinden
So deutlich wie Friedrich Merz hat bislang noch kein Unionspolitiker den Abgesang auf das Bürgergeld formuliert. Die Grundsicherung für Arbeitssuchende in der jetzigen Form soll nicht nur ausgemerzt werden. Selbst der Begriff ist ein Rotes Tuch für die Union. „Das Wort wird verschwinden“, versprach er, nicht nur aus dem politischen Sprachgebrauch in Deutschland.
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Werbung für bedingungsloses Grundeinkommen
Aus Sicht des CDU-Chefs und Kanzlerkandidaten ist das Bürgergeld „praktisch ein bedingungsloses Grundeinkommen“. Man möge nur schauen, wie auf der Internetseite der Bundesagentur für Arbeit dafür geworben wird. Damit soll bald Schluss sein.
Die neue Grundsicherung
Selbstverständlich werde es auch weiterhin eine vernünftige Grundsicherung für diejenigen geben, die den Sozialstaat Deutschland brauchen. Wer jedoch arbeiten kann, dem werde man jede Ermutigung und Ermunterung geben, in den Arbeitsmarkt zurückzukehren, mit anzupacken, die Ärmel aufzukrempeln und zu sagen, „wir haben eine gemeinsame Aufgabe, mit hoher Beschäftigung wieder dafür zu sorgen, dass Deutschland nach vorne kommt“. Das sei das Konzept der neuen Grundsicherung.
Ermutigen und Ermuntern
Da klingt sie wieder durch, die Mär der arbeitsunwilligen Bürgergeld Bedürftigen. Als ob man jeden Betroffenen ermutigen und ermuntern müsste, arbeiten zu gehen. Viele, die auf Bürgergeld angewiesen sind, malochen jeden Tag und kommen trotzdem nicht auf einen grünen Zweig. Andere sind krank, zu alt, müssen jemanden pflegen oder sich um Kinder kümmern. Sie würden gerne arbeiten, ganz ohne aufmunterndes Schulterklopfen von der Union. Sie können aber nicht. Mit Druck und Drohungen ändert man daran herzlich wenig.
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Mehr Druck auf Betroffene
Vielleicht sollte man sich erst einmal Gedanken um die Rahmenbedingungen machen. Auch eine Heerschar von Bürgergeldempfängern kann die Wirtschaft nicht auf Vordermann bringen, wenn die Streichlisten großer Unternehmen immer länger werden oder man gleich ins Ausland geht. Nur fordern, aber nicht sinnvoll fördern, wird nie zielführend sein, sondern nur eines: das Armutsproblem in Deutschland massiv verschärfen.